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Fremdes Licht

Fremdes Licht

Titel: Fremdes Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Mord?«
    »Ich hab doch gesagt, in der Halle reden sie
darüber.«
    »Woher weiß man es? Prahlt der Soldat damit
herum?«
    »Natürlich nicht. Vergeltung hat Khalid
ausdrücklich verboten.«
    Einen Moment lang blieb sie stumm, ordnete ihre Gedanken.
»Kelovar… hast du sie getötet?«
    »Nein«, sagte er. »Leider. Ich wollte, ich
hätte es getan.«
    Sie war sich nicht sicher, ob er die Wahrheit sagte. Seine Stimme
verriet unbändigen Haß.
    »Du wärst froh, wenn die Schlange noch am Leben
wäre, hab ich recht? Wenn es nach dir ginge, würden wir
unseren delysischen Stolz vergessen und wie feige Krihunde den Mord
an unserem Schuhmacher hinnehmen!« Er nahm sie beim Kinn und
brachte ihr Gesicht bis auf Fingerbreite an seins heran. »Aber so sind wir nicht, Ayrid.«
    Ayrid befreite ihr Kinn. Kelovar stieß ein rauhes Lachen
aus, und dann, im nächsten Moment, lachte er weniger rauh. Es
war das zweite Lachen, das sie frösteln ließ.
Unsäglich rasch war seine Miene umgeschlagen, die Augen hatten
ihren bedrohlichen Schimmer verloren, und er schlang einen Arm um
ihre Taille und zog sie an sich.
    »Du bist eben kein Soldat, Kleine Sonne. Du bist mein
Spielzeugmacher. Was scheren dich Angelegenheiten des delysischen
Militärs? Das ist Soldatensache. Ich werde dich beschützen,
damit du weiterbasteln kannst.«
    Er küßte ihren Hals. Ayrid stieß ihn heftig
zurück. »Du müßtest dich mal hören,
Kelovar. Delysischer Stolz, delysisches Militär« – wütend überzog sie sein Pathos, zu wütend, um
vorsichtig zu sein. »Aber hier ist nicht Delysia! Hörst du? Hier ist nicht Delysia. Hier ist R’Frow, und die Geds
haben das Töten untersagt, und jetzt haben wir bereits zweimal
gegen ihr Gesetz verstoßen. Ja glaubst du denn, die lassen sich
das gefallen?«
    »Wir haben Vergeltung geübt. Das Gesetz haben die
Jeliten gebrochen. ›Wir‹ haben nicht zweimal getötet.
Es gibt kein ›wir‹ zwischen Delysiern und
Jeliten.«
    »Die Geds könnten uns alle aus R’Frow
verbannen!«
    »Meinetwegen. Sollen sie tun, was sie nicht lassen
können!«
    Ja, ihm wäre das lieber. Ayrid hatte den flüchtigen
Eindruck, daß Kelovar sich etwas anderes von R’Frow
versprochen hatte, daß ihm die Stadt zu fremd und irgendwie zu
unheimlich war… Sie runzelte die Stirn und versuchte ihn zu
verstehen.
    Eine Weile starrten sie einander an. Dann lächelte Kelovar,
eine erzwungene Grimasse, an der die Augen nicht teilnahmen. Er
streckte wieder die Arme nach ihr aus. »Ich will nicht mit dir
kämpfen, Liebes.
    Draußen regnet es, wußtest du das? Ich bin naß
bis auf die Haut. Komm und mach mich trocken, süße
Ayrid.«
    »Kelovar… laß.«
    »Mach mich trocken.«
    Sie war aufgestanden und wich einen Schritt zurück. Er
stützte sich hoch und stürzte sich auf sie – halb aus
Spaß, aber nur halb eben. Sein Stiefel landete in der
Apparatur, die Ayrid gebaut hatte, die improvisierte Holzschale
kippte und barst, ein Draht zerriß, Flüssigkeit schwappte
auf den Boden, und das rötliche Glühen erlosch.
    Ayrids Blick flog hinunter auf das Wrack ihrer Erfindung und dann
hinauf zu Kelovar, so daß sie den Ausdruck auf seinem Gesicht
noch sah. Eine flüchtige, gallige, unterschwellige Regung –
aber Ayrid hatte sie gesehen. Vergnügen. Es bereitete ihm
Vergnügen, daß ihre Apparatur kaputt war, eine Regung, die
sie aus dem Glashof kannte, die sie in den Gesichtern untauglicher
Glasmacher gesehen hatte, wenn sie den Satz eines
Glasbläsermeisters betrachteten, der versehentlich schlecht
befeuert worden war und Sprünge bekommen hatte. Glassachen,
welche, mit der nötigen Sorgfalt befeuert, der betreffende
Trottel selbst nie zustande gebracht hätte.
    »Tut mir leid«, sagte Kelovar ohne Mitleid.
    »Du gehst jetzt besser, Kelovar. Ich möchte mein Lager
nicht mehr mit dir teilen. Ich will nicht mehr.«
    »Weil ich in dein Spielzeug getreten bin? Ich habe das nicht
mit Absicht getan.«
    »Nein. Nicht deswegen.«
    »Weswegen, Ayrid?« Seine Verblüffung war nicht
gespielt. Damit hatte er nicht gerechnet, und sie fragte sich, wieso
er es nicht hatte kommen sehen; die sexuelle Freude konnte die
Enttäuschungen, die sie einander bereiteten, schon lange nicht
mehr aufwiegen. Aber Kelovar sah mit einemmal so bestürzt drein,
und der jähe Wandel vom Soldaten zum klammernden Liebhaber hatte
etwas Abschreckendes, etwas, für das sie keinen Namen hatte.
    »Weil wir einander weh tun. Ich will mein Lager nicht mehr
mit dir teilen.«
    »Du tust mir nicht

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