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Fressen ihn die Raben - Alpen Krimi

Titel: Fressen ihn die Raben - Alpen Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Prolibris Verlag Rolf Wagner
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einem Imbiss .
    In den Kreisen der Luckauer Bürgerschaft auch jenseits der kahlrasierten Specknacken war allein diese Fressbude schon ein Ärgernis. Sie zerstörte in ihren Augen die Anmut der frisch renovierten, spätbarocken bis gründerzeitlichen Häuserfronten. Eine Inderin hinter der Theke empfanden viele da als zusätzlichen Makel.
    Trotzdem war der im Grölen und Trinken Begabte so sehr für Aruna entbrannt, dass er sich von seiner Hedwig trennen wollte. Den Grund versuchte er vergeblich zu verheimlichen. Dafür war er zu oft am Marktplatz gesehen worden, besonders nach Imbissschluss.
    Die Verschmähte, Jahrgangsbeste ihrer Chemieklasse, war tief verletzt. Sie sah neben ihrer auch die Ehre der ganzen Kameradschaft beschmutzt. So fügte sie Extramengen ihres Haarfärbemittel Wasserstoffperoxyd und mehrere Fläschchen Nagellackentferner vorsichtig zusammen. Es entstand eine weiße Substanz, die am Boden des Gemisches ausflockte. Schwefelsäure spielte bei der Gewinnung des Explosionsstoffes ebenfalls eine nicht unbedeutende Rolle. Den gewonnenen Stoff mischte sie mit Fensterkitt und hatte nun eine formbare, explosionsfähige Masse.
    Später präparierte sie die Reisetasche ihres teutonischen Freundes mit mehreren Lagen des Knetsprengstoffes, einem Initialzünder und einem alten Mobiltelefon. Die Idee dazu hatte sie sich bei einem der immer gleichen Bierabende im Freundeskreis ihres Verlobten abgelauscht. Zu irgendetwas musste es ja gut sein, als weiblicher Anhang dabeizusitzen.
    Ihre Bastelarbeit hatte sie unter eine Butterbrotdose in seine Reisetasche gelegt. Hedwig wusste, dass ihr Nochverlobter in Begleitung seiner Kameraden eher dem Bier als einer nahrhaften Knifte zusprechen würde. Trotzdem wollte sie den Eindruck einer fürsorglichen, deutschen Frau aufrecht erhalten.
    Nach ihrer zündenden SMS war die Butterbrotdose in die Luft geflogen, dann die Tasche explodiert. In der unter dem Bodenblech des Busses befindlichen Kraftstoffleitung hatte sich der zerstäubende Diesel entzündet. Die tragischerweise fast leeren, und damit besonders explosionsfreudigen Tanks waren sofort detoniert. Dazwischen zerriss es den als Verräter geschmähten, in Aruna verliebten Nationalisten tödlich. Die anderen Opfer, darunter der vor ihm sitzende Kameradschaftsführer, waren in der Betrachtung des BLKA wie auch der Ermittler in Brandenburg nicht beabsichtigt gewesen. Hedwig hatte nämlich vorgehabt, die Bombe im Freien zu zünden, wenn die Männergruppe noch marschierte. Sie hatte den Sprengstoff passend für nur eine Person berechnet, gab sie in ihrer Vernehmung zu, und war nicht davon ausgegangen, dass die Gruppe schon wieder im Bus saß, als sie die SMS schickte.
    Die Bombenexplosion, die zuerst nach einem Husarenstück des Mossad aussah, fand ihre Erklärung in den Abgründen verschmähter Liebe, umweht vom Duft einer Imbissbude.

Weiche Semmeln
    Als Elke mit Manfred am anderen Morgen den Frühstücksraum betrat, brachen die Gespräche der übrigen Gäste ab. Die Kölnerin nickte in die Runde und wollte an einem gedeckten Tisch am Fens ­ter Platz nehmen.
    »Den nicht!«, bremste die Serviererin im Dirndl sie aus. Gleichzeitig wies sie auf eine fensterlose Ecke, die zu allem Überfluss noch durch eine Holzverkleidung verdeckt war. »Der Tisch am Fenster ist für Dauergäste reserviert«, erklärte sie und schob zwei Stühle zurecht.
    »Ja sicher, wir hatten ja nur eine Nacht«, gab Elke zu und sah auf Manfred, der sich setzte. »Wir wollen ja auch niemandem etwas wegnehmen, nicht wahr?«
    »Tee, Kaffee?« Die Servierkraft spulte die Frühstücksroutine ab, ohne weiter auf die Tischvergabe einzugehen. Obwohl die Holzverkleidung einen freien Blick zu den anderen Gästen verhinderte und beide sich eigentlich hätten ungestört fühlen können, war das Gegenteil der Fall.
    Schon beim Betreten des Raums hatte Elke ein Gefühl übermannt, als wäre sie splitternackt auf dem Marktplatz einer Provinzstadt erschienen. Während sie wortlos ihre Brötchen aufschnitten, konnten sie den wieder einsetzenden Unterhaltungen folgen.
    Die ausnahmslos grauhaarigen Gäste, wie zu erwarten teilweise aus Holland, waren alle keine Bergwanderer. Diesen Umstand machte aber in deren Augen die Tatsache wett, dass sie schon ihr halbes Leben in diese Pension am Königssee kamen, um im Flachland spazieren zu gehen. Die Berge seien, meinte eine Dame mit spitzer Stimme, ja von Weitem am schönsten. Zustimmendes Ge murmel. Die Dinge schienen ihren

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