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French, Tana

French, Tana

Titel: French, Tana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sterbenskalt
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deine Alte erst mal weg
wäre, würdest du kapieren, dass deine Familie dich braucht.« Er beugte sich
über den Tisch vor, das Kinn vorgeschoben, und seine Stimme wurde gepresster.
»Und du warst es uns schuldig. Mir und Ma und Carmel, wir drei hatten dich dein
ganzes Leben lang gut versorgt und beschützt. Wir haben uns zwischen dich und
Dad gestellt. Carmel und ich sind früher von der Schule runter, damit du einen
anständigen Abschluss machen konntest. Wir hatten ein verdammtes Recht auf
dich. Diese Rosie Daly hatte kein Recht, das kaputt zu machen.«
    »Und
deshalb hattest du das Recht, sie zu ermorden.«
    Shay biss
sich auf die Unterlippe und griff wieder nach seinen Zigaretten. Er sagte
lapidar: »Nenn es, wie du willst. Ich weiß, was passiert ist.«
    »Alle
Achtung. Und wie war das mit Kevin? Wie würdest du das nennen? War das Mord?«
    Shays
Gesicht verschloss sich, mit einem Klirren wie ein Eisentor. Er sagte: »Ich
habe Kevin nie was getan. Niemals. Ich würde mich nie an meinem eigenen Bruder
vergreifen.«
    Ich lachte
laut auf. »Ja, klar. Und wieso ist er dann aus dem Fenster geflogen?«
    »Gefallen.
Es war dunkel, er war betrunken, das Haus ist nicht sicher.«
    »Da hast
du verdammt recht. Und Kevin wusste das. Also was hatte er da überhaupt zu
suchen?«
    Achselzucken,
leerer blauer Starrblick, Feuerzeugschnippen. »Woher soll ich das wissen? Ich
hab gehört, manche Leute meinen, er hatte ein schlechtes Gewissen. Und ziemlich
viele Leute denken, er wollte sich mit dir treffen. Ich glaube eher, er war
vielleicht auf irgendwas gestoßen, das ihm keine Ruhe ließ, und hat versucht,
sich einen Reim drauf zu machen.«
    Er war zu
clever, um von allein darauf zu sprechen zu kommen, dass der Brief in Kevins
Tasche gefunden worden war, und intelligent genug, um das Gespräch trotzdem in
diese Richtung zu steuern. Der Drang, ihm die Zähne einzuschlagen, wuchs
unaufhaltsam. Ich sagte: »Das ist also die Version, bei der du bleiben willst.«
    Shay sagte
so endgültig wie eine zufallende Tür: »Er ist gestürzt. So ist es gewesen.«
    Ich sagte:
»Ich erzähl dir jetzt mal meine Version.« Ich nahm eine von Shays Zigaretten,
goss mir noch einen Schuss Whiskey ein und lehnte mich ins Halbdunkel zurück.
»Es waren einmal vor langer Zeit drei Brüder, genau wie im Märchen. Und eines
Nachts wachte der Jüngste auf, und irgendwas war anders: Er hatte das
Schlafzimmer für sich allein. Die beiden anderen Brüder waren weg. Das war an
und für sich keine große Sache, nicht zum damaligen Zeitpunkt, aber es war doch
so ungewöhnlich, dass er sich am nächsten Morgen daran erinnerte, als nur ein
Bruder wieder nach Hause gekommen war. Der andere kehrte nicht zurück -
jedenfalls zweiundzwanzig Jahre lang nicht.«
    Shays
Gesicht war reglos geblieben, kein einziger Muskel zuckte. Ich sagte: »Als der
verlorene Bruder endlich nach Hause kam, suchte er nach einem toten Mädchen,
und er fand es. Sogleich dachte der Jüngste zurück und erinnerte sich plötzlich
an die Nacht, in der sie gestorben war. Das war die Nacht, in der seine beiden
Brüder verschwunden waren. Einer von ihnen war in jener Nacht aufgebrochen, um
sie zu lieben. Der andere war aufgebrochen, um sie zu töten.«
    Shay
sagte: »Ich hab dir doch schon gesagt: Ich wollte ihr nichts tun. Und du
denkst, dass Kev so clever war, sich das alles zusammenzureimen? Das soll wohl
ein Witz sein.«
    Die
barsche Erbitterung in seiner Stimme ließ erkennen, dass ich nicht der Einzige
war, der sein Temperament mühsam zügeln musste, und das war gut zu wissen. Ich
sagte: »War nicht besonders schwierig. Und es hat den armen Kerl völlig
fertiggemacht, als er die Sache allmählich durchblickte. Schließlich wollte er
es nicht glauben, verstehst du? Er konnte den Gedanken nicht ertragen, dass
sein eigener Bruder ein Mädchen ermordet hatte. Ich würde sagen, er hat seinen letzten
Tag auf Erden damit verbracht, verzweifelt nach irgendeiner anderen Erklärung
zu suchen. Er hat mich zigmal angerufen, weil er gehofft hat, ich würde ihm
eine liefern oder ihm wenigstens den ganzen Mist abnehmen.«
    »Geht es
darum? Du hast ein schlechtes Gewissen, weil du die Anrufe deines kleinen
Bruders nicht angenommen hast, und jetzt suchst du nach einer Möglichkeit, mir
die Schuld in die Schuhe zu schieben?«
    »Ich hab
mir deine Version angehört. Jetzt lässt du mich meine zu Ende erzählen. Sonntagabend
war Kev schließlich mit den Nerven fertig. Und, wie du selbst gesagt hast, er
hatte

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