Frevel: Roman (German Edition)
jungen Höfling nicht unbedingt ein Hindernis darstellen; Philip Howard könnte leicht die Zuneigung einer jungen Hofdame gewinnen, wenn er behauptete, seine Frau sei leidend, und andeutete, vielleicht bald nach einer neuen Ausschau halten zu müssen. Und welcher Mann bezeichnet die grässlichen Morde an zwei jungen Frauen als »unbedeutende Vorfälle«? Mein Verdacht gegen die Howards verdichtet sich wieder. Zu meiner Verwunderung sagt Mendoza nichts dazu, dabei war er heute Abend der Erste, der zu jedem Thema seine Meinung zum Besten gegeben hatte.
Als der Tisch endlich abgeräumt ist, entschuldigt sich Anne Howard unter dem Vorwand, müde zu sein, obwohl mir ihr Aufbruch irgendwie wie einstudiert vorkommt. Ich frage mich, ob sie ahnt, warum ihr Mann und sein Onkel diese so seltsam zusammengewürfelte Gruppe an ihrer Tafel versammelt haben; vermutlich weiß sie es, zieht es jedoch wie bei Neuigkeiten vom Hof vor, die Augen davor zu verschließen. Die Diener stellen in unmittelbarer Reichweite von mir und Douglas einen neuen Weinkrug auf den Tisch und tauschen die Kerzen aus. Henry Howard erhebt sich von seinem Platz und nimmt einen Diener an der Tür beiseite. In der darauffolgenden erwartungsvollen Stille wird Howards leises Gemurmel von einem anderen Geräusch übertönt, einem seltsamen, irgendwie feuchtklingenden Scharren. Mir wird bewusst, dass sich alle zu mir umgedreht haben. Als ich nach unten blicke, sehe ich, dass der Hund zwischen meinen Füßen liegt und mit offensichtlichem Genuss den Boden ableckt. Ich beobachte ihn halb besorgt, halb neugierig – ich möchte nicht, dass er meine List verrät, allerdings habe ich noch nie einen Hund mit einer Vorliebe für Rheinwein gesehen. Philip verrenkt sich den Hals, um zu sehen, was mich so fesselt.
»Ach, dieser Hund. Meine Frau wirft ihm bei Tisch immer Bröckchen hin«, bemerkt er abschätzig. »Das Vieh hält sich für eine Art Kronprinzen in diesem Haushalt – er ist eben ein Kinderersatz.« Die Verachtung in seiner Stimme lässt keinen Zweifel daran, wer Schuld an der Kinderlosigkeit haben muss.
Henry Howard kehrt zu seinem Platz zurück, und der letzte Diener schließt die Tür hinter sich. Durch diesen Akt bekommt das Schweigen im Raum eine andere Qualität; plötzlich sind wir alle hellwach und beugen uns erwartungsvoll vor. Ich zwinkere ein paarmal heftig und schüttele den Kopf. Obwohl ich nicht annähernd so viel getrunken habe, wie die anderen glauben, war ich doch gezwungen, mehr Wein zu mir zu nehmen als gewöhnlich, und er hat mich stärker benebelt, als mir lieb ist.
»Seit unserem letzten Zusammentreffen klingen die Briefe von Königin Maria ausgesprochen ermutigend«, beginnt Howard, dabei zieht er einen zusammengefalteten Papierbogen aus seinem Wams. Douglas lehnt sich über den Tisch und schenkt mir ein weiteres Glas Wein ein, bevor er sein eigenes nachfüllt. Bei dem leisen Plätschern blickt Howard tadelnd auf, sieht aber als guter Gastgeber davon ab, etwas zu sagen.
»Laut unserem Freund Don Bernadino«, fährt er, auf den spanischen Botschafter deutend, fort, »hat der Herzog von Guise König Philip von Spanien erfolgreich davon überzeugt, uns Geld und Truppen zur Verfügung zu stellen.« Er faltet das Papier auseinander und schwenkt es als Beweis durch die Luft. Während alle Augen auf ihm ruhen, schütte ich drei Viertel meines Weins in die Binsen, wo sich wie immer der Hund darauf stürzt.
»Mein Herr ist sehr erfreut, dazu beitragen zu können, zum Ruhme Gottes den katholischen Glauben wieder in England einzuführen.« Mendoza legt seine großen behaarten Hände flach auf den Tisch und gestattet sich ein bescheidenes Lächeln, doch das triumphierende Glitzern in seinen schwarzen Augen lässt mich zu dem Schluss kommen, dass Castelnau Recht hatte – es ist nicht Gottes Ruhm, der den spanischen Botschafter oder seinen König interessiert.
»Wir beginnen jetzt damit, ernsthafte Vorbereitungen zu treffen, meine Freunde.« Howard hält inne und umfasst mit seinem Lächeln den gesamten Tisch. »Ich habe hier eine Liste katholischer englischer Edelmänner, deren Landsitze sichere Häfen darstellen. Unser unermüdlicher Master Throckmorton reitet just zu dieser Stunde mit einem von Mendozas Abgesandten durch das Land, um jeden von ihnen aufzusuchen und sich deren Unterstützung zu sichern. Wir brauchen so viele Landeplätze für die Truppen wie möglich.« Er reicht das Papier über den Tisch hinweg an Marie weiter, die es mit
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