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French 75: Ein Rostock-Krimi

French 75: Ein Rostock-Krimi

Titel: French 75: Ein Rostock-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard R. Roesch
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Häusern aushalten mussten, und drumherum die Ferne von schwedischen Landschaften, Tim Leidger freute sich darauf, in dieser Ambivalenz erneut verschwinden zu können.

XV
     
    Endhaltestelle. Payerbach-Reichenau. Tobias stieg aus dem Doppelstockzug und warf einen Blick auf die österreichischen Berge, die das Flusstal umstanden.
    Na ja, wie die schweizerischen Gebirge , dachte er. Kennst du eines, kennst du alle.
    Er nahm seine Umhängetasche auf und stieg von der Bahnstation hinunter in den Ort. Zwei Kilometer zum Schloss Wartholz. Immer die Hauptstraße entlang. Der Poet sah zur anderen Straßenseite, wo ein Taxi stand, entschloss sich dann aber, die Strecke zu Fuß zurückzulegen. Er wurde gegen vierzehn Uhr auf Schloss Wartholz erwartet, jetzt war es aber erst kurz nach zwölf. Tobias sog die frische Bergluft tief ein und genoss jeden Schritt.
    Schon bald musste er drei Tage lang herumsitzen. Fünfzehn Autoren waren eingeladen worden, um sich um den mit zehntausend Euro dotierten, renommierten Literaturpreis Wartholz zu streiten. Siebenhundert Einsendungen aus aller Welt hatte es gegeben, eine Jury aus Philosophen, Wissenschaftlern und Journalisten sollte öffentlich über die Texte diskutieren, ehe der Gewinner bekannt gegeben wurde. Tobias seufzte und dachte: Die reinste Verschwendung.
    Er tat sich jetzt schon leid. Drei Tage lang dem Gestotter überforderter Juroren zuzuhören, dabei war hier ganz in der Nähe doch der österreichische Serienkiller Unterweger aufgewachsen. Vielleicht könnte er sich ja verdünnisieren, um mal ein wenig zu recherchieren?
    Unter dem Viadukt, das Payerbach und Reichenau voneinander trennte, stellte Tobias die Tasche auf den Bürgersteig. Über ihm ratterte der Zug zurück nach Wien. Anderthalb Stunden. Tobias war erschöpft vom langen Flug, von der Zugfahrt und vom Gehetze auf dem Flugplatz, das sich als ganz unnötig erwiesen hatte, weil die Wiener einen sparsamen Umgang mit Zeit nicht zu kennen schienen, waren alle Umsteigezeiten doch großzügig bemessen gewesen.
    Er gähnte und sah sich den alten Zugwaggon an, der zu einer Gaststätte umgebaut worden war und auf der anderen Straßenseite stand. Jetzt ein kleines Herrengedeck und er wäre wieder munter! Er hatte die Tasche schon wieder aufgehoben, wollte die Straßenseite schon wechseln, zögerte dann aber und geizte wieder einmal mit seiner Zeit. Tobias ging weiter.
    Vielleicht sollte er einmal in Wien wohnen, um ein neues Leben zu versuchen? Er entschloss sich, nach dem dreitägigen Lesemarathon ein paar Urlaubstage in der österreichischen Hauptstadt anzuhängen. Er wollte sich das Preisgeld in bar auszahlen lassen und dann eine Juniorsuite im Steigenberger anmieten. Er mochte die Steigenberger Hotels, und seitdem man ihm eine Karte gegeben hatte, die ihm garantierte, immer ein Zimmer zu bekommen, egal wo auf der Welt er sich gerade befand, war er ein treuer Kunde. Während er am Kurpark vorbeiging, der rechter Hand lag, malte er sich aus, dass das Wiener Steigenberger Hotel auf dem Dach einen Pool haben würde, von dem aus man die ganzen Sehenswürdigkeiten bequem mit einem Fernglas abhaken könnte.
    Am Kreisel, der sich am anderen Ortsausgang der Hauptstraße befand, pausierte er erneut und studierte eine Gedenktafel. Schloss Wartholz hatte einmal den Habsburgern gehört. Die kaiserliche Familie von Österreich und Angehörige des Hochadels waren hier ein- und ausgegangen. Der Sohn des letzten Kaisers Karl, Otto, war hier geboren worden. Der Poet nickte. Also genau das Richtige für ihn. Er wurde auf Schloss Wartholz erwartet, genau wie Rilke ständig auf irgendwelchen Herrensitzen Europas. Rilke hatte schließlich gar keinen eigenen Wohnsitz mehr gehabt, er war einfach von einer Schlossherrin zur anderen gereist. Der Poet grinste und dachte: Kennst du eine, kennst du alle!
    Tobias betrat wenig später die Schlossgärtnerei, in der ein kleiner Empfang stattfand. Seine Kontrahenten waren alle schon eingetroffen. Er wurde ihnen vom Schlossherrn vorgestellt. Wie immer war auch ein Schweizer unter ihnen. Fünf weibliche und zehn männliche Kollegen, geduldig nahm Tobias ihre Huldigungen entgegen. Einer Frau, die aus dem Kongo stammte und seit vielen Jahren in Österreich lebte, zwinkerte er zu. Ihre prächtige Schönheit konnte ihm zur Gefahr werden. Er wollte sie sogleich auf seine Seite ziehen, um ihr, wenn er mit ihr im Bett war, das Manuskript zu rauben. Tobias war sich sicher, dass kein anderer Vertreter ihm das

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