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Fressen ihn die Raben - Alpen Krimi

Titel: Fressen ihn die Raben - Alpen Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Prolibris Verlag Rolf Wagner
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Wiedersehen geben.

Sonnenterrasse
    Schartauer kniete vor der kleinen Höhle im kalksteinigen Grund. Vom Hubschrauberpiloten hatte er sich seinen Koffer bringen lassen, aus dem er jetzt eine Kamera nahm. Ein Blitzlicht zuckte und erhellte den Hohlraum für den Bruchteil einer Sekunde. Der Ermittler wollte den Fundort unverändert auf das Foto bannen. Dann nestelte er ein Paar dünne Latex-Handschuhe aus der Ho sen ­ tasche, wozu er sich hinstellen musste, und zog sie über. Das leise Grunzen und Stöhnen, als er sich erneut hinkniete und seinen Arm bis zum Fundstück in das Felsloch hineinsteckte, ließ den sportlicheren Hundeführer, der nach dem Fund immer noch ne ben ihm stand, verächtlich grinsen.
    »Ah, da hab ich es«, zischte der Ermittler durch die Zähne und hielt kurz danach eine vielleicht sechzig Zentimeter lange, grüne Stoffrolle in der Hand. Der Hund Ramses winselte sehnsüchtig.
    Die Männer besahen sich den Gegenstand, der nun, an der sonnigen Luft, stark nach Verwesung roch. Als Schartauer beide Enden anfasste, knickte die Rolle in der Mitte ein. Braunrotes Fleisch und ein Stück weißer Knochen wurde sichtbar.
    »Ich glaube«, er spürte ein Prickeln aller Schweißdrüsen auf seinem Rücken, »wir haben hier den passenden Arm zur Hand. Was sagst du?« Je länger sein Blick auf dem Fundstück lag, desto deutlicher erkannte er den mit Blut vollgesogenen Schulteransatz des Hemdes und die Manschette. Vorsichtig tastete er den Stoff ab und fühlte das darunter befindliche Fleisch. »Das war kein mage­rer Mensch, denke ich. Der Oberarm ist ziemlich gewichtig.« Er verstaute den Fund in einem großen Plastikbeutel, den er aus dem Koffer hervorgeholt hatte.
    Nachdem Schartauer die Karsthöhle intensiv abgeleuchtet hat te, ohne weitere Leichenteile zu entdecken, ging er zur Tatortdokumentation über. Mit einem Kreuz aus roter Leuchtfarbe kennzeichnete er, für den nächsten Hubschrauberpiloten gut sichtbar, den Fundort. Dann machte er Fotos vom Gelände und der Höh le, maß die Entfernung zum Materl und von dort zum Eichstätter Weg. Er rief dem Piloten zu, ob er den Arm-Fund nicht in einer seiner Karten einzeichnen könne, und notierte die Zeit, die der Gang vom Weg über das Zirbenmaterl zu dem Hohlraum dauerte.
    Der Hundeführer hatte in der Zwischenzeit mit seinem Tier die Umgebung bestreift. Plötzlich hatte die Spürnase Witterung aufgenommen und wie wild an der Leine gezogen, um abrupt wieder anzuhalten und sich auf seine Hinterpfoten zu setzen. Der Hundeführer sah sich aufmerksam den Felsgrund vor seinem Hund an und rief Schartauer herbei. Der Ermittler kniete sich erneut auf die Felsplatten und blickte schräg zur Sonne auf den Boden.
    »Weißt, getrocknetes Blut glänzt metallisch, je wie das Licht einfällt.« Er sah zu seinem Kollegen hoch und tippte auf eine Stelle. »Hier, und da auch. Tropfen, würd ich sagen, und so was wie eine Wischspur.« Er sah in die weite Landschaft. »Kommt aus dem Nichts und endet im Nichts. Merkwürdig.« Aus seinem Koffer nahm er einen Operationsspatel und kratzte vorsichtig von jedem der Flecken am Boden etwas ab. Behutsam ließ er das mit vermeintlichem Menschenblut vermischte Kalksteinpulver in zwei kleine Pergamenttütchen rieseln und verstaute alles. Anschließend markierte er auch diese Stelle.
    War hier am Zirbenmaterl jemand getötet worden oder sah er nur einen Ablageort für Körperteile? Das könnten bei Zeiten die Spurensicherer rausfinden, war er sich sicher. Mit all ihren Geräten sah er sie schon in weißen Overalls über die Felsen schleichen. Ein Hubschrauber würde gar nicht reichen, die alle samt Gepäck ins Steinerne Meer zu fliegen.
    »Der Hund hat nicht zufällig noch was zu finden?«
    Der gefragte Hundeführer schüttelte langsam den Kopf. »Die Nase ist jetzt müde, der braucht seine Zeit.«
    Schartauer nickte und zuckte die Schultern. »Kann man nix ma chen, will ja keinen Ärger mit der Hundegewerkschaft.«

    Nachdem sie wieder den Hubschrauber bestiegen hatten, flog der Pilot sie so dicht wie möglich über die Felsen entlang des Weges. Irgendwo hier, war den Insassen klar, könnten noch mehr Teile eines Menschen liegen. Denn bisher waren nur eine Hand und ein Arm aufgetaucht.
    »Wir fliegen die ganze Zeit in österreichischem Hoheitsgebiet«, erklärte der Pilot den beiden anderen Polizisten an Bord. Der Eichstädter Weg 412 lag mit dem Zirbenmaterl schon ein gutes Stück hinter der Grenze. Der Weg 401, die südliche Querverbindung

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