Fremden Kind
brachte.« Ich fragte ihn, ob C HH auch gekannt habe. »Sie haben sich kennengelernt, als C mal auf 2A war, und sich ein bisschen angefreundet.« Ob HH sich auch in C verliebt habe. »Wahrscheinlich nicht. Er war sehr treu – er wollte jemanden, den er beschützen und dem er helfen konnte. Dafür war C viel zu reich.« Ob er es für wahrscheinlich hält, dass C mit ihm geflirtet hat? »Sogar mehr als wahrscheinlich.« (lachte)
»Aha, da sind sie ja, Simon!« Es waren einige Bilder von dem »armen, alten C«; die besten waren allerdings schon in den Briefen erschienen, auch das bekannte von C in Shorts, mit Rugbyball und dem zornigen Blick. »Hier können Sie sehen, was für herrliche Beine er hatte!« Und ich: »Das würde ich gerne abdrucken.« GFS : »Wo?« Ich: »In dem Buch, das ich über C schreiben will.« GFS : »Ah, ja, sehr schön. Eine gute Idee. Wissen Sie, es gibt sonst kein Buch über ihn. Ich bin froh, dass Sie das machen wollen. Es wird den Leuten die Augen öffnen.« Auf einem Foto sah man eine kleine Gruppe auf einem Stück Rasen stehen und liegen, im Hintergrund 2A. Ich konnte alles erkennen, auch C , D , GFS und eine größere alte Frau in Schwarz. »Das war eine Deutsche, die in der Nähe wohnte. Meine Mutter hat sich ihrer erbarmt. Sie war bei den Wagner-Festspielen in Deutschland, als der Krieg ausbrach, und sie konnte nicht mehr nach England zurück. Bewohner aus dem Ort haben ihr Haus zerstört. Als sie nach dem Krieg wieder herkam, hatte meine Mutter sie ein bisschen unter ihre Fittiche genommen. Wir fanden sie alle recht grauenvoll, obwohl sie wahrscheinlich ein herzensguter Mensch war. Ah ja, hier sieht man C und mich – das ist ein interessantes Bild, meine Frau allerdings meint, ich sei da nicht gut getroffen.« Ich beugte mich ein Stück vor, um es genauer zu sehen, und GFS legte eine Hand auf meine Schulter. »Das ist auf Corley Court, man konnte aufs Dach klettern.« Nach kurzer Zeit erkannte ich von den zwei, drei Besuchen mit Peter dort alles genau wieder. »Man gelangte durch das Oberlicht in der Wäschekammer aufs Dach«, sagte ich. GFS : »Ja, genau da ist es aufgenommen.« Man sah C und GFS an einen Schornstein gelehnt, C mit nacktem Oberkörper, GFS das Hemd halb offen, schamhaft, aber erregt. Nur ein winziges Foto, doch sehr scharf – Cs kräftiger sehniger Körper, etwas schwarze Brustbehaarung, die bis zum Bauch reicht, ein angehobener Arm auf den Schornstein gestützt, sodass der Bizeps deutlich hervortritt. Er lacht hämisch und sieht wesentlich älter aus als GFS , der in Gegenwart einer Kamera immer gehemmt wirkt. GFS mit 20 sehr hübsch – Ausschnitt seiner weißen unbehaarten Brust; neben C wie ein Schuljunge. Ich: »Wer das wohl aufgenommen hat.« GFS : »Ja, das frage ich mich auch. Vielleicht meine Schwester« – was GFS ’ bestürzten Blick erklärt, vielleicht hatte sie die Jungen bei irgendwas erwischt. Zum ersten Mal bekam ich eine echte Vorstellung von Cs Körper, und weil die Kamera wie ein Eindringling war, hatte ich plötzlich auch ein Gefühl, wie es gewesen sein musste, wenn man in seine Nähe geriet. Sehr seltsam, fast erregend – was GFS wohl auch so empfand. »Ich sehe da ziemlich lüstern aus, finden Sie nicht?«, sagte er. Und ich: »Und, waren Sie es?« Ich spürte, wie seine Hand aufmunternd meinen Rücken massierte und sich dann, nicht ganz willenlos, zur Hüfte bewegte. »Ich fürchte ja.«
Die Atmosphäre war jetzt ziemlich angespannt, und ich sah kurz zu GFS , ob er sich dessen bewusst war. »Inwiefern?« (Ich rückte ein klein wenig ab, wollte ihn aber auch nicht verschrecken.) Er sah stur auf das Foto, atmete langsam, aber schwer, als wäre er unentschlossen. »Na ja, im ganz gewöhnlichen Sinn«, was keine schlechte Antwort war. Ich erwiderte in etwa: »Kann ich Ihnen nicht verdenken!« – »Schrecklich, nicht? Ich war damals ein toller Typ! Und jetzt gucken Sie sich an, wie ich heute aussehe.« Er streckte ruckartig das bärtige Kinn vor und wandte mir sein Gesicht zu, während gleichzeitig seine massierende Hand entschlossen meinen Rücken hinunter Richtung Po wanderte.
So standen wir uns gegenüber, ich und der berühmte (Co-)Autor der Englischen Alltagsgeschichte : Er blickte mir tief in die Augen und umschloss mit seiner Hand genießerisch meinen Hintern – wer weiß, an was er sich dabei erinnerte, worauf er spekulierte. Ich lachte etwas betreten, hielt aber seinem Blick stand, neugierig und mit dem sicheren Gefühl, dass C
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