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Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi

Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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Mahler finden kann?“
    Stille. Es juckte mich, meinen Finger auf den Klingelknopf zu legen und einfach draufzubleiben. Statt dessen probierte ich es bei Nentwich. Es schien eine Gegend zu sein, in der Frauen freiwillig, unfreiwillig oder aus Altersgründen am Vormittag zu Hause waren.
    „Ja?“
    „Entschuldigen Sie, in den Dreißigerjahren hat hier ein junges Mädchen mit dem Namen Elisabeth Mahler gewohnt. Wissen Sie, was aus ihr geworden ist?“
    Schweigen am anderen Ende. „Mahler? Da kenne ich nur den Komponisten, natürlich nicht persönlich, wenn Sie verstehen, was ich meine. Ist sie mit Mahler verwandt gewesen?“
    „Keine Ahnung.“
    „Tja, leider …“
    „Wer könnte es wissen? Wer wohnt am längsten im Haus?“
    „Familie Zirler, den Zirlers gehört das Haus.“
    Ich bedankte mich und probierte es bei Zirler. Wieder eine Frauenstimme. Die Gegensprechanlage machte es mir unmöglich, ihr Alter einzuschätzen. Ich wiederholte meinen Spruch.
    „Es tut mir Leid, aber hier wohnt niemand, der Mahler heißt.“
    „Wahrscheinlich hat sie geheiratet.“
    „Wir haben das Haus in den Sechzigerjahren gekauft. Und alle unsere Mieter sind danach gekommen. Tut mir Leid. Aber seltsam, vor einigen Wochen hat schon einmal jemand nach einer Frau Mahler gefragt.“
    „Wer? Eine Frau? Ein Mann?“
    „Eine Frau, sie hat mit starkem englischen Akzent gesprochen. Ich habe ihr auch nicht helfen können.“
    Ich starrte auf das weiß verputzte Gebäude mit seinen grünen Holzveranden. Vor mehr als sechzig Jahren hatte Elisabeth Mahler hier gewohnt. Wo war sie jetzt? Und: War Jane Cooper ebenso vor diesem Haus gestanden wie ich?
    „Haben Sie mit ihr ausführlicher gesprochen?“
    „Nein, nur durch die Gegensprechanlage, wie mit Ihnen. Warum?“
    Der nächste Brief an Hanni Rosner führte mich in ein großes, vom Alter und vom Ruß schwarz gewordenes Mietshaus an einer der Hauptstraßen des Bezirks. Ich sah mutlos die sieben Stockwerke nach oben. Wo sollte ich beginnen? Dann erinnerte ich mich an Vesnas Methoden und probierte es bei der Hausbesorgerin. Volltreffer.
    Sie kam sogar selbst zur Eingangstür und erzählte mir, dass Hedi Klein seit einigen Jahren im Altersheim Willhelminenhöhe lebte. „Sie heißt aber schon lange nicht mehr Klein, sondern Leitner. Sie hat einen Herrn Leitner geheiratet, aber das war noch lange vor meiner Zeit. Vor ein paar Jahren ist der alte Herr Leitner dann gestorben und Frau Leitner ist ins Altersheim.“ Sie fuhr sich durch ihre rot gefärbten Haare.
    „Was wollen Sie von ihr?“
    „Woher wissen Sie dann, dass sie früher Klein geheißen hat?“
    „Na von ihr natürlich. Wir haben viele alte Leute im Haus und sie reden alle gerne. Haben ja nicht mehr viele Verwandte oder so. Ich setze mich eben zu ihnen und höre ihnen zu. Ich weiß gar nicht, was die Hausverwaltung machen wird, wenn ich nächstes Jahr in Pension gehe.“
    Neben den Containern für Altpapier lagen Zeitungen und einige Papierknödel. Das Stiegenhaus roch muffig. Die Hausverwaltung würde wohl doch nicht ganz verzweifelt sein, wenn die Frau in Pension ging. Andererseits: Vielleicht war es wichtiger, mit den Leuten zu reden als zu putzen. Mag sein, dass ihre Gesprächigkeit mehr der Neugier als einer karitativen Neigung entsprang, aber das war vereinsamten Seelen eher egal.
    „Hat vor einigen Wochen eine junge Amerikanerin nach Frau Klein gefragt?“
    Kopfschütteln. „Ich kann ja gar kein Amerikanisch. Mein Sohn schon, aber der ist schon seit langem nicht mehr da. Der ist jetzt bei der Bundesbahn. In der Verwaltung.“
    Ich zeigte mich gehörig beeindruckt und verabschiedete mich.
    Ins Altersheim würde ich fahren, nachdem ich die dritte Adresse abgeklappert hatte. Eine schmale und selbst am hellen Vormittag schattige Seitengasse kurz vor dem Wiener Gürtel. Die Abgase, der Lärm, der Staub und der Schmutz dieser Hauptverkehrsader waren deutlich wahrnehmbar. Ich wusste es, als ich das Haus sah. Hier würde ich Franziska Rothkopf nicht finden. Dieses Gebäude war wie einige andere in seiner Umgebung erst nach dem Krieg errichtet worden. Vis-à-vis, in einem deutlich älteren Haus, war eine Tabaktrafik. Ich öffnete die Türe, das in solchen Geschäften noch immer übliche Klingeln zur Ankündigung eines Kunden war zu hören. Aus dem Hinterzimmer kam ein alter Mann.
    „Ich suche eine Frau, die vor mehr als sechzig Jahren im Haus gegenüber gewohnt hat. Franziska Rothkopf heißt sie, damals war sie noch ein junges

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