Fressen ihn die Raben - Alpen Krimi
eines Käuzchens lag Stille über dem Tal.
Der Bach, der sich durch die Wiese zum See schlängelte, murmelte. Mit großen Sprüngen überwandt die menschliche Silhouette sumpfige Stellen und hielt vor der Hüttenwand an. Erneut schoben sich Wolken vor den Halbmond, der Gras und See silbrig -schillernd anleuchtete. Fingerspitzen glitten die grobe Maserung der Holzschindeln entlang, die Hüttentür kam immer näher.
Leicht erhöht, jenseits über dem See, lag das Koglerhaus als dunk ler Block da. Das Mondlicht trennte die vielen Grautöne der Landschaft und zeigte die Umrisse.
Die Finger tasteten den Türrahmen ab und streiften über die Wandschindeln. Plötzlich hielten sie an. Eines der Holzteile war locker. Die Hand glitt darunter, förderte nach einigem Gefummel einen altertümlichen Bartschlüssel zutage. Im Niederdrücken der Klinke öffnete sich die Tür, die Hütte war unverschlossen. Aus dem Inneren war kein Laut zu vernehmen. Wie zur Kontrolle verharrte der Mensch eine Zeit lang ohne einzutreten, dann zog er die Tür zu, steckte den Schlüssel nach einigen Versuchen ins Schloss und drehte ihn, bis die alte Eisenmechanik einrastete. Noch ein Kon trollgriff, die Hüttentür war zugesperrt. Sicherer als zu Beginn fanden die Finger die lockere Schindel und platzierten den Schlüssel an seinen Ort.
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Kein Empfang
Die Stimmung in der Küche war angespannt. Das Austeilen der vorbereiteten Speisen verlief zwar routiniert, dazwischen aber gab es ständig Ansätze von Diskussionen, Gegrummel und abgebrochenen Sätzen. Gundi war stinksauer, denn das Satellitentelefon war immer noch unauffindbar. Die Belegschaft im Haus war durch die wütenden Beschuldigungen der Hauswirtin schlecht gelaunt. Von Diebstahl bis Verschlampen spannten sich ihre Vorwürfe. In der Saison hockten alle eng aufeinander, da war es wichtig, Spannungen zu vermeiden. Ihre Worte waren beleidigend.
Natürlich hatte die Hüttenwirtin Grund zur Sorge. So ein Telefon war eine Lebensversicherung für das Haus und die Gäste. Immer wieder kam es vor, dass ein Bergwanderer sich übernommen hatte und zur Unzeit kollabierte. Wie konnte da die Luftrettung gerufen werden, wenn der Fernsprecher fehlte?
Und jetzt die Hand, die im Keller lag. Gundi hatte sie nur Johan nes gezeigt und mit niemandem sonst darüber gesprochen. Ihr Bruder, mit dem sie die Wirtschaft am Berg führte, hatte sich nur den Kopf gekratzt. Was sollte er auch groß sagen? Konnte solch ein Körperteil nicht von überall her einfliegen? Ein Arbeitsunfall beim Saalfelder Sägewerk jenseits der nahen Grenze zum Beispiel war schnell passiert, und die Kolkraben hatten die Kraft, auch größere Stücke weit zu tragen.
Nachdem der erste Schwung hungriger Gäste bedient worden war, leerte sich die Küche. Für die spätere Kaffee- und Kuchenausgabe waren nur zwei Helfer nötig.
Gundi dachte nach. Wegen der Hand hatte sie mit ihrem Bruder noch keine weiteren Schritte besprochen, bis jetzt hatte sie auf das Wiederauftauchen des Telefons gehofft. Doch die Reaktion ihrer Mitarbeiter ließ sie umdenken.
»Johannes«, rief sie in den Spülraum, wo er mit Moni gerade Ge schirr und Töpfe stapelte, immer bemüht, ihr die schweren Tei le abzunehmen, »wann kommt der Hubschrauber?« Das Haus erwartete noch eine Lieferung all dessen, was das Angebot einer Berghüttenküche ausmachte.
»Vielleicht heute, diese Woche war jedenfalls ausgemacht. Das Wetter kann fix umschlagen, ich meine, die müssten das schöne Flugwetter nutzen«, rief er zurück und nahm dabei Moni einen Stapel dicker Kantinenteller aus den Händen, die sie von der Spü le zum Schrank tragen wollte. Als sich ihre Finger berührten, huschte ein Lächeln über sein Gesicht.
»Zu dumm, dass wir nicht anrufen können«, klagte seine Schwester wieder. »Wenn der Hubschrauber kommt, brauch ich dich hier im Haus aber zum Tragen«, setzte sie nach kurzem Überlegen hinzu. »Moni, komm doch mal«, rief sie.
Gundi versuchte, im trüben Licht des Kellerraums in Monis Gesicht zu lesen. »So, jetzt weißt du Bescheid. Der Gast, der die gefunden hat, ist noch im Haus. Morgen steigt der nach Sankt Nepomuk ab.« Beim Anblick des abgetrennten Körperteils hatte die Küchen hilfe nur stumm die Augenbrauen gehoben. »Wir können nicht so tun, als ob nix passiert ist. Der Finder wird im Tal reden. Und da wir kein Telefon haben«, sie knetete dabei energisch ihre Hände, »muss wer ins Tal. Sonst heißt es noch, wir hätten uns
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