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Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi

Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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einmal mit dabei. Wenn die Melonen schön kalt sind, merkt man den Wodka nicht. Sie hat eine Menge Melone gegessen und keinen Alkohol getrunken. Irgendein Schwachkopf hat ihr dann verraten, dass die Melonen geimpft waren. Sie hat total humorlos reagiert.“
    Für Ken war seine frühere Freundin ganz offenkundig nicht erst in Wien, sondern schon früher gestorben.
    New York erschien mir heute ganz anders. Lebendigkeit als Inszenierung gegen den Tod. Lärm, um zu zeigen, dass man noch lebte. Viele waren hierher geflohen, um den Lagern, der Zwangsarbeit und den Gaskammern zu entgehen. Einige von ihnen lebten noch, viele hatten Nachkommen. Janes Großmutter hatte ihre Vergangenheit offenbar geheim gehalten. Wie eine Schande, wie eine Schuld. Oder einfach, weil sie unerträglich war? Eine junge Studentin aus guter Familie in Wien, dann plötzlich ein Flüchtling, der dankbar sein musste, eine halbe Welt von zu Hause entfernt unterkriechen zu dürfen. Ein Flüchtling, der nichts dagegen tun konnte, dass die Eltern ermordet wurden.
    Ich atmete tief durch. Trotz allem. Hier war Leben. Banal, aber wahr: Das Leben geht weiter. Vielleicht kommt neues Leben auch davon, dass man die Vergangenheit vergessen kann. Aber wer kann das?
    Pizzaduft kitzelte meine Nase. Das Wasser lief mir im Mund zusammen. Ich lächelte und die schwarze Frau, die mir mit einem kleinen Mädchen entgegenkam, lächelte zurück. Ich würde herausfinden, wer Janes Mörder war.
    Im Hotel erreichte mich eine Nachricht von Janes Vater. Ich solle ihn sofort zurückrufen, es sei überaus dringend. Ich wählte die Nummer des Hotelrestaurants und ließ mich mit ihm verbinden. Er klang aufgeregt. „Also haben meine Großeltern ein Haus in Wien besessen? Hat meine Frau das richtig verstanden?“
    Ich bestätigte es. Er lud mich zu einem Abendessen in ein Lokal ein, das „Three Pennies“ hieß und in Tribeca lag. Es sei einer der trendigsten Plätze der Stadt, ließ er mich stolz wissen.
    Ich nahm ein Taxi um nicht schon verschwitzt anzukommen. Es war neun am Abend, die Luft war warm und in den Straßen drängten sich die Menschen. Ich hätte einiges darum gegeben, mich in der Menge treiben lassen und dann allein essen gehen zu können, mich nicht wieder mit dem Fall Jane Cooper beschäftigen zu müssen. Ein roter Neon-Schriftzug über dem Eingang verriet mir, dass ich hier richtig war. „Three Pennies“. Zwei Stretch-Limousinen fuhren vor. Offenbar war der Platz wirklich ziemlich in Mode.
    Ich ging hinein und wurde von einem der so angenehm informellen New Yorker Kellner begrüßt. „Hi, ich hoffe, du hast eine gute Zeit. Kann ich dir helfen?“
    Das war auch etwas, das ich schätzte: Hier musste man nicht selbst nach einem Platz oder nach Menschen, die man vielleicht gar nicht oder kaum kannte, suchen, hier wurde man zu seinem Platz geführt. Janes Vater war schon da. Ein schlanker Mann um die fünfzig, elegant, ein klassisch italienischer Typ. Er erhob sich. Keine schlechte Wahl für ein Abendessen zu zweit. Ich rief mich zur Ordnung. Es ging um die ermordete Tochter dieses Mannes.
    Er lächelte und bat mich, Platz zu nehmen. Ganz offenkundig war er sich seiner Erscheinung bewusst. Wir tauschten die üblichen Begrüßungsfloskeln aus und ich versicherte ihm, wie Leid mir der Tod seiner Tochter tat. Er versicherte mir, wie sehr ihn der Tod seiner Tochter getroffen habe. Unser Dialog wirkte wie die drittklassige Aufführung eines Gesellschaftsstücks.
    Mit gespielter Lässigkeit nahm er die Speisekarte. Offenbar wollte er mir imponieren. Darauf wies auch die Preiskategorie des Lokals hin. Ich wusste nicht, was ein Restaurantmanager verdiente, aber in der Wohnung seiner Familie hatte es nicht viele Zeichen von Luxus gegeben. Ich blätterte nervös in meiner Karte. Sie bestand zum großen Teil aus italienischen Gerichten und wirkte etwas beliebig. Diese Erfahrung hatte ich in In-Lokalen New Yorks schon in der Vergangenheit gemacht. Deftige italienische Küche nach Originalrezepten durfte ich mir hier nicht erwarten, kreative Küche aber auch nicht. Ich entschied mich für Vermicelli mit Muscheln und danach ein Seezungenfilet.
    Bevor ich noch eine Frage stellen konnte, kam Janes Vater zur Sache: „Also meine Großeltern haben ein Haus in Wien besessen? Es ist ein großes Haus, nicht wahr? Ich habe mir das Foto angesehen. Wie viel ist das Haus wert?“
    „Keine Ahnung. Es gehört nun einer Familie Bernkopf.“
    „Ich kenne mich aus. Es handelt sich um arisiertes

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