Freunde und andere Feinde: Endzeit-Thriller (German Edition)
auf wundersame Weise von den Maschinen gerettet wurde und in der neuen Welt alleine aufwachte, malte ich mir den schrecklichen Tod meiner Kinder aus. Ich wurde direkt bewusstlos. War wohl ein Schlaganfall. Als ich erwachte, sah ich zum ersten Mal mein entstelltes Spiegelbild in der neuen Welt.“ Sie ließ die Klinge auf den Boden fallen, präsentierte die kurze Schnittwunde an der Wange und verwischte mit ihrem Handrücken das Blut. „Hat nicht wehgetan“, fügte sie hinzu.
„Das tut mir Leid. Ich dachte, deine Kinder wären hier.“ Der Metzger spielte auf Vidal, Nada, Zehvier und auch Beo an.
Samira schmunzelte. „Das ist Irrglaube. Offiziell sind die Königskinder, mein Gatte und ich eine strahlende Familie, doch in Wahrheit verbindet uns nur die Tatsache, dass wir alle einsam in der neuen Welt aufwachten. Der König war der erste, der die Idee hatte, nicht alleine sein neues Leben zu beginnen. Er überredete uns, eine Scheinfamilie zu gründen, mit einer klaren Hierarchie, ein Nichtangriffspakt. Wir waren die ersten, die zusammenarbeiteten und nicht den Anderen nur um sein letztes Hemd bringen wollten. Allein das verschafft uns die Ehre heute in diesem prunkvollen Gefängnis Leben zu dürfen, statt nur in einer kleinen Zelle. Seine pragmatische Ader macht den König zwar kalt, aber effektiv.“ Sie schaute sich um. „Ist das alles nicht sehr deprimierend?“
„Mit der Zeit wird es erträglicher“, antwortete der Metzger nüchtern.
Samira trat vor ihn und strich ihm sanft über die Wange. „Warum bist du überhaupt noch am leben?“
Der Metzger zögerte erst einen Moment, ehe er sagte: „In der alten Welt habe ich Versprechen gegeben.“
„An eine Person, die du liebst?“, fragte Samira neugierig und wirkte dabei etwas erheitert.
Der Metzger nickte.
„War diese Person auch so hässlich wie ich?“
„Du bist nicht hässlich.“
„Du bist süß, Metzger.“ Sie lächelte erneut und ließ von seiner Wange ab. Langsam drehte sie sich um, verließ die Küche und sprach vor sich hin: „Wir sind alle bereits tot, doch haben nur vergessen umzufallen.“
Am liebsten wären beide noch am gleichen Tag umgefallen.
6
Die pechschwarzen Wolken standen drohend über dem königlichen Hof, als Vidal von vier Maschinen überrascht wurde. Anfangs erschrocken über die aus dem Nichts erscheinenden Maschinen, griff er zum Maschinengewehr, ließ jedoch seine Waffe stecken, als er die Überraschung als die nervigen Maschinen identifizierte.
„Unser guter Freund Vidal!“, stimmte die vorderste Maschine ein. „Wie geht es unserem Brudermörder?“
Vidal war wieder einmal verwundert über die Allwissenheit der Maschinen. Zuerst wiegte er sich in der kindlichen Hoffnung, die Eskalation im Ödland würde ein Geheimnis unter den Königskindern bleiben.
„Gut und selbst?“, erwiderte er gelassen.
„Eiskalt der Kerl“, kicherte die Maschine. „Wir wunderten uns nur, warum ihr euch in letzter Zeit wie die Schweine abschlachtet.“
„Vielleicht, weil wir Schweine sind“, säuselte Vidal.
„Siamak wurde ja auch wie ein Schwein abgeschlachtet und serviert“, plapperte eine Maschine aus dem Nähkästschen.
Vidal wunderte sich über das merkwürdige Wortspiel der Maschinen, bis der Groschen fiel. Er machte große Augen und schrie. „DER SCHEISS METZGER! Ich wusste es.“ Sofort wirbelte er um und lief in Richtung des Landhauses.
„Oh, da habe ich mich jetzt aber verplappert“, sagte die Maschine kichernd. Im schnellen Flug folgte sie Vidal mit ihren mechanischen Freunden. „Ist doch kein Grund, gleich etwas zu überstürzen, Vidal. Das macht Siamak nun auch nicht mehr lebendig.“
Vidal hörte nicht weiter auf die Einwände. Er sprintete zu Nada und Zehvier, die gerade aus dem königlichen Landhaus spazierten. Die Maschinen stellten sich in diskreter Entfernung auf und beobachten die Königskinder.
„NADA! ZEHVIER!“, schrie er und stoppte kurz vor ihnen. „Nehmt eure verdammten Waffen und hört zu!“
„Zu heiß gebadet, Kumpel?“, fragte Nada, der nicht nach Arbeit war. Sie verkehrte in ihren Gedanken bereits als Schutzgeldeintreiber, wo sie weniger Arbeit, dafür viel Einschüchterungen und Gewalt erwarten würde. Sie lächelte.
„Hört mir zu, verdammt!“, keuchte Vidal.
Zehvier verschränkte die Arme. „Heute ist unser freier Tag, vergiss das nicht.“
Überflüssig zu erwähnen, dass Zehvier auch nicht in Stimmung war, sich zu bewegen. Aber das war er nie. An keinem
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