Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi
matt.
„Ich mache schon“, sagte sie und strahlte.
„Ich komme mit.“
„Sie kennt dich, Mira Valensky.“
Richtig. „Ich bleibe in der Nähe.“
„Wozu?“
„Weil ich dann ein besseres Gefühl habe. Und du kriegst mein Mobiltelefon.“
„Einverstanden.“
[ 14. ]
Die nächsten beiden Tage beschäftigte ich mich mit der Vorbereitung des Geburtstagsbuffets für meinen Vater. Die eine Seite, die mir der Chefredakteur für die Mordfälle versprochen hatte, wurde kurz vor Redaktionsschluss gestrichen. Ein neuer Finanzskandal brauchte zusätzlichen Platz, wir hatten ein Exklusivinterview mit dem flüchtigen Bankdirektor. Samstagmittag begann das Fest für meinen Vater, Samstagabend war die Wohltätigkeitsveranstaltung im Hause Bernkopf. Ich verfluchte meine Idee mit dem Buffet.
Normalerweise hilft mir Kochen beim Nachdenken, es gibt mir meine Ruhe zurück. Diesmal steigerten die Buffetvorbereitungen meine Unruhe nur. Ich hatte einen ganzen Schweinsschinken gekauft und schnitt die Schwarte mit einer scharfen Schere ein. Die Druckstelle am Daumen würde sich wohl zu einer Blase auswachsen. Tausend Dinge waren noch zu tun, bevor ich morgen zu meinen Eltern fahren würde. Ich würzte die gut zehn Kilo Schweinefleisch mit Salz, Galgant, Neugewürz, grobem Pfeffer, schüttete eine ganze Flasche Rotweinlikör über den Schinken und würzte noch einmal nach. Morgen würde er im Backrohr meiner Mutter zwölf Stunden lang bei schwacher Hitze braten.
Zwei große Zettel hatte ich mit den verschiedenen vorzubereitenden Gerichten vollgeschrieben. Ich ging die Liste noch einmal durch. Die Geflügelleberterrine hatte ich gestern fertig gemacht. Zwei Seiten in Dillkraut gebeizter Lachs lagen mit einem alten Telefonbuch beschwert ganz unten im Kühlschrank. Viel besser und auch billiger, Lachs selbst zu beizen. Die Hummerterrine war fertig. Das Kalbfleisch für Vitello tonnato kühlte gerade im eigenen Sud aus. Die Zutaten für die Salate waren eingekauft. Die tiefgefrorenen Fische konnten morgen auf dem Weg zu meinen Eltern auftauen. Die Fülle für Tomaten und Zwergpaprika war vorbereitet. Um süße Sachen würde sich meine Mutter kümmern. Kuchen und Torten waren der blinde Fleck meiner Kochkunst.
Ein großes Buffet verlangte Planung. Normalerweise hätte mir so etwas Spaß gemacht. Doch meine größte Sorge war, ob ich rechtzeitig vom Fest meines Vater verschwinden konnte, um in Vesnas Nähe zu sein. Sie war viel zu unvorsichtig. Ich hätte doch noch einmal mit Zuckerbrot reden sollen. Immerhin hatte er diese Gegenüberstellung mit Bernkopf angeordnet. Die allerdings negativ verlaufen war. Nie und nimmer hätte er eine Hausdurchsuchung gemacht, nur weil Janes Fotoapparat fehlte.
Mein Vater war über das Buffet ehrlich gerührt. In einem seiner seltenen Anfälle von Zärtlichkeit umarmte und küsste er mich. „So viel Arbeit war es gar nicht“, murmelte ich. Die ganze Pracht war in einem weißen Partyzelt im Garten meiner Eltern aufgebaut. Ich musste zugeben, die Wachteln mit den Wachteleiern, der Lachs, der riesige Schinken, die von Hummerscheren umgebene Hummerterrine, der Salat aus Mango, Anglerfilet und Garnelen – es sah wunderschön aus. Ich war stolz auf mich. Auch mein Vater war stolz auf mich. Meine Mutter hingegen hatte dazu keine Zeit, sie rannte zwischen Küche und Schlafzimmer hin und her, gab den beiden angemieteten Serviererinnen widersprüchliche Anweisungen und schickte sie schließlich zu mir.
Die Gäste kamen und auch sie waren vom Buffet beeindruckt. Dumm war bloß, dass sie es für das Werk einer professionellen Catering-Firma hielten. Nur die wenigen, die Näheres wissen wollten, erfuhren, dass ich das alles produziert hatte. „Sie glauben, dass das Unsummen gekostet haben muss“, kicherte meine Mutter erfreut. Ich hatte ihr zwei Glas Prosecco eingeflößt. Jetzt nahm sie die Sache schon lockerer. Sie sah in ihrem lila Jackenkleid hinreißend aus: zerbrechlich, alterslos elegant. Warum war mein Äußeres nicht nach ihr, sondern nach meinem Vater geraten?
Ich achtete darauf, dass sich das Buffet nicht in ein Schlachtfeld verwandelte, legte nach, legte zusammen, räumte weg. Typisch, dass die Fleischgerichte viel mehr Anklang gefunden hatten als die diversen Fischspeisen. Ich nahm mir etwas von den Goldbrassenfilets in Zitronen-Champagnersauce. Alter Champagner war für solche Saucen großartig. Im Keller meines Vaters lag eine Menge davon herum. Zum Trinken war mir junger Prosecco
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