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Fremdes Licht

Fremdes Licht

Titel: Fremdes Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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SaSas Hand, als befürchte sie, das
Mädchen könne wieder im Gestrüpp verschwinden. Doch
SaSa saß stumpfsinnig da, hielt immer noch Talots geknotete
Strähne in der Hand, der weiße Tebel war
rußverschmiert, eine zierliche Schulter ragte aus dem
klaffenden Stoff.
    Es hatte aufgehört zu regnen.
    »SaSa, woher weißt du, daß Dahar und Lahab in der
Mauer sind? Hast du gesehen, wie Grax sie da reingebracht
hat?«
    »Ja.«
    »Hat Grax… Gewalt angewendet?«
    SaSa schüttelte den Kopf.
    »Wo sind sie in die Mauer rein? Wo die Geds ein- und
ausgehen, an der Ostmauer?«
    Wieder schüttelte SaSa den Kopf. »Da wurde
gekämpft.«
    »Wo denn?«
    »An derselben Stelle.«
    Ayrid überlegte. »Wo Grax und Dahar deinen Liebling in
die Mauer geschafft haben? An derselben Stelle?«
    SaSa nickte.
    Ayrid berührte die nasse rote Haarsträhne in den Fingern
des Mädchens. »Du mußt eine andere Botschaft
überbringen, SaSa, für mich. Bitte, du mußt. Eine Botschaft für Jehanna.«
    »Nein.«
    »Was großzügig gewährt…«
    »Nein!« Die schwarzen Augen erwachten zu neuem Leben,
sie glitzerten.
    Ayrid ballte die Faust um den Saum von SaSas Tebel, doch das
Mädchen machte keine Anstalten zu fliehen. Mit welchen Worten
konnte sie erreichen, daß SaSa sich überwand, mit welchen
Worten Halt finden in der glitschigen Finsternis dieses kleinen
Gemüts, so wie es ihr zuvor mit der abwegigen Eidesformel
gelungen war? Ayrid überlegte fieberhaft, redete drauflos und
wußte, daß sie das Falsche sagte: »Du wolltest
für mich zu Dahar gehen. Er ist Krieger und hat dich als Hure
benutzt. Wieso hast du mehr Angst vor einer Kriegerin, die niemals
mit dir geschlafen hat, die dich nie mit Gewalt… SaSa, Dahar ist
in Gefahr, so wie dein Liebling in Gefahr war. Er ist mein Liebling. Wenn du ihm hilfst, hilfst du auch
mir!«
    Einen albernen Moment lang war ihr, als habe sie SaSa
überzeugt. Irgend etwas regte sich hinter SaSas Augen, und SaSa
blickte auf die Strähne in ihren Fingern, als sehe sie da etwas
anderes. Wenn SaSa Jehanna holte…
    Doch als SaSa aufsah, waren ihre schwarzen Augen stumpf. Sie
öffnete Finger um Finger Ayrids Faust und befreite ihren
Tebel.
    »Dann hole ich deinen anderen Mann.«
    »Meinen anderen… SaSa, das kannst du
nicht…«
    Doch SaSa war schon unterwegs und verschwand lautlos zwischen den
Büschen.
    Kelovar. Sie konnte nur Kelovar gemeint haben. Sie hatte dem
Gespräch mit Ondur gelauscht, hatte den beiden Delysiern
gelauscht, bevor die Soldatin versucht hatte, den Gedstuhl zu
zertrümmern, hatte seit Zehnzyklen dem Getuschel gelauscht
– und hatte, was niemand für möglich gehalten
hätte, sogar verstanden, was sie gehört hatte. Aber an
Kelovar würde sie jetzt nicht herankönnen. Kelovar
würde da sein, wo gekämpft wurde, an Khalids Seite, und
SaSa würde sich nicht trauen…
    SaSa war in die Mauer gegangen. Zweimal.
    Ayrid preßte die Handteller zusammen. Sie konnte hier nicht
sitzenbleiben und darauf warten, daß SaSa unverrichteter Dinge
zurückkam. SaSa war zu klein, und was immer für Lichter in
ihrem Gemüt flackerten, sie waren zu unstet, waren nicht mehr
als ein befremdliches Wetterleuchten über einer öden und
unbekannten Landschaft. Auf SaSa war kein Verlaß.
    Ayrid begann sich voranzuzerren, hielt sich hart am Rand des
Pfads. Sie mußte auf eigene Faust in die Mauer.

 
61
     
    »Das sind eure Lufttebel.«
    In dem kleinen, neugeschaffenen Raum in der Stadtmauer
händigte Grax den beiden Jeliten rechteckige, klare
Wroffscheiben aus, die etwa so groß waren wie ihre
Handflächen. Dahar und Lahab nahmen sie verlegen entgegen.
    »Ihr legt sie hier an«, fuhr Grax fort. Die Scheiben
waren flexibel und sehr dünn; als die beiden Menschen sie an die
Brust drückten, wie Grax es ihnen vormachte, da paßten sie
sich dem Körper an und blieben haften.
    »Jetzt drückt ihr unten auf die beiden Ecken, so…
nein. Lahab, nimm diesen Finger und den Daumen. Der
überzählige Finger darf keinerlei Kontakt haben.«
    Falls die Menschen den Wunsch äußerten, konnte man
ihnen an Bord den fünften Finger immer noch amputieren –
ein Wunsch, den Grax allerdings für äußerst
unwahrscheinlich hielt. Die Aktivierung des Wroff hatte man so
kompliziert gestaltet, um eine zufällige Auslösung des
Vorgangs zu verhindern – eine reine Vorsichtsmaßnahme
also. In der Schiffsatmosphäre konnten sich
naturgemäß nur die Geds ohne Schutzanzüge aufhalten.
Das würden die Menschen nur in ihren eigenen vier

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