Fremder in einer fremden Welt
öffentlichen Telefonzelle eingeworfen wurden - und zwar in Washington.«
»In Washington?« wiederholte Jill. »Warum sollte Ben aus.«
»Natürlich!« stimmte Jubal verdrießlich zu. »Wenn er in einer Telefonzelle in Washington steht, kann er eine Ton- und Bildverbindung mit seinem Assistenten billiger, einfacher und schneller haben als ein Telefax, das über Hunderte von Meilen nach Washington zurückgeschickt werden muß. Das ergibt keinen Sinn. Vielmehr, es ergibt nur einen Sinn. Fauler Zauber. Ben ist an faulen Zauber so gewöhnt wie eine Braut an Küsse. Er ist nicht der beste Reporter der Branche geworden, indem er seine Karten mit dem Bild nach oben ausgespielt hat.«
»Ben ist kein Reporter! Er ist Journalist!«
»Verzeihung, ich bin in dem Bereich farbenblind. Vielleicht hat er geglaubt, sein Telefon werde überwacht, sein Telefaxer aber nicht. Oder er hatte den Verdacht, beide würden überwacht - und ließ seine Nachricht diesen Umweg machen, um jeden, der ihn belauschte, zu überzeugen, er sei verreist und werde so schnell nicht zurückkommen.« Jubal runzelte die Stirn. »In diesem Fall täten wir ihm keinen Gefallen, wenn wir ihn fänden. Wir könnten sein Leben gefährden.«
»Jubal! Nein!«
»Jubal, ja«, gab er müde zurück. »Der Junge schlittert dicht am Abgrund entlang; so ist er zu seinem Ruf gekommen. Der Hase hat niemals mehr als zwei Sprünge Vorsprung vor dem Kojoten. diesmal ist es vielleicht auch nur einer. Jill, einer gefährlicheren Sache ist Ben nie auf den Grund gegangen. Wenn er freiwillig untergetaucht ist - möchten Sie dann die allgemeine Aufmerksamkeit darauf lenken? Kilgallen deckt ihn; Bens Kolumne erscheint jeden Tag. Ich habe es mir angelegen sein lassen, das nachzuprüfen.«
»Konserven-Artikel! Jedenfalls hat Mr. Kilgallen mir das erzählt.«
»Natürlich. Sie könnten einiges von seinen Serienartikeln über Korruption im Wahlkampf nehmen. So was ist immer ein garantierter Knüller. Vielleicht haben sie was auf Lager für einen derartigen Notfall. Oder vielleicht schreibt Kilgallen sie. Auf jeden Fall steht Ben Caxton offiziell immer noch auf seiner Seifenkiste. Vielleicht hat er es geplant, meine Liebe - weil er in solcher Gefahr war, daß er nicht einmal wagte, sich mit Ihnen in Verbindung zu setzen. Nun?«
Gillian blickte sich angstvoll um. Die Szenerie erschien ihr unerträglich schön und friedlich - ja geradezu bukolisch. Sie bedeckte ihr Gesicht mit den Händen. »Jubal. ich weiß einfach nicht, was ich tun soll!«
»Nicht doch«, brummte er. »Das Schlimmste, was ihm passieren kann, ist der Tod. und der steht uns allen bevor - in Tagen oder Wochen oder Jahren. Sprechen Sie mit Mike! In seinen Augen ist eine >Dekarnierung< weniger zu fürchten als Schelte. Also, wenn ich Mike sagen würde, wir wollten ihn zum Dinner braten, würde er mir mit vor Rührung erstickter Stimme für die Ehre danken.«
»Ich weiß«, stimmte Jill gepreßt zu, »aber ich habe seine philosophische Einstellung nicht.«
»Ich auch nicht«, pflichtete Harshaw ihr fröhlich bei, »aber ich fange an, sie zu begreifen - und es ist für einen Mann meines Alters eine tröstliche Einstellung. Die Fähigkeit, das Unvermeidliche zu begrüßen - eigentlich habe ich sie mein ganzes Leben lang kultiviert. Aber dieses Kind, kaum alt genug, um zu wählen, und zu unerfahren, um Abstand von Pferdewagen zu halten, hat mich überzeugt, daß ich gerade erst den Kindergarten erreicht habe. Jill, Sie fragten mich, ob Mike hierbleiben dürfe. Kind, niemals zuvor war mir ein Gast willkommener. Ich möchte diesen Jungen behalten, bis ich herausgefunden habe, was er weiß und ich nicht! Diese Sache mit der >Dekarnierung<... das ist nicht der Freudsche Todeswunsch - nichts von diesem >Selbst der müdeste Fluß<-Zeug - es ist mehr wie Stevensons >Schön war mein Leben. Jetzt ist's an der Zeit, da leg' ich mich freiwillig nieder.< Ich habe den Verdacht, daß Stevenson entweder im Dunkeln gepfiffen hat oder sich der Schwindsuchtseuphorie erfreute. Mike dagegen hat mir halbwegs verkauft, daß er weiß, wovon er redet.«
»Ich weiß es nicht«, antwortete Jill trübe. »Ich mache mir nur Sorgen um Ben.«
»Ich auch«, gestand Jubal. »Lassen Sie uns ein anderes Mal über Mike sprechen. Jill, ich glaube nicht, daß Ben sich versteckt.«
»Sie haben doch gesagt.«
»Entschuldigung. Meine Schnüffler haben sich nicht auf Bens Büro und Paoli Fiat beschränkt. Am Donnerstagmorgen kam Ben ins Medizinische
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