Freundinnen wie diese - Koslow, S: Freundinnen wie diese
auf, sich doch aufs Sofa zu setzen. Sie war auf der Suche nach drei eigenständigen Mitbewohnern, nicht nach einem eingespielten Team. Was, wenn Salz und Pfeffer alles zu zweit machten? Andererseits wirkten diese beiden hier zugänglicher als all die Unglückseligen, die am letzten Wochenende zur Besichtigung da gewesen waren – und deren Telefonnummern sie einfach weggeworfen hatte, auch die der Cellistin aus Iowa. »Es ist folgendermaßen.« Quincy wählte ihre Worte mit Bedacht – ein Charakterzug, den vor allem jener Mann verachtet hatte, der hier ausgezogen war, und nicht zuletzt mit dem Vorwurf, dass sie seit ihrem Kennenlernen nicht ein einziges Mal spontan gehandelt habe. »Meins ist das große Zimmer am Ende der Diele, das mit dem eigenen Bad. Aber damit es fair bleibt, zahle ich natürlich auch mehr als die anderen drei Mieter.«
»Einverstanden«, erwiderte Talia. Die Miete war vierzig Dollar niedriger als für alles andere, was Chloe und sie sich bisher angesehen hatten. Um nicht vor lauter Freude breit zu grinsen, schob sie sich einen der kleinen braunen Snacks in den Mund. Talia hatte noch nie Austern gegessen, ob nun geräuchert oder sonst wie. Doch es schmeckte ihr.
»Ich will ehrlich sein: Wenn ich zu Hause bin, brauche ich meine Ruhe, denn« – Quincy versuchte abzuwägen, wie sie eingeschätzt wurde – »ich versuche, ein Buch zu schreiben.«Eindeutig als hochmütig, dachte sie. »Keine Sorge. Es ist nicht so was wie ›Männer sind vom Mars, Frauen von der Venus‹. Ich arbeite als Assistentin bei der Zeitschrift ›People‹«, fügte sie hinzu, als würde das alles erklären. »Meistens komme ich abends nicht vor zehn nach Hause. Und um halb elf bin ich total erledigt.« Die zwei Wohnungsjäger sahen sie mit undurchdringlichem Blick an. »Außerdem werde ich immer als Sauberkeitsfreak beschrieben.«
Talia war bei dem Gedanken hängen geblieben, wie es wohl sein mochte, einen Job zu haben, bei dem man wichtig genug war, um bis weit in den Abend hinein zu arbeiten. Das hätte sie wirklich zu gern gewusst, doch sie sagte: »Definiere mal, was Sauberkeitsfreak für dich heißt.«
»Ich verspreche, nur alle paar Monate mal das Parkett zu bohnern oder die Fenster zu putzen. Doch mit vor sich hin gammelnden Essensresten im Kühlschrank oder im Spülbecken kann ich nicht leben.« Quincy hatte schmale Finger mit kurzen, gerade abgeschnittenen Nägeln, mit denen sie auf dem Tisch trommelte, während sie sprach. »Aber vor allem hasse ich verfilzte, dreckige Teppiche.« Talia warf einen Blick auf den blanken Holzfußboden. »Wir hatten Teppiche«, erklärte Quincy. »Er hat sie alle mitgenommen.«
»Meine Eltern haben mir einige schöne alte Perserteppiche versprochen«, erzählte Chloe. »Mein Dad kann sie von New Canaan herunterfahren.«
Quincy fragte sich, ob sie diese Blondine, die so einen liebenswürdigen Eifer ausstrahlte, falsch eingeschätzt hatte. Quincy war fünfundzwanzig. Chloe, dachte sie, müsste doch noch etwas jünger sein. »Und mit Leuten, die zu viel trinken, kann ich auch nichts anfangen.«
»Das tun wir garantiert nicht.« Chloe lachte. Sie hatte sich mit einiger Mühe zu einem geselligen Glas Chardonnay hochgearbeitet; und Talia trank höchstens am Wochenende mal ein Bier, oder auch zwei.
»Gegen einen Joint auf einer Party habe ich nichts, aber Zigaretten kann ich nicht ausstehen. Ihr raucht doch beide nicht, oder?«
»Absolut nicht«, sagte Talia und spürte Chloes Blick auf sich ruhen. Sie wusste, dass sie jederzeit aufhören konnte. Tom hasste diese Angewohnheit genauso sehr wie Chloe.
Die drei warteten darauf, dass eine von ihnen das Wort ergriff. »Und dass hier keine ihren Freund in Boxershorts herumlaufen lässt, versteht sich wohl von selbst.« Quincy hielt kurz inne – ach, was soll’s – und sprach ihren Wunsch dann doch aus. »Eins ist mir wirklich wichtig, nämlich ein Abendessen mit meinen Mitbewohnern mindestens einmal die Woche. Aber keine Regel ohne Ausnahme natürlich.«
Chloe ging sofort darauf ein, auch wenn sie sich später wunderte, wie sie gleich so direkt werden konnte. »Wir sind auch auf der Suche nach einer WG, in der wir alle Freunde sein können.« Vielleicht war Quincy ja eine weitere Talia, die ihr helfen würde, New York zu entdecken.
Quincy wunderte sich ebenfalls. Könnte sie sich mit diesen beiden Frauen anfreunden? Sie hatte nie weibliche Vertraute gehabt und wollte auch an der Universität nie Mitglied in einer
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