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French, Tana

French, Tana

Titel: French, Tana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sterbenskalt
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eventuell nicht
mehr vor Ort wäre, wenn sie einträfen. Der Techniker meldete pingelige Bedenken
an, von wegen Durchsuchungsbeschluss, bis ich ihm erklärte, dass jedweder
mögliche Verdächtige das Haus ohnehin nur unbefugt hätte betreten können und
der Schutz der Privatsphäre somit wegfiel. Als er weitermeckerte, teilte ich
ihm mit, dass das Haus seit mindestens dreißig Jahren praktisch ungehindert
von der Öffentlichkeit genutzt wurde und daher nach dem Besitzrecht ein
öffentlicher Ort sei, womit kein Durchsuchungsbeschluss erforderlich war. Ich
war mir nicht sicher, inwieweit das alles vor Gericht Bestand hätte, aber das
war ein Problem für später, und der Techniker erhob keinerlei Einwände mehr.
Ich speicherte ihn in meiner geistigen Datenbank zur späteren Verwendung unter
unnützes Arschloch ab.
    Kevin und
ich setzten uns auf die Stufen vor Nummer 1 1, wo jetzt die Studenten wohnten, um auf den Techniker und
seine Leute zu warten, nah genug, um eine gute Sicht zu haben, weit genug weg,
um mit ein bisschen Glück nicht mit dem in Verbindung gebracht zu werden, was
weiter oben an der Straße passieren würde. Falls alles so ablief, wie ich es
mir vorstellte, war es wichtig, dass die Leute am Place mich weiter als
Heimkehrer sahen, nicht als Bullen.
    Ich
zündete mir eine Zigarette an und hielt Kevin die Packung hin, aber er
schüttelte den Kopf. »Was machen wir hier?«, fragte er.
    »Wir
bleiben aus der Schusslinie.«
    »Musst du
nicht dabei sein?«
    »Die von
der Spurensicherung sind große Jungs«, sagte ich. »Und Mädchen. Die machen ihre
Arbeit auch, ohne dass ich ihnen das Händchen halte.«
    Er blickte
noch immer unsicher. »Hätten wir nicht ...? Du weißt schon. Erst mal nachsehen
sollen, ob da überhaupt was ist, statt gleich die Polizei zu alarmieren?«
    Überraschenderweise
war ich selbst auch schon auf diese Idee gekommen. Es hatte mich all meine
Willenskraft gekostet, die Betonplatte nicht hochzustemmen, notfalls mit den
Fingernägeln. Ich schaffte es, ihm nicht den Kopf abzureißen. »Beweismittel«,
sagte ich. »Die Techniker haben die Ausrüstung, um Spuren sachgemäß zu
sichern, und wir nicht. Hätte noch gefehlt, dass wir ihnen alles vermurksen.
Vorausgesetzt natürlich, dass da überhaupt was ist.«
    Kevin
verlagerte das Gewicht, um seinen Hosenboden zu überprüfen. Die Stufen waren
nass, und er trug noch immer seine guten Arbeitsklamotten vom Vortag. Er sagte:
»Du hast dich am Telefon ziemlich sicher angehört.«
    »Ich
wollte, dass sie herkommen. Heute, nicht irgendwann nächste Woche, wenn sie mal
Lust auf einen Nachmittagsausflug haben.«
    Aus den
Augenwinkeln sah ich, dass Kevin mir einen Seitenblick zuwarf, verwundert und
ein bisschen misstrauisch. Danach schwieg er, wischte sich Staub und Spinnweben
von der Hose, den Kopf gesenkt, was mir nur recht war. Geduld ist Teil meines
Jobs, und ich gelte gemeinhin als jemand, der ein Talent dafür hat, doch nach
einer gefühlten Woche Wartezeit spielte ich ernsthaft mit dem Gedanken, zur
Kriminaltechnik zu fahren und den Techniker an seinen verkümmerten kleinen
Eiern von World of Warcraft wegzuzerren.
    Shay trat
aus dem Haus, in den Zähnen stochernd, und kam zu uns herübergeschlendert. »Was
liegt an?«, fragte er.
    Kevin
setzte an, etwas zu sagen, aber ich kam ihm zuvor. »Nicht viel.«
    »Ich hab
dich bei den Cullens reingehen sehen.«
    »Gute
Augen.«
    Shay
blickte die Straße rauf und runter; ich sah, wie die noch halboffene Tür von
Nummer 16 seine Aufmerksamkeit erregte. »Wartet ihr auf was?«
    »Bleib
hier«, sagte ich, grinste zu ihm hoch und klopfte neben mir auf die Stufe.
»Vielleicht findest du's bald raus.«
    Shay schnaubte,
doch nach einem Moment stieg er die Stufen hoch und setzte sich auf die
oberste, mit den Füßen neben meinem Gesicht. »Ma sucht dich«, sagte er zu
Kevin. Kevin stöhnte. Shay lachte und klappte seinen Kragen gegen die Kälte
hoch.
    In dem
Augenblick hörte ich Autoreifen auf Kopfsteinpflaster, gleich um die Ecke. Ich
zündete mir eine neue Zigarette an und sank auf den Stufen in mich zusammen,
machte auf anonym und leicht heruntergekommen - wobei Shay mir netterweise
allein schon dadurch half, dass er einfach da war. Wie sich herausstellte, war
das gar nicht nötig: Zwei Uniformierte in einem Streifenwagen und drei Jungs
von der Kriminaltechnik sprangen aus ihrem Van, und ich kannte keinen von
ihnen.
    »Jesses«,
sagte Kevin, leise und beklommen. »Das ist ja 'ne halbe Armee. Sind die

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