Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi
kommen? Und wenn, dann beschäftige ich mich damit. Wenn es Kindern gut geht und natürlich auch dem Mann, dann ist es gut.“
„Und was ist mit dir?“
„Dann geht es mir auch gut. Und wenn ich Spaß habe.“
„Du meinst, Abenteuer, Aufregung.“
„Man muss lebendig sein und Spaß braucht der Mensch zum Lebendigsein.“
Mein Schädel brummte. Ich hatte am Vorabend eindeutig zu viel Wein getrunken. Ich erzählte Vesna von der Pension „Alexandra“. Sie rümpfte die Nase. Ich schenkte mir Kaffee nach.
„Ich hab es“, sagte sie dann. „Ich wohne in der Pension. Und ich sehe nach, ob jemand in der Pension mit der Amerikanerin geredet hat. Wenn Ungarn und Russen dort sind, dann fällt bosnische Frau nicht auf.“
Ich überlegte. Der Plan war nicht übel. In der Pension kannte Vesna niemand und sie würde auch nicht so leicht mit dem Mord im Freud-Museum in Verbindung gebracht werden. „Du wärst eine perfekte Privatdetektivin“, sagte ich.
Vesna strahlte. „Vielleicht, wenn ich österreichische Staatsbürgerschaft habe, ich mache so etwas.“
„Und was wird dann aus meiner Wohnung?“
„Du wirst putzen lernen, Mira Valensky. Ich habe auch putzen gelernt.“
Nach einem Telefonat mit der Redaktion war klar: Das „Magazin“ würde die Übernachtungskosten für eine Woche übernehmen. Außerdem wollte man pro Tag 1.000 Schilling zahlen, bei Erfolg noch einmal 5.000. Das war zwar nicht üppig, aber mehr, als ich mir erhofft hatte. Exklusiv, dieses Wort hatte wieder einmal gezogen. Gab es nichts zu berichten, waren die Spesen gering gewesen. Gut, dass Jane Cooper nicht im Hotel Sacher abgestiegen war.
Vesna war hoch zufrieden. „Dann mache ich nur wichtige Arbeiten und sage anderen ab. Ich werde herausfinden, was in dieser Pension los ist.“
Vesna regelte mit Mann, Nachbarin und Kindern ihren Umzug, zahlte, wie es in der Pension „Alexandra“ Vorschrift war, für drei Tage im Voraus und bekam ihr Zimmer.
Ihr erster Bericht war wenig ermutigend. Draga, so erzählte sie, stamme zwar aus einem Dorf, das nur zwanzig Kilometer von ihrem eigenen Heimatdorf entfernt lag, aber sie sei „eine echte Dienerin“. Die Pensionswirtin halte sie für einen Hungerlohn den ganzen Tag auf Trab und habe ihr überdies verboten, mit Gästen zu tratschen. Und sie gehorchte, eisern. „Aber ich kriege sie schon weich“, meinte Vesna. Von den Gästen schien nur ein russisches Ehepaar schon seit Jane Coopers Zeit dort zu sein. Gesprochen allerdings hätten die Russen mit der jungen Amerikanerin nicht. Die beiden seien ihr gegenüber sehr misstrauisch gewesen, erzählte Vesna. Offenbar handelten sie mit Computerteilen und mit gebrauchten Computern. Ganz legal sehe ihr die Sache jedenfalls nicht aus. Vielleicht wäre da noch eine Story für das „Magazin“?
Ich bat Vesna, sich trotz allem auf Jane Cooper zu beschränken.
Vesnas weitere Berichte brachten zwar Einzelheiten über das Leben in einer Billigpension in Wien zu Tage, in unserem Fall aber gab es nichts Neues. Gegen Ende der Woche trafen wir uns in einer Pizzeria nahe meiner Wohnung.
„Ich muss das Vertrauen von Draga haben. Sie ist die Einzige, die etwas wissen kann. Aber ich weiß nicht, wie ich das Vertrauen bekomme. Ich bin Pensionsgast. Wenn ich Putzfrau wäre, die ich bin, dann wäre es leichter. Aber so sie sagt ‚Gnädige Frau‘, wie zu allen anderen. Wenn ich ihr die Wahrheit sage, dann lauft sie gleich zu der Frau Alexandra. Ihr Sohn, übrigens, bringt in der Nacht Mädchen für Gäste, die das wollen. Mama weiß nichts, da bin ich ganz sicher.“ Sie grinste. „Und ein Mädchen ist bei ihm geblieben auf der Couch. Mama weiß auch davon nichts, ganz sicher.“
Am nächsten Tag schon ergab sich ein besserer Kontakt mit Draga wie von selbst. Als Vesna beim Pensionsfrühstück gesessen war, das ihren Angaben zufolge regelmäßig aus genau zwei Semmeln, einem Butterpäckchen, zwei Marmeladetiegeln und einem Päckchen mit Streichwurst bestand, hatte sie von der Rezeption her lautes Schimpfen gehört. Sie eilte nach draußen und sah Frau Alexandra mit hochrotem Kopf, außerdem eine schluchzende Draga und ein aufgeregtes älteres Ehepaar aus Tirol.
Man beschuldigte Draga einen herzförmigen Anhänger samt Kette gestohlen zu haben. Gestern noch sei er da gewesen, jetzt aber verschwunden. Dabei müsse man zum Zug. Und das dringend. Frau Alexandra habe immer wieder gerufen, dass jedenfalls nicht sie für den Schaden aufkommen werde. Der Tiroler hatte
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