Freunde müssen töten - Thriller (German Edition)
Presse-Aussendung aus der PR-Abteilung zu widmen, die noch immer um Schadensbegrenzung wegen der Presseberichte bemüht war. Als er sie mit seinen Anmerkungen versehen abgeschickt hatte, surrte sein Computer und eine Mail mit Anhang landete mit dem Vermerk „autorisiert“ in seinem Posteingangsordner. Ohne dass Braun irgendetwas tun musste, öffnete sich die Mail:
Lieber Freund, danke für dein Zeichen; habe alles verstanden; morgen früh kannst du das Werk begutachten; bin in Eile wegen der Vollendung; hier der derzeitige Stand. Dein treuer Freund.
Mit einer bösen Vorahnung öffnete Braun das Attachment. Zunächst konnte er nichts erkennen, das Foto wirkte wie ein abstraktes Gemälde, doch nach und nach kristallisierten sich die Einzelheiten heraus. Vor einem glänzenden, leicht verschwommenen Hintergrund war die Vergrößerung eines menschlichen Oberarms zu sehen. An der zarten Schulter war mit einem schwarzen Faden ein noch blutiger weißer Taubenflügel angenäht. Feine Blutspuren, die von den Einstichen abgingen, zeigten Braun, dass das Opfer während dieser Tortur noch am Leben gewesen war.
„Dieses perverse Schwein! In welchem Horrorfilm befinde ich mich eigentlich!“
Wutentbrannt sprang Braun auf und knallte seinen Drehstuhl gegen die Wand. Riss das Fenster auf und die eiskalte Nebelluft schwappte in sein Büro. Er streckte den Kopf aus dem Fenster, atmete tief die abgasverseuchte Luft ein und wünschte sich den Absender der Mail nur für einen Augenblick hier in sein Büro. Mit seinen Fäusten würde er ihm das kranke Hirn aus dem Schädel prügeln. Wütend schlug er das Fenster zu. Jetzt würde er viel für eine Dose Bier geben, aber er konnte nicht einfach zum Anatolu Grill fahren und sich volllaufen lassen, denn jetzt war für ihn die Jagd nach diesem Irren eröffnet.
„Verdammte Scheiße! Ich habe schon wieder eine Mail von diesem Verrückten erhalten!“, brüllte Braun in den Telefonhörer und ließ den EDV-Techniker nicht zu Wort kommen.
„Was läuft hier schief?“
„Beruhigen Sie sich.“ Der Techniker schnaufte laut und redete langsam wie ein Psychologe, der einen Verrückten beruhigen muss, als er die Mail öffnete, die ihm Braun sofort weitergeleitet hatte. „Es handelt sich um einen Trojaner.“
„Was soll die Scheiße!“, tobte Braun und seine Hände wurden an den Knöcheln knallrot, so sehr drückte er den Hörer zusammen. Er konnte nur mit Mühe den Drang unterdrücken, das Telefon gegen die Wand zu schleudern. „Also, ganz langsam, für beschränkte Arschlöcher wie mich. Was ist ein Trojaner?“
„Ein Trojaner ist eine Art Spionagesoftware, die anderen Zugriff auf Ihren Rechner gibt. Kommt aus der griechischen Mythologie – trojanisches Pferd. Na, klingelt es? Da hat wohl einer in der Schule nicht aufgepasst.“
„Spar dir deine blöden Witze! Hier werden Menschen gefoltert und du findest das komisch, du Arschloch?“, brüllte Braun in den Hörer und der EDV-Mann kapierte augenblicklich, dass er zu weit gegangen war.
„Sorry, aber jetzt im Ernst. Die Mail wechselt ständig die Identität und kann deshalb nicht herausgefiltert werden. Wir können im Augenblick nichts tun.“
„Heißt das, ich bekomme jetzt ständig diese Mails?“
„Wenn es die Mails von dem Verrückten sind, dann mit Sicherheit.“
„Das heißt, unser Absender ist ein Computerfreak?“ Braun hatte sich wieder beruhigt.
„Nein, so einen Trojaner kann man sich problemlos aus dem Internet herunterladen und für seine Zwecke umformatieren. Kann im Prinzip jeder, der mit Computern zu tun hat“, dämpfte der Techniker Brauns aufkommende Euphorie.
„Verdammt! Es gibt also keine Möglichkeit, den Absender der Mails zu eruieren.“
„Doch, aber bis wir die IP-Adresse herausgefunden haben, müssen wir den Mailfluss genau analysieren. Das sind viele Mails und das dauert.“ Der Techniker machte eine kurze Pause und biss von einer Art Müsliriegel ab, jedenfalls kam es Braun so vor, denn das Krachen im Lautsprecher war infernalisch.
„Von wie vielen Mails sprechen wir?“
„Grob geschätzt sind das zehntausend Mails.“
„Ach du Scheiße!“, stöhnte Braun und legte frustriert auf.
22. Die Legende der Vogelmädchen
Raphael Goldmann war völlig außer Atem, als er den schmalen Gang entlanghinkte, der von dem unbenutzten alten, vermoderten Keller der Klinik in die Lagerräume führte. In diesem Teil wurden ausrangierte medizinische Geräte, wackelige Betten und kaputte Rollstühle
Weitere Kostenlose Bücher