Fremden Kind
glücklich an, zuckte die Schultern und schüttelte feixend den Kopf.
Viele Gäste verließen die Corn Hall bereits, die Frauen, spärlich bekleidet an diesem Sommerabend, klammerten sich an ihre Männer. Paul überspielte die wieder erwachte Nervosität, Geoff könnte auch da sein, und er unterhielt sich beim Betreten des Foyers demonstrativ mit Jenny. Als er einen Blick durch die Glastür warf, schien die Aussicht, ihn in dem hohen Saal unter dem Sparrendach und den hin und her schweifenden Farbscheinwerfern anzutreffen, mehr als realis tisch. Ein lebhafter Song dröhnte ihnen entgegen, und Jenny tanzte sich bereits darauf ein. »Können wir nicht einfach so reingehen?«
»Wir haben nur noch zwanzig Minuten geöffnet, Schätzchen«, sagte die Frau am Eingang.
»Aber Sie nehmen doch keinen Eintritt mehr, oder?«, sagte Jenny, um sie davon abzuhalten, nach ihrem Alter zu fragen.
Die Frau musterte sie, doch die Kasse und die Tickets waren bereits verstaut, Leute drängten durch die Tür, warteten und torkelten nach draußen, vorbei an der Garderobe und den Toiletten mit den Buntglastüren. Sie gingen hinein.
Paul war heilfroh, dass er betrunken war; er schlenderte einmal quer durch den Raum, an der Bühne vorbei, lächelte in die schummrigen Winkel, als hielte er sich ständig an solchen Orten auf – doch von Geoff keine Spur. Traurig und erleichtert zugleich kehrte er zu den anderen zurück, dann fiel ihm ein, dass er noch seine Krawatte trug, sofort band er sie los. Seine Hemmungen zu tanzen waren so groß wie seine Hemmungen zu küssen, doch diesmal nahm Jenny sich seiner an – ihre kleine Gruppe fing an zu schwofen, und Paul, in einer Mischung aus Beflissenheit und Beklemmung, lachte in alle Richtungen. Wilfrid beobachtete Jenny, fiel aber nicht in ihren Rhythmus ein, während sie sich in ihrem Glockenrock wiegte und lockend mit den Händen herumwedelte, als erwartete sie, dass jemand sie ergriff. Julian zündete sich eine Zigarette an und zog gierig daran. Hinter ihm tanzte Peter für sich allein einen etwas unkoordinierten Twist und schielte zu Paul. Andere Paare um sie herum machten Platz, sahen sie verunsichert an, ließen Bemerkungen fallen … Jenny war keine Unbekannte in der Stadt, und Julian erntete Stirnrunzeln und erstauntes Lächeln. Paul folgte zwei anderen Paaren, die trotz der Hingabe auf ihren Gesichtern mit einer nüchternen Präzision vor der Bühne hin und her wackelten.
Eine große rotgesichtige Frau mit einem Paillettenkleid knöpfte sich Wilfrid vor. Kannte sie ihn? Nein, offenbar nicht, aber er ging auf sie ein, war ein Gentleman, nüchtern und ernsthaft entschlossen, sich wacker zu schlagen. Paul sah den beiden hinterher, verbarg hinter einem Schmunzeln seine leichte Empörung, und Jenny lehnte sich zu ihm hinüber und nickte. »Ein Freund von Ihnen.«
Paul legte für eine Sekunde eine Hand auf ihre Schulter, spürte das kratzige Textil, die warme Haut, das Befremden, ein Mädchen zu berühren, und sagte: »Wie?«
»Kollege Paul?«
Er zuckte zusammen, duckte sich im Umdrehen – da stand Geoff, bass erstaunt, streckte sich ihm entgegen, richtete sich gleichzeitig auf, sein Gesicht dicht vor ihm, sein heißer alkoholgetränkter Atem, als wollte er ihn gleich küssen, unbekümmert und freundschaftlich. »Was machen Sie denn hier!« Er zeigte auf Sandra, die Pauls Hand schüttelte und ihm vorgestellt wurde, aber er verstand nichts, und sie schien wenig begeistert, aber Paul war ein Kollege, vielleicht hatte Geoff ihn mal erwähnt. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und schaute zur Seite, den anderen zu, die Richtung Tür eilten. »Du liebe Güte, ist der alte Keeping etwa auch hier?«, fragte Geoff. »Nur der junge Keeping«, sagte Paul, deutete mit einem Kopfnicken zu Julian, aber Geoff schien nicht zu begreifen, nickte nur, während der wandernde Lichtstrahl der Scheinwerfer die Konturen seiner engen hellen Hose und den tiefen Ausschnitt seines offenen Hemdes verführerisch abtastete und in Farbe tauchte und eine spannende Ahnung von dem unbekleideten Geoff gab. Wieder beugte er sich vor, streifte mit seiner bürstenartigen Kotelette Pauls Wange und sagte: »Wir hauen ab.« Sandra zerrte an ihm, lachte mürrisch, als wollte sie Paul zu verstehen geben, dass er ihn bloß nicht überreden solle zu bleiben. »Bis Montag!«, rief er, schlang seinen Arm um Sandras Taille und geleitete sie auf galante, erwachsene Art zu dem erleuchteten Karree des Ausgangs.
»Der sieht ja spitze
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