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Fremdes Licht

Fremdes Licht

Titel: Fremdes Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Tey. Jela steht für Ehre, Delysia für
Hinterlist… aber nicht für solche Hinterlist. So etwas
hatte es auf Quom noch nicht gegeben. Was steckte dahinter? Was
versprachen sich die Geds davon?
    Mit einemmal roch es brenzlig.
    Die Kuppel flackerte im roten und goldenen Widerschein der
Flammen. Aber schon wurde der Widerschein von Rauch und Qualm
verdunkelt. Eine heftige Windbö bog die Büsche und
Sträucher ringsum – richtiger Wind, hier, wo es nie Wind
gegeben hatte. Irgendeine Vorrichtung der Geds, um den Rauch
fortzublasen? Wie weit hatte das Feuer bereits um sich gegriffen?
Wurde gekämpft, herrschte Krieg?
    Der Wind brachte den Rauch. Was, wenn SaSa es mit der Angst bekam,
oder wenn sie Soldaten oder Kriegern in die Hände fiel, oder
wenn sie sich in Ayrids Zimmer flüchtete, hinter eine sichere
Tür… SaSas Gemüt war so zerbrechlich wie Feinglas.
    Wirklich? Durch ein Tischchen in die Mauer zu gelangen…
Überall hatten die Geds ihre glühenden Kreise installiert,
aber sie hatten nicht mit einem Mädchen gerechnet, das so
zierlich war und auf eine so verwegene Idee kam. Und einmal in der
Mauer, da hatte SaSa sie gesehen…
    Warum?
    Ayrid versuchte, ihre Gedanken zu ordnen. Wir wollen lernen,
wie Menschen denken, hatte Grax gleich am ersten Tag gesagt. Die
Geds hatten sich viel vorgenommen. Sie, Ayrid, wußte nicht mal,
wie Jeliten dachten, nicht mal, wie Dahar dachte; sie wußte
nicht mal, was in Kelovar vorging, der kein Jelite war, und der um so
undurchsichtiger geworden war, je länger sie sich gekannt
hatten. Frühnacht war über ihn gekommen…
    »Menschen in R’Frow«, grollte eine Stimme; sie
schien aus dem Wroffstutzen im Gestrüpp zu kommen,
»…werdet aufhören, Gewalt anzuwenden. Für die
Hautkrankheit wurde ein Heilmittel gefunden. Alle Kranken in
R’Frow werden geheilt. Das Heilmittel ist das Sonnenlicht. Das
Sonnenlicht von Quom heilt die Krankheit; ihr Erreger kann im Licht
von Quom nicht überleben. In wenigen Stunden werden sich die
Tore von R’Frow öffnen, und alle Menschen werden in das
Sonnenlicht hinausgehen. Ihr werdet aufhören, Gewalt anzuwenden.
Ihr werdet aufhören, Feuer zu legen und zu töten.«
    Das Geschrei in der Ferne nahm kein Ende.
    »Menschen in R’Frow…«
    Ayrid starrte in das Gestrüpp, da wo sie den runden Auswuchs
aus Wroff entdeckt hatte.
    Dunkelheit. Sonnenlicht.
    Licht…
    Licht war der Daumen, der das Schloß öffnete, war immer
der Daumen gewesen, der ins Schloß gepaßt hatte. Ihr
Erreger kann im Licht von Quom nicht überleben. Ja sicher,
weil er woanders herkam, aus einem anderen Licht, zusammen mit den
Geds. Das hatte sie zu Dahar gesagt.
    Sie stand wieder in R’Frow, zum erstenmal seit dem Erwachen
aus der Stasis, neben ihr Kelovar mit dem eintägigen
Stoppelbart, der nicht gewachsen war seit draußen im Lager vor
der Grauen Mauer. Zum erstenmal wieder erblickte sie den
verhangenen Himmel von R’Frow, die orangenfarben-trübe
Helligkeit, obwohl es Finstertag hätte sein müssen. Sie
durchlebte wieder ihr einfältiges, animalisches Erschrecken: Sie hatten die Sonne bewegt. Und sie erinnerte sich an die
samtweich grollende Stimme des Ged, an die Worte, die sie damals noch
nicht verstanden hatte: Den Wechsel von Hell und Dunkel haben wir
eurem Organismus angepaßt, sechzehn Stunden Licht und acht
Stunden Dunkelheit.
    …damals noch nicht verstanden hatte. Damals noch nicht.
    Diese Mikrolebewesen vertrugen das Quomlicht nicht, weil sie nicht
von Quom stammten, sondern – was kaum vorstellbar war – von
einer anderen Welt weit draußen zwischen den Sternen. Aber die
Menschen von Quom hatten sich ohne weiteres an sechzehn Stunden
Helligkeit und acht Stunden Dunkelheit gewöhnt – so
mühelos, wie sich die Kemburi an den Frühmorgen
gewöhnte. Kemburis hielten sich bei Finstertag geschlossen,
machten keinen Mucks bei Dunkelheit und Kälte… Den
Wechsel von Hell und Dunkel haben wir eurem Organismus
angepaßt, sechzehn Stunden Licht und acht Stunden
Dunkelheit.
    Dieses Mikroleben war an andere Verhältnisse gewöhnt.
Die Menschen waren…
    Sie verlor den Faden.
    Behutsam, als seien die Gedanken aus Glasschmelze und könnten
durch ihre eigene Hitze und Feurigkeit verlaufen, rückte Ayrid
von ihnen ab. Es war unmöglich. Dennoch, diese Art zu denken,
die Gedanken logisch zu verknüpfen, das war Gedwissenschaft, und
sie würde so nicht denken können, hätte Grax es ihr
nicht beigebracht. Sie atmete tief ein. Es roch nach Rauch und
Fäulnis, und der

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