Fressen ihn die Raben - Alpen Krimi
Soldaten verstecken. Aber unser Dorf lag so ab vom Schuss, das war kein Problem.«
Elke nahm wahr, dass Moni ihre Frage nicht wirklich beantwortet hatte und zog unbewusst eine Augenbraue hoch. »Ab vom Schuss, so so. Sag mal, es gibt da so einen komischen Stamm in Ti bet, die Ragyapas. Leben die auch in Sikkim?«
Monis Körper spannte sich auf einen Schlag, sofort hatte sie sich aber gefangen und griff das Tablett mit dem Geschirr auf dem Tisch. Aus ihrem Gesicht war alle Farben gewichen. Sie schüttel te wortlos den Kopf, ging schneller als nötig zur Stubentür und verließ ohne einen weiteren Blick den Raum.
Zufrieden lehnte sich Elke zurück und sah ihr hinterher. Natürlich wird es die Ragyapas auch in Sikkim geben, nahm sie an. Schließlich waren die für den Lauf des Lebens dort unverzichtbar.
In dem Augenblick, da sie die Stube verlassen wollte, erfüllte Hundegebell den Flur des Koglerhauses. Moni arbeitete längst wieder in der Küche, und Hubert hatte sich von den beiden Berg steigern auf der Terrasse verabschiedet. Aufgeregte Stimmen re deten durcheinander. Neugierig trat Elke hinzu.
»Nicht noch mal«, rief Gundi und stemmte ihre Hände in die Hüften. »Schlepp mir den ja nicht an, ich sag’s dir im Guten.«
»Ja, aber ich wollte doch nur Bescheid geben, dass da einer liegt. Ohne Kopf.« Der Autogroßhändler versuchte, den tänzelnden und schnuppernden Hund durch Tätscheln zu beruhigen.
»Das überrascht mich nicht, den haben wir schon hier!« Die Wirtin sah besserwisserisch zu dem verdutzten Melder. »Ja, brauchst gar nicht so schaun. Vor zwei Tagen hat mir einer den Schädel angeschleppt. Davor fand ein anderer eine Hand. Sind jetzt alle narrisch geworden? Müll lasst ihr im Berg liegen, aber so ein Leichenteil, das schleppt ihr an.«
Der Autohändler machte eine beschwichtigende Geste. »Ich hab ja nichts hergeschleppt. Und es tut übrigens keine Not, mich anzuschreien. Das kann ich selbst. Ich hab’s halt gemeldet. Das ist doch was für die Polizei.«
Hubert, von dem Elke angenommen hatte, dass er bereits gegangen sei, hatte den Flur betreten und die letzten Worte mitgehört. »Ja, die sind auch schon da. Wie gerufen.«
Jetzt, ohne Gundis Gezeter, konnten es alle hören. Rotorenblätter knatterten hinterm Haus.
DAV-Müllbeutel
Dem Hubschrauber, der wieder auf der Alpen-Ampferwiese am Haus stand, entstiegen neben dem Piloten drei Männer. Der bei Gundi schon bekannte Helmut Schartauer winkte ihr unter den Rotoren her zu. Sein Kollege Alois Heustapel grüßte Elke im Nä herkommen durch ein unauffälliges Nicken. Über der Schulter trug er eine Laptop-Tasche. Der dritte Ermittler schleppte zwei Koffer und war damit vollauf beschäftigt.
»Unser Erkennungsdienst«, stellte Schartauer den Mann der Wirtin vor, die vor dem Haus inmitten einer Gruppe von Schaulustigen stand. Sie löste die verschränkten Arme und begrüßte die drei mit Handschlag.
»Wird auch Zeit, dass ihr kommt. Der Kopf liegt im Keller, wo schon die Hand lag. Und dieser Herr hier«, sie wies auf den Autogroßhändler, der seinen angeleinten Hund streichelte, »hat wohl den Rest, also einen Rumpf, gefunden. Unten am Grünsee«, setzte sie hinzu.
Schartauer pfiff durch die Zähne. »Na, dann hätten wir endlich einen runden Fall«, freute er sich.
Der Mann vom Erkennungsdienst sah auf seine Uhr und dräng te ins Haus. »Ich mach erst mal den Kopf, danach können wir weiterfliegen. Fundort für Fundort. Es pressiert, die Spuren werden nicht besser. Auf geht’s.« Das Team passierte die Zuschauer.
»Ich denke, ich bleib noch was hier. Scheint sich zu einem interessanten Tag zu entwickeln«, murmelte Elke zu sich selbst. Heustapels Miene zuckte, er hatte sie gehört.
Auf der Treppe, runter in den Keller, erklärte Schartauer der Wirtin den polizeilichen Personal-Einsatz. »Wir schauen jetzt erst mal, was anliegt. Falls es nötig sein sollte, können wir sicher auf mehr Kollegen zurückgreifen. Die Ermittlungen rund um den gesprengten Bus unten in Schönau scheinen ja abgeschlossen.«
Gundi führte die Polizisten in den Keller. Die drei zogen im Angesicht des gefüllten Müllbeutels mit dem Alpenverein-Logo wortlos weiße Einweg-Overalls aus Polypropylen über.
»Na, das muss ich mir nicht noch einmal anschaun. Ihr braucht mich ja nicht mehr.« Die Wirtin verließ den Raum.
Die Polizisten sahen sich an. Vor dem Abflug am frühen Morgen hatte es noch in Schartauers Büro eine Besprechung gegeben. Man war das
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