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Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi

Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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Vermögen. Das kann man zurückfordern. Das bin ich allein schon meiner Mutter schuldig.“ Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: „Und meiner Tochter. Halten Sie mich nicht für herzlos, aber wir haben ein Anrecht auf dieses Haus und es wäre auch in Janes Interesse, wenn ich mich um das Haus kümmere. Schließlich ist sie deswegen nach Wien gefahren. Mit Sicherheit wollte sie unsere Ansprüche klären.“
    Darauf gab es zumindest keine Hinweise, sagte ich ihm.
    „Weil sie vorher ermordet wurde. Der Mord hatte damit zu tun. Man muss die Medien informieren, die Polizei muss sich mit den jetzigen Hauseigentümern befassen.“
    Ich hatte bis zu diesem Augenblick tatsächlich noch nicht darüber nachgedacht, dass meine Entdeckung wohl auch das Wiener Sicherheitsbüro etwas anging. Und dass ich meinen Chefredakteur auf eine größere Story vorbereiten musste.
    „Ich weiß nicht“, sagte ich, als die Vorspeisen kamen, „ich möchte gerne noch einige Hinweise überprüfen. Dann muss die Polizei alles erfahren, das ist klar.“
    „Haben Sie Kontakt zu Medien? Das wird wichtig sein. Ich weiß, dass es bei uns einige Anwälte gibt, die um Entschädigungen für Naziopfer kämpfen. Und wir müssen natürlich alles tun, damit der Mörder meiner Tochter gefunden wird. Jetzt, wo es neue Anhaltspunkte gibt.“
    Ich schwieg und überlegte. Irgendwann würde ich ihm ohnehin sagen müssen, dass ich selbst Journalistin war. Er deutete mein Schweigen sichtlich falsch und stotterte:
    „Ich meine, mir ist es noch nicht voll zu Bewusstsein gekommen. Es ist schrecklich, meine Großeltern sind von den Nazis ermordet worden.“
    „Haben Sie nie etwas über Ihre Großeltern gehört? Nie gefragt?“
    Er stocherte in seinem Fischsalat. „Gefragt habe ich schon, aber ich hatte ja Großeltern, väterlicherseits. Und meine Mutter hat mir erzählt, es sei eine traurige Geschichte gewesen mit ihren Eltern, jedenfalls seien sie bereits gestorben, als sie noch ein junges Mädchen war. Und sie wolle nicht darüber sprechen. Irgendwie habe ich immer an einen Autounfall gedacht, ich weiß nicht, warum. Dabei hat es damals ja noch wenig Autos gegeben.“
    „Sie wussten auch nicht, dass Ihre Mutter in Österreich aufgewachsen ist? Hat sie keinen Akzent gehabt?“
    „Ich wusste nichts davon. Sie hat einmal erzählt, dass unsere Vorfahren aus Europa stammen. Aber das ist bei sehr vielen Amerikanern der Fall. Ich dachte an eine Auswanderungsgeschichte im 19. Jahrhundert. Eigentlich seltsam, dass ich nicht nachgefragt habe. Aber meine Eltern sind ein so typisches amerikanisches Ehepaar gewesen. Mein Vater war Postbeamter, meine Mutter Stenotypistin. Wir haben in der Bronx gewohnt, in einer gepflegten Straße, das schon, aber eben in der Bronx. Amerikanisches Kleinbürgertum“, sagte er und zog die Brauen hoch. „Meine Mutter hat immer gesagt, man muss in der Gegenwart leben und in die Zukunft schauen. Aber das haben viele gesagt, eigentlich fast alle. Und es stimmt ja auch. Familie war durch die Brüder meines Vaters und deren Kinder mehr als genug da.“
    „Der Koffer Ihrer Mutter hat Sie nicht stutzig gemacht?“
    Er zuckte mit den Schultern. „Ein paar Kleider und ein paar Briefe an ihre Adresse in Manhattan. Ich wusste, dass sie, bevor sie meinen Vater kennen lernte, in Manhattan gelebt hatte. Ich wollte mir die Sachen irgendwann einmal näher ansehen.“
    „Ihre Tochter hat Ihnen nichts von den Briefen erzählt? Konnte sie Deutsch?“
    „Kein Wort hat sie erzählt. Und Deutsch konnte sie sehr schlecht. Sie hat im College zwei Semester Deutsch studiert, das war alles. Bei Bekannten von uns war voriges Jahr ein deutscher Freund eingeladen. Sie weigerte sich mit ihm deutsch zu sprechen. Sie versuchte es nicht einmal, denn sie genierte sich für ihre mangelhaften Kenntnisse.“
    „Könnte es jemanden geben, mit dem sie über den Inhalt des Koffers geredet hat?“
    „Da müssen Sie schon meine Frau fragen. Ich halte es für unwahrscheinlich. Nachdem sie es nicht einmal uns erzählt hat. Wo ich doch der legitime Erbe des Hauses … Wenn Sie mir helfen die nötigen Schritte einzuleiten, um das Haus wiederzubekommen, dann werde ich mich selbstverständlich finanziell erkenntlich zeigen.“
    Er musste diesen Satz vor dem Spiegel geübt haben. Er wurde mir immer unsympathischer. Natürlich hatte seine Familie ein Recht auf das Haus, das ihr in der Nazizeit weggenommen worden war. Aber ihm schien der materielle Wert viel wichtiger zu sein als

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