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Frevel: Roman (German Edition)

Frevel: Roman (German Edition)

Titel: Frevel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Parris
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Augen zu schmalen Schlitzen und starrt mich weiterhin finster an. Offensichtlich hofft sie, dass ich klein beigebe.
    »Ned Kelley ist also dein Mann. Wo steckt er dann?«
    Sie zuckt die Achseln. Im Kerzenlicht sehe ich, dass sie älter ist, als ich zunächst angenommen hatte, eher vierzig als dreißig. Noch immer lässt sich erkennen, dass sie einst zwar nicht schön, aber mit ihrem kantigen, von Willensstärke zeugenden Gesicht doch recht anziehend gewesen sein muss.
    »Er ist nicht da. Doch er kommt zurück, und dann ergeht es Euch schlecht.«
    »So? Wenn er zurückkommt, beabsichtigt er dann, den Mann, der ihn beherbergt und ihm zu essen gibt, auch weiterhin schamlos zu betrügen? Was erhofft er sich von dieser Scharade? Hat ihn jemand dazu angestiftet?«
    »Ich weiß nicht, wovon Ihr redet«, faucht sie, wendet aber den Blick ab. »Ich stecke meine Nase nicht in die Angelegenheiten meines Mannes.«
    »Sehr klug von dir, denn die bestehen hauptsächlich darin, junge Mädchen zu ermorden.«
    Jetzt habe ich sie getroffen; sie fährt mit offenem Mund und vor Schreck geweiteten Augen zu mir herum, hat sich aber gleich wieder in der Gewalt.
    »Mein Mann hat nie jemandem auch nur ein Haar gekrümmt, Ihr elender Verleumder – seine Gaben stammen von Gott. Von einem Ausländer kann man wohl nicht erwarten, dass er diese Dinge versteht. Eure Augen sind ja so schwarz wie die eines Mohren«, fügt sie gehässig hinzu.
    »Vielleicht hatte sich meine Urgroßmutter einen Mohren mit in ihr Bett genommen, wer weiß?« Ich greife nach der Kerze und erhebe mich. Diese Engländer haben bedauerlich wenig Fantasie. Ich sehe, wie sie das Buch unter meinem Arm mustert.
    »Wo ist dein Mann?«, wiederhole ich. »Ich kenne einige Leute, die sich nur allzu gern einmal mit ihm über seine sogenannten Gaben unterhalten würden.« Ich hebe die Kerze bis an ihr Gesicht, sie ist jedoch eine groß gewachsene Frau, so groß wie ich und wesentlich stämmiger. Sie lässt sich damit auch nicht einschüchtern, sondern sieht mir so unverschämt wie eine Southwarkhure fest in die Augen.
    »Ihr könnt dieses Buch nicht mitnehmen, Ihr habt kein Recht …«, beginnt sie von neuem. Meine Geduld ist erschöpft.
    »Sprich du nicht von Recht, Mädchen«, zische ich, packe sie am Oberarm und stoße sie gegen den Türrahmen. »Gerade du nicht. Du und dein Mann, ihr nutzt die Großzügigkeit eines gutherzigen Mannes und seiner Frau schamlos aus. Sag mir jetzt sofort, wo er ist!« Ich schüttele sie grob, woraufhin sie die Zähne fletscht. Zufrieden registriere ich, dass zumindest ein Anflug von Furcht in ihrem Gesicht aufflackert, ehe sie zum Gegenangriff übergeht.
    »Großzügigkeit, sagt Ihr? Ich nenne das Gutgläubigkeit. Ich weiß nicht, wo Ned ist – vermutlich ist er dort, wo weder ein Hexenmeister wie Ihr ihn je finden werdet noch ein Narr wie John Dee.«
    »Wie gut, dass die Palastgarde der Königin für solche Suchaktionen besser ausgebildet ist. Vor allem, wenn sie einen Mann aufstöbern muss, der unter Mordverdacht steht.«
    Das lässt ihre Aufmüpfigkeit ins Wanken geraten. Sie versucht, mir ihren Arm zu entreißen, aber da wir beide Kerzen in der Hand halten, ist ihre Bewegungsfreiheit eingeschränkt.
    »Ned hat niemanden umgebracht. Das war nie …«
    »Nie was?« Ich schüttele ihren Arm stärker. »Nie Teil der Abmachung? Vielleicht haben dein Mann und sein Geldgeber die Abmachung geändert. Wie dem auch sei, Elisabeths Schergen werden die Wahrheit schon auf die eine oder andere Weise aus ihm herausbekommen.«
    »Warum tust du Johanna weh?«, fragt eine piepsende Stimme irgendwo auf Höhe meiner Knie. Ich spähe nach unten und sehe Arthur Dee auf dem Treppenabsatz stehen. Seine ernsten Augen wandern von mir zu Kelleys Frau. Widerwillig gebe ich sie frei. Sie wirft mir einen triumphierenden Blick zu, streicht umständlich ihre Röcke glatt und reibt sich so demonstrativ den Arm, als wäre sie schwer misshandelt worden. Was sie mehr als verdient hätte, denke ich, während ich angewidert das Gesicht verziehe.
    »Ist dort oben alles in Ordnung, Doktor Bruno?«, ruft Jane Dee vom Fuß der Treppe her.
    »Alles bestens.« Ich beuge mich zu dem Jungen hinunter. »Niemandem ist etwas geschehen, Arthur. Sollen wir zu deiner Mutter zurückgehen?«
    Er nickt und schiebt seine kleine Hand in die meine. Wir wenden uns ab und überlassen es Johanna Kelley – falls das wirklich ihr Name ist –, die Sachen ihres Mannes in die Truhe zurückzulegen.
    »Ich mag

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