Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi
Pflicht, die Öffentlichkeit zu informieren.“
Droch drehte die Augen über.
„Es gibt eine Reihe von Indizien, die gegen deine Eltern sprechen. Nichts anderes haben wir behauptet. Frau Valensky hat gute Arbeit geleistet. Wir wurden selbst in amerikanischen Medien zitiert. Frau Valensky hat auch nie behauptet, dass du Jane Cooper getroffen hast. Sie hat bloß eine Frage gestellt. Und fragen wird man wohl noch dürfen. Es ist geradezu unsere Pflicht, zu fragen. Auch, was mit arisiertem Vermögen geschehen soll.“
„Vor ein paar Tagen noch hast du ganz anders geredet. Wer hat dich umgedreht? Du hast mit Inter-ZZZ geredet, richtig? Unsere Konkurrenten wollen verhindern, dass wir an die Börse gehen. Was haben sie dir geboten?“
„Pass auf, sonst hast du eine Klage am Hals. Und: Was sollte unsere Reportage denn verhindern?“
„Das kleinste Detail reicht an der Börse aus, das solltest du wohl wissen. Ich werde die Leute im Klub vor deinen extremistischen Ansichten warnen müssen.“
Extremismus hatte unserem Chefredakteur noch niemand vorgeworfen. Die meisten Mitglieder der Redaktion genossen das Schauspiel. Ich allerdings fragte mich, warum der junge Bernkopf derartig in Rage geraten war. Hatte er tatsächlich angenommen sein Golffreund würde die Story abdrehen? Fast wäre es ja auch so gekommen. Aber eben nur fast. Dank der Fotos.
„Ich bitte dich noch einmal im Guten, die Redaktion zu verlassen. Sonst sehe ich mich leider gezwungen dich hinauszuwerfen.“
„Ich werde auf Unterlassung klagen. Und wegen Kreditschädigung. Und ich werde mit den Eigentümern des ‚Magazins‘ reden. Du hast hier die längste Zeit den großen Mann gespielt. Nur nebenbei: Es hat sich ausgeduzt.“
„Dann gehen Sie. Ich stelle mich voll und ganz hinter meine Redaktion.“
Ein Held. Der andere Held ging nun tatsächlich.
„Die Redaktionssitzung ist aus“, sagte der Chefredakteur lässig. „Mira, Sie bleiben hier.“
Wir standen uns gegenüber. Ich wartete und schwieg.
„Dass Sie ihn mit ins Spiel gebracht haben, habe ich ehrlich gestanden überlesen“, murmelte der Chefredakteur. „Das war natürlich nicht in Ordnung. Aber im Nachhinein gefällt es mir. Geschieht ihm ganz recht, dem aufgeblasenen Typen.“
Vor einigen Tagen noch war Bernkopf junior für ihn eine Art Wirtschaftsgenie gewesen. Mir sollte seine Wandlung recht sein.
„Wissen Sie, was?“ Er beugte sich vertraulich zu mir. Ich lege Wert auf etwas mehr Distanz, aber ich wollte hören, was es zu wissen gab. Also hielt ich still. „So gut soll es seiner Firma gar nicht gehen. Ich habe Gerüchte gehört. Angeblich hat er sich bei Geschäften in Osteuropa übernommen. Wenn seine Eltern nicht für ihn geradestehen würden …“
„Seine Eltern? Mit dem Haus?“
„Keine Ahnung, ich habe bloß gehört, dass seine Eltern etwas damit zu tun haben. Und dass er deswegen immer brav zu ihnen fährt. Der angebliche Großkapitalist.“
Ich starrte ihn an. „Danke“, rief ich dann, klopfte ihm auf die Schulter und rannte zu meinem Telefon.
Bernkopf junior hatte also größtes Interesse daran, dass das Haus in der Birkengasse 14 nicht in die Schlagzeilen geriet. Ich musste sofort herausfinden, ob es mit Hypotheken belastet war. Schon lange hatte ich mich im Grundbuchamt nach den Eigentumsverhältnissen erkundigen wollen. Aber Kontakte mit Ämtern sind mühsam, die Bürokratie ist meine Sache nicht. Wer hatte einen einfachen Zugang zu den Grundbuchakten? Die Eigentümer natürlich, aber die würden mir kaum helfen. Ich konnte im Grundbuchamt anrufen, aber einfacher ging es über den Computer. Oskars Anwaltskanzlei, Anwälte hatte mit Grundbuchangelegenheiten dauernd zu tun. Oskar war schon wieder zurück, die Frühnachrichten hatten ein Interview mit ihm gebracht. Ich wählte die Nummer seines Mobiltelefons, er meldete sich sofort.
„Ich bin’s, Mira.“
„Schön, dass du anrufst, ich hatte schon Angst, du bist verärgert wegen …“
„Hör einmal her, Oskar. Ich brauche dich ganz dringend.“ War das nicht missverständlich? Keine Zeit für solche Überlegungen. „Ich brauche eine Grundbuchauskunft.“
„Ach so“, erwiderte er ernüchtert. „Ja, wenn ich dir helfen kann …“
„Du kannst. Sogar ganz enorm. Ich müsste wissen, ob das Haus in der Birkengasse 14 mit Schulden belastet ist.“
„Bis wann?“
„So schnell wie irgendwie möglich. Ich bin in der Redaktion.“
„Ist es wirklich so wichtig?“
„Ja, wirklich“, sagte ich
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