Fremdes Licht
mit
Jela Geschäfte gemacht. Sie können nicht handeln, sie haben
einfach kein Verständnis dafür, daß man Verträge
auch geschickt umgehen kann…«
»Weil sie dumm sind«, platzte Karim dazwischen.
»Stur wie Stein. Krieger und Kriegerinnen nicht miteinander
schlafen zu lassen, weil jemand schwanger werden könnte; Krieger
und Bürger nicht miteinander schlafen zu lassen, weil
Bürger unter ihrer Würde sind; aber die Kriegerinnen
dürfen miteinander schlafen – was mir übrigens
furchtbar egal ist…«
Er hatte gleichgezogen mit Ondur. Mit geballten Fäusten
wandte sie sich an Ayrid: »Komm, iß mit uns.«
»Nein, ich… ich habe noch zu tun. Ich…«
»Du siehst blaß aus. Bist du krank?«
»Niemand ist krank in R’Frow«, sagte Karim. Er sah
Ayrid prüfend an. »Sag mal, Ayrid, was hältst du denn
von dem Krihundspakt? Du hast noch gar nichts gesagt.«
Ayrids Stimme stellte sich wieder ein – leise und angespannt
zwar, aber es war die ihre. »Ich finde, es gehört Mut dazu.
Sie sind alle sehr mutig, alle sechs. Dem Töten ein Ende zu
machen, egal was es kostet… R’Frow ist nicht zum Töten
da, und Dahar hat genau das Richtige getan!«
»Khalid«, sagte Karim. Er verengte die Augen.
»Khalid vertritt Delysia.«
»Sie meinte auch Khalid«, sagte Ondur. »Siehst du
nicht, wie erschöpft sie ist? Geh nach oben, Ayrid, und leg dich
hin.«
»Ja, gleich«, sagte Ayrid und ließ die beiden
allein. Und die ganze Zeit über, da sie sich in der Nähe
der Köchin aufhielt, die das Ballonkraut und die
Spießbeeren kochte, da versuchte sie sich diesen Pakt
auszumalen und sich in die Menschen hineinzuversetzen.
Wieso befaßt sich eine Delysierin mit einer jelitischen
Hure? Gibt es einen Grund? Und dann noch eindringlicher: Wieso? Bestätigung – Dahar hatte nach
Bestätigung gesucht; er hatte wissen wollen, was für eine
Verbindung das war, die zwischen ihr und SaSa bestand – ob eine
Verbindung zwischen Delysiern und Jeliten überhaupt möglich
war – eine Verbindung zwischen ihm und Khalid. Es
müßte die Jeliten eigentlich härter treffen als uns, hatte Ondur gesagt. Sie sträuben sich gegen jede Art von
Vereinbarung. Ja, dachte Ayrid, weil sie ganz feste Regeln haben,
die sie unbedingt einhalten wollen. Jehanna hatte ihr, einer
Delysierin, Schutz gewährt und sie heil durch die Savanne
gebracht. Warum? Weil sie sich durch den förmlichen Schwur dazu
verpflichtet gefühlt hatte. Aber dann hatte Jehanna die beiden
Männer getötet, und Ayrid hatte gefragt: Was
hättest du getan, wenn die beiden Jeliten gewesen wären? Da war selbst einer so unkomplizierten und jungen Jehanna der
Schrecken in die Glieder gefahren angesichts der Möglichkeit,
zwischen zwei Verpflichtungen zermalmt zu werden, wie zwischen zwei
Felsblöcken, die aus verschiedenen Richtungen auf sie
zugepoltert kamen… worauf sie hocherhobenen Hauptes
davongegangen war.
Dahar war weder jung noch unkompliziert. Ayrid hatte aus
nächster Nähe erlebt, wie versessen er darauf war, von den
Geds zu lernen, wie rasch sein Verstand arbeitete. Als er Grax
geholfen hatte, den Barbaren in die Stadtmauer zu tragen, da hatte er
einen zerquälten Eindruck gemacht. Sie spürte wieder seine
Hand und den Ruck, der in ihren Arm gefahren war, als sie gefragt
hatte: Was war los heute morgen? Was hast du getan? Hätte
sie gewußt, was sie jetzt wußte, dann hätte sie
womöglich gefragt: Hat sie dich soviel Überwindung
gekostet, diese Vereinbarung? Ob er dann auch die Beherrschung
verloren hätte? Bestimmt. Vereinbarung – konnte, durfte ein Jelite das überhaupt so sehen?
Wenn es die Jeliten härter traf, dann traf es diejenigen
unter ihnen, die diese Vereinbarung getroffen hatten, am
härtesten.
»Da bist du ja«, sagte die Köchin. »Hier. Zwei
Habrin.«
»Die Hälfte war abgemacht«, sagte Ayrid.
»Nein, wie kommst du darauf? Zwei«, sagte die Frau.
»Wir haben zwei Habrin vereinbart.« Ihre Augen glitzerten
listig.
Ayrid warf ihr die Münze vor die Füße, nahm die
Becher und ging; die Frau stieß Verwünschungen aus. Ayrids
Zorn stand in keinem Verhältnis zu dieser Lappalie, aber er
beflügelte ihre Schritte. Sie folgte dem Pfad, der von den
delysischen Hallen zur Grenze des Territoriums führte.
Doch sie kam nicht weit. Es war schon fast finster, und die
Wachposten wollten sie partout nicht mehr durchlassen. Sie
mußte zurück.
Zornig und mutlos machte sie mit ihren beiden Bechern kehrt. Sie
hatte den Ballonkrautbrei und den
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