Fremde Wasser
geben.
Sie verabredeten sich für den Abend.
Vor Denglers Wohnung blieben sie stehen. Er wollte sie nicht betreten. Doch dann schloss er auf, ging an den Safe und nahm
seine Waffe heraus. Olga wartete draußen. Vorsichtig öffnete er die Tür zum Büro. Ging zum Wohnzimmer. Neben der Couch sah
man die Reste der Kreidestriche, mit denen die Polizei die Umrisse der Leiche auf den Teppichboden gezeichnet hatte. Auch
die Blutflecken waren noch nicht beseitigt. Er betrachtete den Schauplatz eine Weile.
Dann ging er ins Bad und starrte in den Spiegel.
Ich sehe furchtbar aus.
Während er durch den Flur ins Treppenhaus zurückging, schrieb er eine SMS an Leopold Harder.
Lieber Leo, bitte prüfe noch einmal gründlich das Gesetz zur Beschränkung des Wettbewerbs. Es ist wichtig. Danke. Georg
Dann gingen sie in Olgas Wohnung.
* * *
Den Nachmittag verbrachte er mit seinem Sohn. Sie aßen Spaghetti und sahen sich einen Actionfilm an, den Jakob sich gewünscht
hatte. Dengler war nicht bei der Sache, und Jakob spürte das. Beide waren stiller als sonst an ihrem Nachmittag.
Nachdem er Jakob wieder zu Hause abgeliefert hatte, putzte Dengler seine Wohnung. Zweimal war das Putzwasser rot von dem Blut
des unbekannten Toten. Immer wieder schrubbte er den Boden.
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Das 20-Milliarden-Euro-Spiel
Am Abend trafen sich die Freunde bei Mario.
»Das wird heute das ›Gott-sei-Dank-dem-Mörder-entronnen-Abendessen‹«, rief Mario und schwenkte ein Weinglas.
»Oder das ›Gott-sei-Dank-der-Polizei-entronnen-Abendessen‹«, sagte Martin Klein, »wer weiß, was schlimmer ist.«
Mario hatte für die Freunde den Wohnzimmertisch gedeckt. In diesem Zimmer betrieb er sein Ein-Zimmer-Restaurant St. Amour.
Die Stuttgarter Künstlerszene kam gerne zum Essen in diesen Raum. Immer stand eine einzelne Rose in einer langstieligen Vase
auf dem Tisch. So auch heute. Bei Josef Beuys, Marios großem Vorbild, sei die Rose das Symbol der Revolution, sagte er.
»Georg, komm mit mir in die Küche. Ich brauche deine Hilfe.«
Dengler folgte ihm.
In der Küche zog Mario zwei Flaschen Rotwein aus einem Regal.
»Ein Brunello aus der Toskana. Eine Flasche für die beiden Köche und die andere für die Gäste.«
Er entkorkte beide Flaschen und brachte eine ins Wohnzimmer. Als er wieder in der Küche zurück war, goss er Dengler und sich
einen Schluck ein.
Die beiden Freunde tranken.
»Zu diesem Wein passt ein sensationelles Spaghettigericht«, sagt er und zieht einen großen Topf von einem Haken an der Wand.
Er füllt ihn mit Wasser und stellt ihn auf den Herd. Aus dem Kühlschrank nimmt er drei Zehen frischen Knoblauch und bittet
Dengler, sie zu schälen.
Dengler nimmt ein Küchenmesser und macht sich an die Arbeit. Mario stellt inzwischen eine große Pfanne auf den Herd und kippt
aus einer dunklen Flasche Olivenöl hinein.Dann trinkt er einen Schluck Wein.
»Willst du kein Salz ins Wasser geben?«
Mario schüttelt den Kopf.
»Erst wenn es kocht«, sagt er.
Von dem frischen Knoblauch kann Georg die Häute fast ohne Messer ablösen. Bald liegen zwei Handvoll Knoblauchzehen vor ihm.
»Fein schneiden!«, kommandiert Mario und greift nach seinem Glas.
Dann schreit er: »Stopp! Nicht so! Den Knoblauch niemals quer schneiden, immer der Länge nach.«
Kopfschüttelnd trinkt er einen Schluck, und Georg tut, wie ihm geheißen.
In der Zwischenzeit holt Mario aus dem Kühlschrank zwei Dosen Thunfisch, ein Glas mit Sardellen, eines mit Kapern und eine
Dose Sahne und baut alles vor sich auf. Aus einem Glas nimmt er einen Bund glatter Petersilie und hackt sie klein.
Mario füllte die Gläser nach.
Dengler streicht mit dem Messer den geschnittenen Knoblauch vom Schneidebrettchen in das heiße Öl der Pfanne. Dann trinken
sie einen Schluck Brunello. Mario öffnet die beiden Thunfischdosen und gibt das weiße Fleisch dazu.
»Der Thunfisch muss etwas anschmoren.« Er rührt in der Pfanne.
Mittlerweile kocht das Wasser. Mario gibt ordentlich Salz hinzu und wirft dann ein Paket Spaghetti hinein. Setzt den Deckel
auf den Topf und sieht auf die Uhr.
»Wirf fünf Sardellen in die Pfanne und drücke sie fest, dass sie sich auflösen und der Geschmack sich überallhin verteilt«,
kommandiert er.
Er nimmt die Hälfte der Petersilie und wirft sie ebenfalls in die Pfanne. Dengler rührt sie samt der Sardellen unter. Mario
gibt etwas Sahne dazu. Dengler rührt weiter. Mario probiert die Soße, gibt Pfeffer hinzu und püriert
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