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French, Tana

French, Tana

Titel: French, Tana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sterbenskalt
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muss. Wieso sollte ich ein Problem
mit Leuten haben, die ich nie kennengelernt habe?«
    »Liv«,
sagte ich. »Tu mir einen Gefallen: Stell dich nicht blöd. Dafür bin ich zu
müde. Wir sind hier im Desperate-Housewives-Land - in einem Wintergarten, verdammt nochmal. Wo ich herkomme, gibt es keine Wintergärten. Bei
uns ging es eher zu wie in Die Asche meiner Mutter. Während
Leute wie du im Wintergarten sitzen und Chianti nippen, hocken Leute wie ich in
irgendeiner Mietwohnung und überlegen, auf welche Töle sie beim Hunderennen das
Arbeitslosengeld verpulvern sollen.«
    Das wurde
mit einem kaum merklichen Zucken der Lippen quittiert. »Frank, aus welcher
Schicht du stammst, wusste ich in dem Moment, als du zum ersten Mal den Mund
aufgemacht hast. Du hast nie ein Geheimnis daraus gemacht. Und ich bin
trotzdem mit dir ausgegangen.«
    »Klar.
Lady Chatterley hat eine Schwäche fürs Grobe.«
    Die
Verbitterung in meiner Stimmer erstaunte uns beide. Olivia sah mich an. In dem
schwachen Licht, das von der Küche hereinfiel, war ihr Gesicht lang und
traurig und schön, wie auf einem Andachtsbild. Sie sagte: »Das hast du nie
gedacht.«
    »Nein«,
räumte ich nach einem Moment ein. »Vielleicht nicht.«
    »Ich
wollte dich. So einfach war das.«
    »Es war
einfach, solange meine Familie nicht mitmischen konnte. Du hast mich gewollt,
ja, aber du hättest niemals meinen Onkel Bertie gewollt, der gern
Furzwettbewerbe veranstaltet, bei denen der Lauteste gewinnt, oder meine
Großtante Concepta, die dir erzählt, sie hätte im Bus hinter ein paar Negern
gesessen und du hättest mal sehen sollen, was die für Köppe haben, oder meine Cousine Natalie, die ihre
Siebenjährige vor ihrer Kommunion ins Sonnenstudio geschickt hat. Ich kann mir
vorstellen, dass ich allein für eure Nachbarn noch kein Grund war, einen
Herzinfarkt zu kriegen, höchstens ein bisschen Herzklabastern, aber wir wissen
beide, wie der Rest des Clans bei Daddys Golfkumpeln oder Mummys Brunchclub
angekommen wäre. Das wäre bei YouTube blitzartig zum Klassiker geworden.«
    Olivia
sagte: »Ich will nicht behaupten, dass das nicht stimmt. Oder dass mir nie der
Gedanke gekommen ist.« Sie schwieg eine Weile, drehte ihr Glas in den Händen.
»Am Anfang, ja, da hab ich gedacht, es hat wahrscheinlich einiges einfacher
gemacht, dass du keinen Kontakt zu ihnen hattest. Nicht dass sie nicht gut
genug waten; bloß ... einfacher. Aber als Holly dann da war ... Durch sie hab
ich alles anders gesehen, Frank, alles. Ich wollte, dass sie Kontakt zu ihnen
hat. Sie sind ihre Familie. Das zählt mehr als ihre Sonnenbankmarotten.«
    Ich lehnte
mich auf dem Sofa zurück, schüttete mehr Wein in mich hinein und versuchte,
meinen Kopf neu zu ordnen, um Platz für diese Informationen zu schaffen. Es
hätte mich eigentlich nicht dermaßen schockieren sollen. Olivia war mir schon
immer ein einziges großes Rätsel, in jedem Moment unserer Beziehung und vor
allem in den Momenten, in denen ich meinte, sie am besten zu verstehen.
    Als wir
uns kennenlernten, war sie Staatsanwältin. Sie wollte einen kleinen
Heroindealer namens Pippy anklagen, der bei einer Drogenrazzia geschnappt
worden war, wohingegen ich ihn laufenlassen wollte, weil es mir in den letzten
sechs Wochen gelungen war, Pippys Busenfreund zu werden, und ich das Gefühl
hatte, seine vielen interessanten Möglichkeiten noch nicht ausgeschöpft zu
haben. Ich besuchte Olivia in ihrem Büro, um sie persönlich zu überzeugen. Wir
stritten uns eine Stunde lang, ich setzte mich auf ihren Schreibtisch und
vergeudete ihre Zeit und brachte sie zum Lachen, und als es dann spät geworden
war, lud ich sie zum Essen ein, damit wir in angenehmer Atmosphäre
weiterstreiten konnten. Pippy bekam ein paar Monate Freiheit zusätzlich, und
ich bekam ein zweites Date.
    Sie war
eine Klasse für sich: schicke Kostüme und dezenter Lidschatten und einwandfreie
Manieren, ein messerscharfer Verstand, endlos lange Beine, ein stählernes
Rückgrat und ein beruflicher Ehrgeiz, den man förmlich schmecken konnte. Ehe
und Kinder waren das Letzte, was sie auf dem Schirm hatte, und das wiederum
betrachtete ich als Grundvoraussetzung für jede gute Beziehung. Ich war noch
dabei gewesen, mich aus einer anderen zu lösen — die siebte oder auch achte,
keine Ahnung -, die fröhlich begonnen hatte, um nach gut einem Jahr, als meine
mangelnden Absichten uns beiden klargeworden waren, in Stagnation und Nörgelei
zu versinken. Wäre die Pille unfehlbar, wären Liv und

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