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Fremden Kind

Fremden Kind

Titel: Fremden Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Hollinghurst
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gefährlich gut gelaunt, hatte ihn ausgemacht.
    Sie nahm sich seiner an wie eines verschämten Helden, oder – weil sie nicht anders konnte – wie eines Schuldigen, der törichterweise gemeint hatte, er könne ihr entkommen, und manövrierte ihn durch das Partyvolk bis an den Rand der Rasenfläche. »Hier ist jemand, der Sie kennenlernen möchte!«, sagte sie, unfähig, ihr Staunen über diese Tatsache ganz zu verbergen, und hatte ihn prompt bei Peter Rowe abgeliefert – »Und Sue Jacobs – aber Sie können sich ja selbst vorstellen«, blieb dennoch trotzig lächelnd stehen, wie um sicherzugehen, dass sie es auch taten. Sie gaben sich die Hand, und Peter sagte leise: »Na, endlich« und stieß seinen Rauch aus.
    »Wie war noch mal der Name?«, fragte Sue Jacobs.
    »Oh, Paul Bryant «, sagte er mit jener eigenartigen Mühe um Klarheit und dem atemlosen Lachen, das sich immer einstellte, wenn er sagte, wer er war. Peter nickte: »Paul … ah, ja« – natürlich, er hörte den Namen ja zum ersten Mal.
    »In einer Minute ist das Essen fertig«, sagte Corinna, »und danach bringt bitte alle Gäste mit rein zum Konzert.« Sie legte eine schwarz behandschuhte Hand auf Sue Jacobs’ Arm. »Du erlaubst doch, meine Liebe?«
    »Selbstverständlich!«, sagte Sue und erwiderte Corinnas Grinsen, als wollte sie ihrer abartig guten Laune gerecht werden.
    »Spielen Sie auch?«, sagte Paul, der noch nicht bereit war, Peter offen anzusehen.
    »Ich singe«, sagte Sue, deren Lächeln erstarb, als Corinna sich entfernte. »Ich hatte gehofft, wir hätten noch Zeit für einen Probedurchlauf, aber die Fahrt hierher war höllisch.« Sie war älter als vermutet, vierzig vielleicht, doch schlank und energisch und wirkte irgendwie leistungsorientiert.
    »Wo wohnen Sie denn?«
    »Wie? In Blackheath. Am anderen Ende. Wir hätten das Fest auch sehr gut dort machen können, als jeden ins finsterste Berkshire zu zerren.«
    »Aber das ging nicht?«, sagte Peter.
    »Corinna wollte es unbedingt hier machen, und was Corinna will … Entschuldigen Sie, ich bin Daphnes Stieftochter«, sagte sie zu Paul. »Sie hat meinen Vater geheiratet.« Aus ihrem Mund hörte es sich wie eine bedauerliche Schicksalswende an.
    »Ah ja!«, sagte Paul und lachte nervös; er wusste nicht genau, wo Blackheath lag, stellte sich einen Ort in der Region des New Forest vor. Am Rand eines Blumenbeets hinter ihnen sah er den zerborstenen Trog stehen, das abgebroche ne Endstück scheinbar wieder auf den Sockel zementiert und verborgen unter einer hastig drapierten Kapuziner kresse; auch die Hautabschürfung an seiner Hand war verschorft und die Stelle fast wieder rosarot. Er wandte sich Peter zu. »Jenny sagt, Sie würden heute Abend spielen.« Es war irgendwie märchenhaft und gleichzeitig völlig unkompliziert, so dicht vor ihm zu stehen. Peter roch leicht nach Zigarettenrauch, gemischt mit einem ungewöhnlichen Aftershave, was Paul zu der irritierenden Vorstellung verleitete, von ihm in den Armen gehalten und auf die Stirn geküsst zu werden.
    »Ich hätte eine Probe auch noch gut gebrauchen können«, sagte Peter. »In der Schule sind wir durch das Stück geprescht, aber sie ist zehnmal besser als ich.«
    »Ich sollte lieber nicht rauchen, wenn ich gleich singen muss«, sagte Sue und öffnete ihre kleine Handtasche.
    Peter trat seine Zigarette mit dem Fuß aus, bevor er sein Feuerzeug für Sue hervorholte. »Ich kenne die Lieder von Bliss nicht«, sagte er.
    »Ich singe nur die Valance-Vertonung«, sagte Sue. »Hm, danke … Es heißt einfach »Fünf Lieder«, Opus soundso, aber wir führen nur das eine auf, Gott sei Dank.«
    »Aha …! Welches Gedicht ist es denn?«
    »Sie kennen es bestimmt, es handelt von einer Hängematte. Er soll es Daphne gewidmet haben … angeblich!«
    »Ich muss sie mal nach Cecil Valance fragen«, sagte Peter. »Ich habe ihn gerade in meiner fünften Klasse durchgenommen.«
    »Ja, tun Sie das. Sie denkt offenbar, er habe ihr so ziemlich alles gewidmet, was er geschrieben hat.«
    »Glauben Sie, dass sie in meine Klasse kommen und den Jungen etwas über ihn erzählen würde?«
    »Könnte sein. Ich weiß nicht, ob sie je wieder auf Corley war. Aber das steht sicher bald alles in ihren berühmten Memoiren.«
    »Ach, sie schreibt an ihren Memoiren?«, sagte Peter und legte für einen langen Moment eine Hand auf Pauls Arm, als wollte er ihn bei diesem ganzen Gerede über fremde Personen nicht verlieren, ihm darüber hinaus aber noch sehr viel mehr zu

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