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Fremden Kind

Fremden Kind

Titel: Fremden Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Hollinghurst
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gingen weiter, der Mond glühte und glitt von Fenster zu Fenster.
    »Also Trevor …?«, sagte sie nach einer Minute. »Sie sind nicht geschieden oder so?« Die Frage war ein wenig imper tinent, aber nach einigen Gläsern vergaß man seine guten Manieren.
    »Eigentlich nicht«, sagte Eva. »Nein.« Sie musste ihn wegen des Geldes geheiratet haben, vermutete Daphne; sie stellte sich vor, dass Trevor Riley irgendeine kleine Fabrik besaß. Vielleicht hatte der Krieg ihn nicht umgebracht, sondern, im Gegenteil, ihm ein Vermögen beschert. Eva hakte sich bei ihr unter und wickelte sich mit der anderen Hand ihren langen Fransenschal noch einmal um den Hals, wobei die Seidenfransen Daphnes Wangen streiften. Eva fröstelte leicht und zog Daphne näher an sich heran. »Ich finde ja, die Ehe ist oft eine furchtbare Last, meinen Sie nicht auch?«
    »Na ja …! Ich weiß nicht recht.«
    »Hm?«
    »Gut, manchmal ist es nicht zum Aushalten, das ist wohl wahr, aber da muss man durch.«
    »Allerdings«, sagte Eva mit grimmigem Humor.
    »Ich weiß ja nicht, ob Trevor untreu war«, sagte Daphne, und ihr fröstelte bei dem Gedanken, wie nahe ihr dieses Thema ging. Sie schritten weiter, scheinbar in Freundschaft ver bunden, während Eva sich möglicherweise eine Antwort über legte. Ihre Abendhandtasche, ein schräg umgehängter kleiner Tornister, schlug bei jedem Schritt gegen ihre Hüfte, und dem Druck ihres warmem Rumpfes gegen Daphnes Oberarm ließ sich ein vager Hinweis auf ihre Unterwäsche entnehmen, eine Frage, die Daphne lange beschäftigt hatte. Eva trug wohl nur ein Leibchen, ein Büstenhalter war nicht nötig … Sie erschien Daphne ungewöhnlich verletzlich, schmächtig und schlüpfrig in den dünnen Stoffen.
    »Darf ich Sie verführen?«, sagte Eva und ließ ihre Hand bis hinunter zu Daphnes Hüfte gleiten. Der leicht gewölbte Perlmuttdeckel ihres Zigarettenetuis schimmerte im Mondlicht wie eine Kostbarkeit.
    »Oh …! Hm … na gut …«
    Die Flamme ihres Ölfeuerzeugs fauchte empor. »Ich sehe es gerne, wenn Sie rauchen«, sagte Eva, als der Tabak anfing zu knistern und zu glühen.
    »Allmählich finde ich Gefallen daran«, sagte Daphne.
    »Na bitte«, sagte Eva, und während sie weiterschlenderten, die Dunkelheit mehr als alles andere ihnen ihr Tempo diktierte, schlang Eva kameradschaftlich einen Arm um Daphnes Taille.
    »Nicht, dass wir noch in den Fischteich fallen«, sagte Daphne und rückte ein Stück von ihr ab.
    »Ich würde Ihnen so gerne etwas Hübsches machen«, sagte Eva.
    »Meinen Sie zum Anziehen?«
    »Natürlich.«
    »Das ist sehr freundlich von Ihnen, aber davon will ich nichts hören«, sagte Daphne. Das Haus von ihr umgestalten zu lassen, gut und schön, aber nicht die eigene Person. Sie stellte sich vor, wie lächerlich es aussehen würde, wenn sie in einem von Evas kleinen Kitteln zum Dinner erscheinen würde.
    »Ich weiß ja nicht, wo Sie Ihre Sachen hauptsächlich schneidern lassen, meine Liebe.«
    Daphne lachte kurz auf hinter dem Zigarettenqualm. »Die meisten bei Ellison und Cavell’s.«
    Jetzt lachte auch Eva. »Entschuldigen Sie«, sagte sie und schmiegte sich wieder schmeichelnd an Daphne, »aber ich glaube, Sie wissen gar nicht, wie hinreißend Sie aussehen könnten.« Sie blieben stehen, und Eva begutachtete sie im feenhaften Licht des Mondes, eine Hand an Daphnes Hüfte, mit der anderen, die glimmende Zigarette zwischen den Fingern, fuhr sie ihren Oberarm hinauf bis zur Schulter, bis der Rauch ihr seitlich in die Augen wehte. Sie kniff in den weichen Stoff des Kleides an ihrer Taille, auf der schon vorher ihr berechnender Blick geruht hatte, wie Daphne nicht entgangen war. Zögerlich, beinahe unbekümmert, sagte Eva: »Ich würde Sie liebend gerne glücklich machen.«
    »Wir sollten besser wieder umkehren«, sagte Daphne.
    Irgendetwas schnürte ihr die Kehle zu, und es war nicht der Rauch. »Tut mir schrecklich leid, aber mir ist ziemlich kalt.« Sie riss sich los, ließ ihre Zigarette zu Boden fallen und trat sie mit dem Fuß aus. Die Lichter vom Haus verformten die Hecken und andere dazwischenliegende Hindernisse zu verschwommenen Schattenbildern, doch es war nicht einfach, sich mit Würde zurückzuziehen, und das Mondlicht war auch nicht so gütig, wie sie gedacht hatte. Sie ging querfeldein über den Rasen, ihre Absätze versanken im Lehm, und sie wankte rückwärts, um eine ungeschickt angelegte Rabatte herum. Es war wie ein weiterer Auswuchs ihrer Trunkenheit, eine witzige,

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