Freunde müssen töten - Thriller (German Edition)
du?“
„Ich mache mich auf den Weg zu Wagners Frau. Einer muss ihr ja die traurige Nachricht überbringen.“ Braun sprang jetzt ebenfalls von der Bühne, riss seinen Mantel von einem Stuhl und steuerte auf das Foyer zu, blieb aber plötzlich stehen.
„Scheiße, ich habe keine Ahnung, wo Wagner wohnt.“
„Ich weiß es, Chefinspektor! Ich weiß, wo Dr. Wagner wohnt“, hörte Braun plötzlich eine Stimme hinter seinem Rücken. Peter Klein, der Fahrer von Wagner, stand noch immer neben dem schwarzen Mercedes. In der Hektik hatten alle völlig auf ihn vergessen. Natürlich kannte er Wagners Adresse, er hatte ihn ja oft genug nach Hause gefahren. Klein wies mit der Hand auf den Wagen. „Ich kann Sie auch fahren, Chefinspektor.“
„Ja, warum nicht! Dann kann ich in der Zwischenzeit telefonieren“, sagte Braun.
Im Gegensatz zu der schwarzen Halle war es in dem luxuriösen Wagen angenehm warm und langsam fiel die Anspannung von Braun ab. Er telefonierte mit dem EDV-Techniker, aber der wusste noch nichts Neues zu berichten, noch immer wurde der Mailfluss überprüft. Brauns nächster Anruf galt der Spurensicherung, ob man mit den Fingerabdrücken auf dem Koffer schon weitergekommen sei. Doch auch dort war noch kein Ergebnis eingelangt und Brauns Nervosität nahm wieder zu.
Eine zähflüssige schwarze Schlacke! Genauso kam ihm diese Ermittlung vor. Alles eine einzige dickflüssige, schmierige Soße ohne Anfang und Ende. Kein Durchbruch in Sicht, nur böse Überraschungen, so wie die mit Wagners Tochter, und Stillstand. Vielleicht bin ich zum Stillstand verdammt!, dachte Braun und starrte in hinaus in das Grau, beobachtete die Nebelschwaden, die sich zwischen den Kränen und Containern durchwälzten, hinaus auf die Donau trieben, wo die Frachtschiffe wie lange schwarze Schlangen langsam zu den Löschstationen fuhren. Irgendwo da draußen war jemand, der so lange nicht mit dem Töten aufhören würde, bis man ihn erwischt hatte. Da war sich Braun absolut sicher.
Eine grenzenlose Mutlosigkeit erfasste ihn und da sie noch immer am Containerhafen im Stau steckten, kam ihm die rettende Idee, sich mit einem schnellen Bier wieder positiv zu polen. Deshalb beugte er sich zu Klein, der konzentriert auf den Verkehr achtete, um sich dann schnell in die übliche Kolonne in der Industriezeile einzugliedern.
„Wir machen noch einen kleinen Abstecher zum Hafen.“ Die altmodische Leuchtreklame des Anatolu Grill blinkte schwach aus dem Nebel, als der Wagen hielt.
„Kommen Sie mit auf ein Bier?“ Klein überlegte kurz, nickte dann zustimmend und ein Lächeln huschte über sein ansonsten ausdrucksloses Gesicht.
„Wenn es Ihnen nicht zu viele Umstände macht, Chefinspektor, hätte ich lieber ein Wasser.“
„Auch gut!“, sagte Braun und nahm anstelle der zwei Bierdosen, die Kemal schon auf den Tresen gestellt hatte, eine Flasche Wasser. Fröstelnd lehnten beide an dem wackeligen Stehtisch und beobachteten die endlos langen Frachtzüge, die mit Containern beladen von den Schiffen zu den Industrieanlagen über die Straße ratterten und den Autoverkehr jetzt zum Erliegen brachten.
Plötzlich zog Klein einen Fettstift aus seiner Jacke, cremte sich damit die Lippen ein, schob die Kappe wieder über den Stift, verfehlte beim Wegstecken die Tasche und der Stift fiel zu Boden, Klein bückte sich schnell und hob ihn auf. Das hatte nicht länger als zehn Sekunden gedauert, reichte aber für Braun, denn jetzt sah er die Szene vor seinem inneren Auge:
Der Lippenstift der jungen Frau fällt zu Boden und ich hebe ihn auf, zwei Worte stehen auf der goldenen Fläche – „For Lola“. Sie nimmt ihn und die Zeiger einer ungewöhnlichen Uhr blitzen im Neonlicht.
„Kemal! Vor ein paar Tagen war eine junge Frau hier, als ich mein Bier getrunken habe. Eine junge Frau mit schwarzen Haaren, in einem abgewetzten Leopardenmantel und mit einer dicken Sonnenbrille. Erinnerst du dich noch an sie?“, rief er ganz aufgeregt dem dicken Wirt zu, der mit einem schmierigen Lappen in seiner Baracke die Gläser polierte. Kemal runzelte die Stirn und dachte angestrengt nach.
„Klar doch, tolle Braut, es kommen ja nicht viele Frauen hier in den Hafen. Ich kann mich gut erinnern, für meinen Geschmack aber etwas zu dünn!“
„Und? Ist dir etwas aufgefallen, hat sie telefoniert? Wo ist sie abgeblieben?“
Betrübt schüttelte Kemal den Kopf, eine senkrechte Ader auf seiner Stirn trat wulstig hervor, er kniff die Augen zusammen, doch plötzlich
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