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Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi

Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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Beweismaterial.“ Ende des Detektivspiels. Jetzt war die Polizei am Zug.
    „Besser, wir haben Fotos und geben sie ihm dann. Und Fotoapparat auch. Sonst wissen wir nie, was auf Fotos ist.“
    „Beweismaterial zu unterdrücken ist strafbar.“
    „Aber wir unterdrücken ja nicht. Wir haben gefunden. Wir übergeben. Nur etwas später.“
    Vesnas Logik. Mir war bei der Sache nicht wohl zumute. Es würde schwer genug sein, Zuckerbrot zu erklären, wie wir in den Besitz des Fotoapparates gekommen waren und dass er tatsächlich in einer Vorzimmerschublade von Ministerialrat Bernkopf gelegen war. Wir hätten uns besser absichern sollen. Wer weiß, ob die Mordkommission uns glauben würde?
    „Auch schon egal“, sagte Vesna, „jetzt will ich Fotos sehen“.
    Ich schüttelte den Kopf und rief im Sicherheitsbüro an. Natürlich war Zuckerbrot nicht mehr da. Es war Samstagnacht.
    „Und was ist mit Fotos für Story? Welcher Reporter lässt sich das nehmen?“, hetzte Vesna. „Was ist mit Ulrike? Sie braucht Hilfe. Wir haben Fotos. Wenn Zuckerbrot alles am Montag hat, dann reicht das. Haben wir ihn am Wochenende nicht erreicht.“
    Ich griff noch einmal in die Seitentasche des Autositzes, zog die kleine Whiskeyflasche heraus und trank einen Schluck. Vesna sah mich missbilligend an. Ich grinste.
    „Okay, Vesna, dann suchen wir uns eben ein Schnelllabor, das die ganze Nacht offen hat.“
    „Na also“, sagte Vesna tief befriedigt.

[ 15. ]
    Die U-Bahnstation war Samstagnacht noch erstaunlich belebt. Viele junge Leute. Eine andere Stimmung als die, die ich sonst hier kannte. Offener, freundlicher, lebensfroh. Wir hatten den Film abgegeben und waren gebeten worden in einer Stunde zurückzukommen. Was, wenn sie den Film falsch belichteten und zerstörten, ging es mir durch den Kopf. Wir saßen in einer Fastfood-Pizzeria und warteten, bis die Zeit verging. Eigentlich hatte ich Vesna zu einem guten Essen einladen wollen, aber sie hatte wie immer praktisch gedacht und gemeint, dass so ein Essen wohl länger als eine Stunde dauern würde. Also aß ich eine Pizza Cardinale, die gar nicht so schlecht war. Bloß der Teig war viel zu dick. Aber so liebte man die Pizza hierzulande eben.
    Noch eine Viertelstunde.
    Einige Kinder kamen herein. Es war bereits gegen Mitternacht. Wahrscheinlich waren sie fünfzehn oder sechzehn und schon lange keine Kinder mehr. Irgendwann einmal würde ich den Anschluss verlieren, über „die Jugend von heute“ schimpfen und die Vergangenheit verklären. Oder verdrängen, je nachdem. Nächstes Jahr würde ich vierzig werden. Zum ersten Mal beunruhigte mich dieser Gedanke. Ich blickte wieder auf die Uhr. Endlich. Zeit, zu zahlen.
    Unsere Fotos waren schon fertig. Ich hatte sicherheitshalber von jeder Aufnahme drei Kopien machen lassen.
    „Soll ich die verwackelten Bilder gleich weggeben?“, fragte der Verkäufer.
    „Nein“, rief ich rasch, „geben Sie mir alle Bilder.“
    „Aber Sie brauchen die schlechten Bilder bei uns nicht zu bezahlen.“
    „Ich möchte sie alle, wirklich.“
    Wir standen in der U-Bahn-Unterführung und öffneten die Fototasche. Meine Finger zitterten. Auch Vesna war lange nicht so ruhig, wie sie tat.
    Die Fotos waren nach dem Aufnahmedatum geordnet. Es waren doch mehr als elf. Die ersten stammten vom zehnten April, dem Tag ihrer Ankunft. Es waren typische Ferienschnappschüsse. Sie zeigten den Stephansdom, einen Fiaker, das Parlament, die Kärntnerstraße. Auf den zwei letzten Fotos des Tages war die Außenansicht des Freud-Museums zu sehen. Elfter April: Vier Fotos vom Haus in der Birkengasse aus unterschiedlicher Perspektive, aber alle von außerhalb des Gitterzauns aufgenommen. In der Garagenauffahrt stand dasselbe schwarze BMW-Kabrio wie bei der Wohltätigkeitsparty. Zwei der Bilder waren verwackelt. Menschen waren keine zu sehen, nur das Haus, das im Gegenlicht aufgenommen viel düsterer wirkte als in Wirklichkeit. Warum hatte Jane Cooper zwei Bilder verwackelt? War sie gestört worden? Oder war es die Vorstellung gewesen, dass hier ihre Großmutter gelebt hatte, dass von hier ihre Urgroßeltern vertrieben worden waren? Dass das der Schauplatz war, an dem die ersten Briefe nach Amerika geschrieben worden waren?
    Zwölfter April: Zwei Bilder von der Außenansicht des Freud-Museums. Diesmal allerdings stand sie selbst neben der Eingangstüre. Lächelnd. Die dunklen Augen hatte sie von ihrer schönen Großmutter geerbt. Noch ein Bild, das vor dem Museum aufgenommen worden

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