Frettnapf: Roman
wende ich mich an Jeff.
» Ja. Aber die Antwort, die ich ihr geschickt habe, wir zeigen dir nicht.«
» Nee, bitte nicht.«
Doch da hat Natascha schon ihr iPhone in der Hand und streckt es mir entgegen. Da ich mich sofort abwende, sehe ich nicht, was Jeff ihr geschickt hat, gehe jedoch davon aus, dass es unmöglich ein Foto seines primären Geschlechtsmerkmals gewesen sein kann. Welcher normal denkende Mann würde seiner Freundin ein derartiges Bild senden? Und mit welchem Hintergedanken? Oder bin ich nur mal wieder zu prüde, um mir vorstellen zu können, dass es Frauen gibt, die sich darüber freuen?
Was auch immer der Inhalt seiner Nachricht gewesen ist– es war peinlich genug, um Jeff in seiner Muttersprache fluchen und aus dem Lokal stürmen zu lassen: » Thank you, Tasha. Oh, sorry, I meant to say: Fuck you!«
Nach seinem theatralischen Abgang brauchen Natascha und ich ein paar Minuten des Schweigens, um den Vorfall zu verarbeiten. Dennoch muss ich immer wieder in mich hineinschmunzeln, was sie selbstverständlich mitbekommt.
» Was denn, Jens?«
» Ich hab nicht gesehen, was du mir zeigen wolltest. Und jetzt überlege ich, was es gewesen sein könnte.«
Natascha lacht kurz auf.
» Du willst es wahrscheinlich nicht sehen.«
» Nein.«
» Dabei ist es sehr niedlich.«
» Hör auf, Natascha, es interessiert mich nicht. Ich habe dich heute nur sehen wollen, um zu erfahren, was dich dazu getrieben hat, mit mir Schluss zu machen. Und das muss doch wohl mehr gewesen sein, als die Tatsache, dass du mich während eines Partytrips nach Berlin nicht vermisst hast.«
Sie zuckt nur mit den Schultern und erwidert, dass sie dem wirklich nichts hinzuzufügen hat. Sie ahnt sicherlich nicht mal, wie verletzend das ist. Ich war ihr einfach egal, keinen Gedanken wert, nur ein beliebiges Objekt in ihrem damaligen Leben. Am liebsten würde ich sie fragen, ob sie denn auch ihr Bett, ihren Teppich, ach, alles, was sie nicht ständig vermisst, einfach so austauscht, wegwirft und abhakt. Doch damit würde ich zugeben, dass ich gekränkt bin.
» Um das alles jetzt mal auf den Punkt zu bringen: Wenn alles, was dich an mir gestört hat, war, dass du mich nicht vermisst hast«, sage ich stattdessen, » solltest du mir auf jeden Fall noch verraten, was du an den anderen denn so vermisst.«
Natascha zögert. Sicherlich, weil sie keine Antwort parat hat. Weil das mit dem Vermissen alles totaler Quatsch war, eine Ausrede, die man jedem Verflossenen unter die Nase reiben kann. Mit mir geht das allerdings nicht, weil ich mich nicht so einfach abspeisen lasse. Ich hake nach, bin ungemütlich, bohre da, wo es weh tut.
» Nein.«
Schade.
50plus Messe
»Die 66 ist Deutschlands größte Messe für Senioren und alle, die es werden wollen. Geboten werden unter anderem kostenlose Gesundheitschecks!«
Völlig gerädert komme ich zurück in Hondos Palast und staune nicht schlecht, als mir dort eine fast unbekleidete junge Frau auf dem Gang begegnet. Sie ist geschätzte Anfang zwanzig, prollig-hübsch (Permanent-Make-up und Strähnchen), ihr Körper zierlich und untrainiert und nur von einem etwas vulgären BH und Höschen bedeckt. Das muss Aylin sein, Hondos Herzensdame.
» Hi«, trällert sie und huscht an mir vorbei ins Bad.
Ich gehe in die Küche, wo Hondo am Kühlschrank steht und den Inhalt anstarrt.
» Hey, Hondo, Respekt«, grüße ich. Hondo wendet sich mir zu und schaut mich fragend an.
» Was?«
» Ich hab gerade Aylin im Gang getroffen. Hübsch.«
» Wie? Die ist doch in Bett.«
» Nee, sie ist ins Bad gegangen. Glückwunsch.«
Hondo rätselt einen Moment, dann lacht er.
» Nein, das war Malea.«
» Malea?«
» Ja, die Tochter von Aylin. Und bald meine. Finger weg, ja? Sonst brech ich sie dir ab.«
Es ist das kleine Wörtchen » ab«, das mir Angst macht und mich realisieren lässt, dass ich mich schon wieder auf verdammt dünnem Eis bewege. Warum kann ich nicht mal eine Stunde verbringen, ohne in ein Fettnäpfchen zu treten? Und wenn ich schon am Stoßbeten bin, bitte ich gleich noch darum, dass die verdammten Näpfchen auch nicht ständig größer werden. Ich steuere sonst auf einen sehr großen Fettnapf zu, in dem ich ungern untertauchen würde.
» Ach, cool«, sage ich geistesgegenwärtig. » Dann wirst du Papa.«
» Ja, Mann. Ist fast wie bei dir. Nur, dass ich die ganze Kinderkacke nicht mitmachen muss. So Windel und so. Wünsch ich dir viel Spaß mit!«
» Danke.«
» Hey, die kacken da fei auch rein,
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