Freundinnen wie diese - Koslow, S: Freundinnen wie diese
kommt ihr gar nicht mit?«, rief sie, und die anderen folgten ihr.
»Bist du aus der Gegend hier?«, fragte Quincy Jules.
Ist das nicht offensichtlich?,
dachte Talia. Ihr Akzent war doch unverkennbar. Talia war ganz stolz, dass sie die Leute aus Jersey und Brooklyn allmählich schon recht gut auseinanderhalten konnte, auch wenn ihr das mit Brooklyn und der Bronx wohl nie gelingen würde.
»Aus Staten Island«, erwiderte Jules. Sie gingen durch alle Zimmer. Als sie das Esszimmer betraten, blieb Jules stehen und schlug sich die Hand vor die Brust. »Heilige Scheiße. Die ganze verdammte Wohnung meiner Ma hätte in diesem Raum hier Platz. Aber wann wurde hier denn zuletzt gestrichen? 1975?«
»Darüber lässt der Vermieter leider nicht mit sich reden – nicht bei dieser Miete.« Noch einmal nannte Quincy den Betrag.
Jules stieß einen Pfiff aus. »Wie gut, dass ich einen Maler bei der Hand habe, der den Job an einem Wochenende erledigen kann, kein Problem. Und ihr könnt hier offenbar auch noch ein paar Möbel gebrauchen. Aber die kann ich mitbringen, ich habe sowieso gerade Schluss gemacht mit meinem Mistkerl von einem Freund und habe jede Menge Kram, weil ich nebenbei noch Antiquitäten verkaufe.«
Nebenbei von was?,
ging es den anderen durch den Kopf. »Du hast gerade eine Trennung hinter dir?«, fragte Quincy.
»Der Kerl hat gesoffen, und ich hab’s erst nicht gemerkt wegen seines großen Na-du-weißt-schon. Aber über den bin ich hinweg. Wie sieht’s denn bei dir aus?« Doch noch ehe Quincy antworten konnte, sprach Jules schon weiter. »Keine üble Küche«, sagte sie, lief durch den Raum, öffnete Schränke und fuhr mit den Fingern über die Herdplatten. »Meine Nonna hat mir auf einem Royal Rose wie dem hier alles beigebracht.«
»Du kannst kochen?«, fragte Quincy.
»Trägt der Papst einen Partyhut?«
»Es heißt Mitra, glaube ich«, half Chloe, was die anderen jedoch aus reiner Höflichkeit ignorierten. Vom Foyer her hörten sie es klingeln – ein-, zwei-, dreimal. Quincy ging zur Gegensprechanlage und wollte schon den Knopf drücken, doch Jules war ihr gefolgt und legte ihre Hand auf Quincys. »Hey, Quincy Peterson, wie wär’s, wenn du denen, die da raufkommen wollen, sagst, dass die Zimmer schon vermietet sind?«
Ist das nicht meine Entscheidung?,
dachte Quincy. Aber Jules de Marco war noch nicht fertig. »Ich habe ein gutes Gefühl mit uns«, sagte sie, trat einen Schritt zurück und zog dann alle drei Frauen an sich, als wollte sie Kriegsrat mit ihnen halten. Oder auch sie einfach nur umarmen. Talia musste lachen, Quincy wurde vor Verlegenheit ganz steif und Chloe lief puterrot an. »Irgendetwas«, verkündete Jules, »sagt mir, dass wir alle ganz großartige Freundinnen werden.«
Und zehn Jahre lang waren sie das auch.
»Auf meinem Schreibtisch ist soeben per Fax eine Wohnung gelandet, die auf dem Markt offiziell noch nicht gelistet ist – die müssen Sie sofort besichtigen.« In Hortons Stimme lag eine Dringlichkeit, die für Hurrikanwarnungen reserviert sein sollte. Aber im Jahr 2007 wäre jeder, der sich jemals durch das Dickicht des Immobilienmarktes geschlagen hatte, misstrauisch geworden, wenn ein Makler auch nur einen Anflugvon Passivität gezeigt hätte. Und auch die Käufer von Eigentumswohnungen und Genossenschaftsanteilen in Manhattan und in den grüneren Gegenden von Brooklyn wussten, dass nur die Kunst des Überraschungsangriffs ihnen helfen konnte: erspähen, zupacken, Angebot abgeben. Eine langwierige Diskussion über die Pros und Kontras hob man sich besser für den Kauf eines Sofas auf.
Mehrmals die Woche mailte Horton mir Angebotslisten, aber er rief nur selten an. Es musste sich also um etwas Großes handeln. »Wo ist sie?«, fragte ich und trank meinen lauwarmen Kaffee aus.
»Central Park West.« Horton nannte einen der steinernen Paläste, den man vom Namen her kannte, das Eldorado – jenes mythische Königreich, dessen Stammesfürst sich mit Goldstaub bestäubte; ein Brauch, der auch den meisten Bewohnern dieses Apartmentgebäudes nicht fremd war – berühmte Schauspieler, bedeutende Psychotherapeuten und ein Haufen Vogelscheuchen, die einfach Glück gehabt hatten im Leben. Die beiden von Art-déco-Spitzen gekrönten Zwillingstürme dieses Gebäudes thronten über dem graublauen Reservoir, dem größten See des Central Park, und warfen auch einen scharfen Blick hinüber auf die Fifth Avenue.
»Das Gebäude kann ich mir nicht leisten«, erwiderte
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