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French, Tana

French, Tana

Titel: French, Tana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sterbenskalt
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Diese Info konnte er nur von Imelda bekommen haben, und mir fiel nur
ein Grund ein, warum Dad irgendwo in ihrer Nähe gewesen sein mochte. Ich war
immer davon ausgegangen, dass Dad, wenn er für ein paar Tage einfach
verschwand, auf der Jagd nach Hochprozentigem war. Sogar nach allem, was er
getan hatte, war mir niemals in den Sinn gekommen, dass er meine Ma betrog —
und selbst wenn ich daran gedacht hätte, hätte ich vermutet, dass er
alkoholbedingt außerstande wäre, irgendetwas in dieser Richtung zu tun. Meine
Familie ist einfach immer für eine Überraschung gut.
    Vielleicht
hatte Imelda ihrer Ma gleich erzählt, was Rosie ihr erzählt hatte -
Vertraulichkeiten unter Frauen, Suche nach Aufmerksamkeit, keine Ahnung -,
vielleicht hatte sie auch eine Andeutung gemacht, als mein Dad bei ihnen war,
nur eine ganz kleine, damit sie sich schlauer fühlen konnte als der Mann, der
ihre Mutter vögelte. Wie gesagt, mein Dad ist kein Idiot. Er hätte zwei und
zwei zusammengezählt.
    Als ich
diesmal bei Imelda klingelte, machte niemand auf. Ich trat zurück und
beobachtete ihr Fenster: Hinter den Gardinen bewegte sich etwas. Ich hielt die
Klingel gut drei Minuten lang gedrückt, ehe sie sich barsch über die
Sprechanlage meldete. »Was?«
    »Tagchen,
Imelda. Ich bin's, Francis. Überraschung.«
    »Verpiss
dich.«
    »Na na,
Melda, sei lieb. Ich muss mit dir reden.«
    »Ich hab
dir nichts zu sagen.«
    »Schade.
Aber ich hab gerade nichts Besonderes vor, also warte ich gegenüber in meinem
Auto, so lange wie es sein muss. Das ist der silberne Mercedes älteren
Baujahrs. Wenn dir das Spielchen langweilig wird, komm runter, wir unterhalten
uns nur ganz kurz, und dann lass ich dich bis ans Ende deiner Tage in Ruhe.
Falls mir vorher langweilig wird, fang ich an, mich in der Nachbarschaft
umzuhören. Alles klar?«
    »Verpiss
dich.«
    Sie legte
auf. Imelda konnte schon immer mächtig auf stur schalten. Ich richtete mich
darauf ein, dass es mindestens zwei oder drei Stunden dauern würde, bis sie
einknickte und zu mir runterkam. Ich ging zurück zu meinem Wagen, drehte Otis
Redding laut auf und öffnete das Fenster, damit die Nachbarn auch was davon
hatten. Es stand in den Sternen, ob sie mich für einen Bullen halten würden,
einen Drogendealer oder einen Geldeintreiber. Nichts davon würde gut ankommen.
    Um diese
Tageszeit war auf der Hallows Lane alles ruhig. Ein alter Knacker mit einem
Rollator und eine Alte, die ihre Türklinke wienerte, führten ein langes
verärgertes Gespräch über mich, und zwei flotte Mummys, die vom Einkaufen kamen,
beäugten mich aus den Augenwinkeln. Ein Typ in einem glänzenden Trainingsanzug,
der offensichtlich jede Menge Probleme hatte, verbrachte volle vierzig Minuten
vor Imeldas Haus, schwankte hin und her und setzte all seine noch verbliebenen
Hirnzellen ein, um im Zehnsekundentakt »Deco!« zum obersten Fenster
hinaufzubrüllen, doch Deco war anderweitig beschäftigt, und schließlich
torkelte der Typ von dannen. Gegen drei hievte sich jemand, bei dem es sich
offensichtlich um Shania handelte, die Stufen zu Nummer 10 hoch und ging
hinein. Isabelle kam kurz danach nach Hause. Sie sah haargenau so aus wie
Imelda in den Achtzigern, bis hin zu der trotzigen Kinnlade und dem
langbeinigen Leck-mich-doch-Gang. Ich konnte nicht sagen, ob sie mich traurig
machte oder mir Hoffnung gab. Jedes Mal, wenn die vergilbten Gardinen wackelten,
winkte ich.
    Um kurz
nach vier, als es dunkel wurde, Genevieve von der Schule nach Hause gekommen
war und ich zu James Brown gewechselt hatte, klopfte jemand an mein
Beifahrerfenster. Es war Rocky.
    Ich soll
mich von dem Fall fernhalten, hatte ich zu Imelda gesagt; ich setze
meinen Job aufs Spiel, schon allein dadurch, dass ich hier bin. Ich war
unschlüssig, ob ich sie verachten sollte, weil sie mich verpfiffen hatte, oder
ihren Einfallsreichtum bewundern. Ich schaltete die Musik aus und ließ die
Scheibe runter. »Detective. Was kann ich für Sie tun?«
    »Mach die
Tür auf, Frank.«
    Ich hob
die Augenbrauen, tat verwundert über seinen barschen Ton, aber ich beugte mich
rüber und entriegelte die Tür. Rocky stieg ein und knallte sie fest zu. »Und
jetzt fahr«, sagte er.
    »Bist du
auf der Flucht? Ich kann dich im Kofferraum verstecken, wenn du willst.«
    »Ich bin
nicht zu Spaßen aufgelegt. Ich verfrachte dich von hier weg, ehe du den armen
Mädchen noch mehr Angst einjagen kannst.«
    »Ich bin
bloß ein Mann in seinem Auto, Rocky. Ich sitze hier und nehme mir Zeit

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