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French, Tana

French, Tana

Titel: French, Tana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sterbenskalt
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rief
mir in Erinnerung, dass ich das Gespräch mit ihr mehr brauchte als das letzte
Wort. Also sagte ich kleinlaut: »Wahrscheinlich hast du recht.«
    »Natürlich
hab ich recht.«
    »Immerhin
erziehe ich Holly nicht dazu, auch als Heidin zu leben. Sie geht in die
Kirche.«
    Ich hatte
gedacht, Ma würde versöhnlicher, wenn die Rede auf Holly kam, aber diesmal
stachelte es sie nur noch mehr an. Bei ihr weiß man nie. »Sie könnte genauso
gut eine Heidin sein, bei dem, was ich alles nicht mitbekommen hab. Ich hab
ihre Erstkommunion verpasst! Bei meiner ersten Enkeltochter!«
    »Ma, sie
ist deine dritte Enkeltochter. Carmel hat zwei Mädchen, die älter sind als
Holly.«
    »Die
erste, die unseren Namen trägt. Und wie's aussieht, ja wohl auch die letzte.
Ich weiß überhaupt nicht, was Shay so treibt - der könnte Dutzende von
Freundinnen haben, und wir hätten keine Ahnung, er hat in seinem ganzen Leben
noch keine einzige mit nach Hause gebracht, ich schwöre bei Gott, allmählich
geb ich bei ihm die Hoffnung auf. Dein Dad und ich, wir hatten gedacht, Kevin
würde ...«
    Sie biss
sich auf die Lippen und verstärkte das Geklapper ihrer Teevorbereitungen,
knallte Tassen auf Untertassen und Kekse auf einen Teller. Nach einer Weile
sagte sie: »Und jetzt werden wir Holly wohl auch nicht mehr sehen.«
    »Guck
mal«, sagte ich und hielt eine Gabel hoch. »Ist das so blank genug?«
    Ma
schielte nur kurz rüber. »Nein. Reib gefälligst zwischen den Zinken.« Sie trug
die Teesachen zum Tisch, goss eine Tasse für mich ein und schob mir Milch und
Zucker rüber. Sie sagte: »Ich hab Weihnachtsgeschenke für Holly gekauft. Ein
hübsches Samtkleidchen hab ich für sie.«
    »Bis dahin
ist es ja noch eine Weile hin«, sagte ich. »Mal sehen, was dann ist.«
    Ma warf
mir einen Seitenblick zu, den ich nicht deuten konnte, beließ es aber dabei.
Sie holte einen zweiten Lappen, setzte sich mir gegenüber und nahm irgendein
Silberteil in die Hand, das so ähnlich aussah wie ein Flaschenverschluss.
»Trink deinen Tee«, sagte sie.
    Der Tee
war so stark, dass es mich fast umgehauen hätte. Die Leute waren bei der
Arbeit, und auf der Straße war es ruhig bis auf das leise Plätschern des
Regens und das ferne Verkehrsrauschen. Ma arbeitete sich durch allerlei
undefinierbare silberne Dinge; ich polierte das Besteck zu Ende und griff mir
einen Fotorahmen. Er war mit komplizierten Blumen verziert, die ich nie so sauber
kriegen würde, wie meine Ma das erwartete, aber zumindest wusste ich, was es
war. Als ich das Gefühl hatte, dass die Atmosphäre im Raum ruhig genug war,
sagte ich: »Ich wollte dich was fragen. Stimmt es, dass Dad mit Theresa Daly
gegangen ist, bevor du aufgetaucht bist?«
    Mas Kopf
wippte hoch, und sie starrte mich an. Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich
nicht, aber in ihren Augen spielte sich eine Menge ab. »Wo hast du das
gehört?«, wollte sie wissen.
    »Also war
er mit ihr zusammen.«
    »Dein Dad
ist ein verdammter Idiot. Das weißt du doch längst, oder du bist genauso blöd.«
    »Ja, das
weiß ich. Ich wusste nur nicht, dass er auch noch in der Hinsicht ein
verdammter Idiot war.«
    »Die war
doch schon immer ein Plage, dieses Weib. Hat immer eine Schau abgezogen, ist
hinternwackelnd die Straße runterstolziert, hat mit ihren Freundinnen
rumgekreischt und Trara gemacht.«
    »Und Dad
ist drauf reingefallen.«
    »Alle sind
drauf reingefallen. Männer sind beschränkt, sind ganz wild nach so was. Dein
Dad und Matt Daly und die Hälfte der Jungs in den Liberties, alle sind sie um
Tessie O'Byrne rumscharwenzelt. Und die hat's genossen, hat immer drei oder
vier gleichzeitig an der Nase rumgeführt und andauernd mit irgendwem Schluss
gemacht, wenn sie nicht genug Aufmerksamkeit gekriegt hat. Aber alle sind ihr
immer gleich wieder hinterhergekrochen.«
    »Wir
wissen einfach nicht, was gut für uns ist«, sagte ich. »Besonders, wenn wir
jung sind. Dad muss damals ja noch blutjung gewesen sein, nicht?«
    Ma
schniefte. »Alt genug, um es besser zu wissen. Ich war drei Jahre jünger, und
ich hätte ihm sagen können, dass das nie im Leben gut ausgeht.«
    Ich sagte:
»Du hattest schon ein Auge auf ihn geworfen, was?«
    »Ja, hatte
ich. Gott, ja. Du kannst dir das wahrscheinlich heute nicht mehr vorstellen ...«
Ihre Finger auf dem Dingsbums waren langsamer geworden. »Du kannst es dir wahrscheinlich
nicht vorstellen, aber er hat richtig toll ausgesehen, dein Dad, damals. Ganz
volles lockiges Haar und so blaue Augen und dieses

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