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Fressen ihn die Raben - Alpen Krimi

Titel: Fressen ihn die Raben - Alpen Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Prolibris Verlag Rolf Wagner
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Tagesablauf war sportlicher Kondition abträglich. Wieder einmal, streng genommen jedes Jahr, musste er das erkennen.
    Sein Hund, ein dynamischer Sucher und Aufspürer, lief ohne Leine vor ihm her. Unerbittlich verlangte das Tier den Weitermarsch. Der Autohändler kletterte schwitzend und ächzend über die bemoosten Felsbrocken und den grobschottrigen Pfad. Vor ihm wartete sein treuer Begleiter, lief zurück zum Herrn und sprang wieder weiter. So ein Motivations-Gen müsste ich in mei ne Verkäufer verpflanzen können, dachte der Wanderer beeindruckt und wischte sich die Stirn.
    Nur langsam hellte der Tag auf, wurden die Konturen der Landschaft sichtbar. Bei jedem Halt merkte er, wie kalt es noch war. Als er sich völlig entkräftet den Forderungen seines Draht haares widersetzte und demonstrativ ei ne längere Pause einleg te, hatte die Sonne begonnen, die harzigen Zirbelstämme zu beschei nen. Er sog die würzige Luft ein, schloss die Augen und legte sich am Wegrand aufs Moos. Seinen Hund ließ er Hund sein und lauschte dem leisen Wipfelrauschen.
    Er musste eingeschlafen sein, denn jäh schreckte er hoch und fühlte sich orientierungslos. Er lauschte. Immer noch herrschte Stille, aber wo war sein Jagdhund? Als er sich erhob und umblickte , gleißte links unter ihm, durch Baumstämme halb verdeckt, die Wasserfläche eines Sees im Sonnenlicht. Der Autohändler überlegte kurz, dann war er sich sicher. Das musste der Grünsee sein. Er pfiff und horchte. Endlich, beim zweiten Signal, antwortete das Tier aus Seerichtung. Das heisere Bellen kannte er so gut wie den Ruf eines eigenen Kindes. Wenn der Bursche nicht zu ihm kam, hatte das eine Bedeutung. Aber wir sind nicht auf der Jagd, dach te er und fluchte. Nicht, dass sein Deutsches Drahthaar was gerissen hatte? Schnell machte er sich zu ihm auf und durchquerte den Lärchenwald. Niedriges Gestrüpp schlug ihm gegen die Beine.
    Abrupt blieb er stehen. Mitten im Atmen hielt er die Luft an. Treuherzig saß der Vierbeiner auf den Hinterläufen und blickte ihn an. Vor dem Tier lag ein Mensch, oder das, was davon übrig war. Mit Jägerblick erkannte der Autogroßhändler sofort die un zähligen Hirschspuren im Waldboden. Jetzt, in der Brunft, war das Wild unberechenbar. Er rief seinen Hund zu sich und ging mit tas­ tenden Schritten zum Körper am Boden. Ein Jägerhemd unter einer braunen Weste und Kniebundhosen konnte er gut erkennen. Aber etwas schien nicht zu stimmen. Er zuckte zurück, ein Schreckens­ laut entwich seiner Kehle. Der Leiche fehlte der Kopf. Und dann, nach dem ersten Schock, fiel ihm auf, dass noch ein Arm abgetrennt worden war.
    Wie um sich abzulenken, konzentrierte er sich auf die Abdrücke am Boden. Alles voller Hirschhufe. Angesichts des gefledderten Leichnams vermisste er die Wildschwein-Spuren. Aber für Wildfraß, wusste er, stehen auch andere Tiere. Er dachte an den behutsamen Fuchs, dessen Pfoten im Durcheinander jedoch nicht erkennbar waren. Und an die Nagetiere aller Art. Langsam stieg ihm der Geruch des Körpers in die Nase. Er wich aus. Wie lange der hier schon liegen musste, fragte er sich und überlegte, was zu tun sei. Sein Mobiltelefon zeigte keinen Empfang. Gut so, dachte er lächelnd, deswegen bin ich ja in den Bergen. Aber jetzt? Er konnte nur vor oder zurück, hoch oder runter.
    »Vorwärts immer, rückwärts nimmer«, stieß er mit einem Mal hervor und ging los. Sein Hund musste bei Fuß folgen.

    Im Koglerhaus hatte Elke sich nach dem üblichen Gedränge im Waschraum, den Gerüchen aus den Toilettenkabinen und der Hast der Gäste auf der Treppe in die Schlange zur Frühstücksausgabe eingereiht. Gundi knallte ihr mit einem frischen »Passt schon« einen Becher Kaffee auf das Tablett, auf dem bereits die abgezählten Brotscheiben, Butter und Marmelade lagen. Elkes eigener Vorrat war inzwischen aufgebraucht. Sie nickte und lächelte den Küchenkräften zu. Hinten am Herd rührte Moni in einem großen Topf und erwiderte den Gruß zögernd.
    Elke setzte sich in die Stube, draußen war es für ein entspanntes Frühstück zu windig und kalt. Beim Schmieren der Brote hörte sie den Leuten am Nachbartisch zu, die eifrig ihre Tagesroute be sprachen. Aufgeregte Freude ging von ihnen aus. Sie konnten gar nicht schnell genug wieder in die Berge hinaus.
    Ich muss bald heim, dachte sie und überlegte, wann sie absteigen müsse. Eine Woche Aufenthalt war sicher mehr als genug, auch wenn sie nicht jede Nacht hier oben verbracht hatte. Da war noch

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