Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi
Englisch gehabt haben. Auch in Bosnien gibt es Englischunterricht. Gut, sie glaubt, dass es ein angefangener Brief war. Und auf zwei anderen Blättern ist auch ‚Dear Mister Bernkopf‘ gestanden, aber nur weniger Text. Genauer hat sie nicht schauen können, weil dafür ist nicht Zeit.“
„Hat sie die Blätter aufgehoben?“
Vesna sah mich beinahe mitleidig an. „Beschriebenes Papier? Warum? Sie hat nicht gewusst, dass die Frau wird ermordet. Das mit Bernkopf hat sie auch nur interessiert, weil der Freund ihrer Freundin Bernkopf heißt. Aber sie sagt, um den kann es nicht gehen, weil der kann auch nicht Englisch.“
Also hatte die Sache doch mit dem Haus in der Birkengasse zu tun. Die Frage war bloß, ob Jane Cooper einen Brief abgeschickt hatte oder es bei Briefentwürfen geblieben war. Was verband die junge Amerikanerin mit Ministerialrat Bernkopf? Sie konnte es nicht mehr erzählen. Wie brachte man den Ministerialrat dazu, diese Verbindung zuzugeben? Dass er tatsächlich nichts von Jane gewusst hatte, wurde immer unwahrscheinlicher.
In der einen Stunde bis zum endgültigen Redaktionsschluss würde ich das nicht mehr herausfinden können. Ich bat Vesna, beim Türken ums Eck auf mich zu warten, strich in meinem kurzen Bericht einige Zeilen und fügte am Ende ein paar neue Sätze an:
„Unterdessen weist ein neues Indiz auf eine Verbindung zwischen der ermordeten Jane Cooper und dem Haus in der Birkengasse 14 hin. Wie bereits berichtet, hatte man im Freud-Museum einen Zettel entdeckt, auf dem diese Adresse notiert worden war. Nun verlautet aus einer zuverlässigen Quelle, dass im Papierkorb der Pension, in der die junge Frau aus den USA abgestiegen war, eine Reihe von Briefentwürfen gefunden worden sind. Sie begannen mit der Anrede ‚Dear Mister B.‘ Der Name ist ident mit dem des Hauseigentümers. Alles ein Zufall? Es sieht immerhin so aus, als könnte die Angestellte des Freud-Museums schon bald entlastet sein.“
Speichern, wegschicken. Bernkopf würde empört sein. Aber medienrechtlich war die Sache wasserdicht und meine kleine Spekulation war gar nichts gegen das, was die Boulevardpresse mit Ulrike aufgeführt hatte. Außerdem: Vielleicht konnte man Bernkopf so aus der Reserve locken.
Ich klopfte an Drochs Tür. Vom Computer her kam ein Knurren. Offenbar war der politische Leitartikel noch nicht fertig.
„Ich habe es satt, mich mit diesen Idioten zu beschäftigen. Linke Weltverbesserer und rechte Arschlöcher.“
Unwillkürlich zog ich den Kopf ein.
„Was ist?“
„Vesna und ich sind beim Türken. Kommst du nach?“
„Zehn Minuten.“
Wir aßen wie immer beim Türken ausgezeichneten Dönerkebab und beratschlagten. Droch gab zu, dass er nicht von der Schuld Ulrikes überzeugt war. Auch Zuckerbrot war es nicht, ließ er durchblicken. Obwohl man von der Polizei vor allem rasche Ergebnisse forderte. Nicht nur das „Blatt“ machte Druck, sondern auch ein Teil der Freud-Gesellschaft.
„Ich fahre nach New York“, sagte ich und überraschte damit nicht nur Vesna und Droch. „Wir haben uns viel zu wenig mit Jane Coopers Privatleben beschäftigt. Was spielt die eine Woche Wien schon für eine Rolle in ihrem Leben?“
Droch erwiderte trocken: „Am Ende dieser Woche wurde sie ermordet.“
„Aber die Gründe dafür können in New York zu finden sein.“
„Und was ist mit dem Psychiater?“
„Wir müssen zurück zum Anfang.“
„Du willst bloß wieder einmal nach New York, aber das ‚Magazin‘ zahlt das sicher nicht.“
„Ich habe noch eine freie Woche gut. Wo ich die verbringe, kann dem ‚Magazin‘ egal sein. Wenn ich eine gute Story liefere, dann sollen sie mir die Spesen im Nachhinein zahlen.“
„Daran glaubst du wohl selbst nicht.“
„Jedenfalls habe ich einen Vorteil in New York. Ich habe in der Stadt gelebt. Ich kenne mich aus.“
„Ja“, bekräftigte Vesna, „das tut sie.“ Und an Droch gewandt: „Sie sind der wichtigste Mann im ‚Magazin‘. Sie können machen, dass Mira Valensky die Reise bekommt.“
Droch knurrte etwas von „Weiberwirtschaft“.
„Etwas anderes brauche ich noch notwendiger, Droch.“ Ich sah ihn an. „Alles, was ich weiß, ist, dass Jane bei ihren Eltern in Manhattan gelebt hat. Es gibt Tausende Coopers in Manhattan.“
„Deine amerikanischen Kollegen werden die Adresse kennen.“
„Keine Ahnung, wer sie weiß. Und wie lange es dauert, bis sie sie mir sagen. Natürlich finde ich sie heraus, aber es gäbe einen einfacheren
Weitere Kostenlose Bücher