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Frevel: Roman (German Edition)

Frevel: Roman (German Edition)

Titel: Frevel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Parris
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verraten; im Gegenteil, ich muss mir den Mann mir gegenüber zum Vorbild nehmen.
    »Aye, uns knurrt allen der Magen – wir haben nur auf Euch gewartet.« Douglas schwenkt sein Glas, um es nachfüllen zu lassen. Augenblicklich kommt ein Diener vom anderen Ende des Raumes herbeigeeilt, wo Flaschen und Speisen auf einem hölzernen Büffet angerichtet sind, und schenkt Douglas Wein nach. Ich hebe gleichfalls mein Glas und leere es dann fast in einem Zug. Douglas sieht mir scheinbar beeindruckt dabei zu, und sein Grinsen wird breiter.
    Die Mahlzeit verläuft unbehaglich, da Mendoza Marie und Courcelles mit Fragen bezüglich der verschiedenen Parteien am französischen Hof bombardiert und sie darüber ausfragt, wie stark die französischen Edelleute den Herzog von Guise unterstützen und ob König Henris Ansehen beim Volk sinkt. Gelegentlich spielt er auf König Philips wachsende Bewunderung für den jungen Herzog von Guise an, während Marie affektiert lächelt und mit den Wimpern klimpert, als hinge der Erfolg der Verschwörung allein von der Macht ihrer Reize ab. Die Pausen in ihrem Gespräch werden von uns anderen durch gestelzte Wiedergaben von Hofklatsch oder Abwandlungen derselben Komplimente über das Essen ausgefüllt. Letztere sind zumindest aufrichtig gemeint, der Earl of Arundel beschäftigt einen ausgezeichneten Koch.
    »Ein Italiener«, flüstert Anne Howard, als ich sie darauf anspreche. Die Gräfin ist eher still, isst wenig, sondern stochert nur in den Gerichten herum und betrachtet jeden Bissen so eingehend, als gälte es einen Gedächtnistest zu bestehen, doch durch Aufmerksamkeit und behutsames Nachhaken erfahre ich, dass sie sehr zart und anfällig ist, oft kränkelt und sich selten am Hof einfindet. Obwohl dies, wie sie mir anvertraut, weniger an ihrer schwachen Gesundheit als vielmehr an Ihrer Majestät läge, die jetzt, wo sie im Herbst ihres Lebens steht, eifersüchtig über die Aufmerksamkeit ihrer Höflinge wacht und deren Frauen nur zu besonderen Anlässen im Palast duldet. Die einzigen weiblichen Wesen, die die Königin toleriert, erklärt Anne, sind ihre eigenen Hofdamen, die sie nach Kriterien wie Sittsamkeit und tugendhaftem Ruf auswählt. Da sie mir all dies ohne jegliche Spur von Ironie erzählt, enthalte ich mich eines jeden Kommentares. Als ich sie in einem leichten Ton frage, ob sie keine Angst hätte, ihren gut aussehenden jungen Ehemann in diese fröhliche Hofgesellschaft zu entlassen, antwortet sie mit einem hellen Lachen und vertraut mir an, dass sie den Earl seit ihrer Kindheit kennt – tatsächlich war sie seine Ziehschwester –, und mit vierzehn wurden sie dann miteinander verlobt. Sie sagt das, als wäre ihre gemeinsame Jugend eine Garantie dafür, dass ihr Mann nicht fremdgeht. Ich würde das genaue Gegenteil vermuten, behalte das aber natürlich für mich.
    Würzig duftende, dampfende Gerichte werden aufgetragen: mit Früchten gefüllte Kapaune; Wildbret; mit Thymian und Rosmarin bestreute Kaninchen in sämigen Saucen; Kalbsfußsülze und Lerchen- und Amselpasteten. Diener balancieren Tabletts aneinander vorbei, während der junge Mann mit der Weinflasche schweigend und diskret um den Tisch herumschreitet und dafür sorgt, dass das Glas keines Gastes zu lange leer bleibt. Mendoza isst und trinkt mit demselben Appetit, den er in allen Dingen an den Tag zu legen scheint, spricht andauernd mit vollem Mund und achtet nicht darauf, dass Essensreste in seinem Bart kleben bleiben. Mir fällt auf, dass Henry Howard, der Earl und seine Frau am Wein nur nippen. Douglas und ich dagegen halten den jungen Mundschenk ständig auf Trab, einer von uns hebt immer sein Glas und nickt unauffällig. Fowler trinkt mäßig und sagt wenig. Ab und an blickt er mit neutralem Gesichtsausdruck zu mir hinüber, woraufhin ich kurz lächele und meine Aufmerksamkeit wieder Anne Howard zuwende.
    Angesichts der Zusammensetzung der Gruppe hatte ich erwartet, dass die Invasion mehr oder weniger unverblümt zur Sprache gebracht werden würde, aber als weitere Flaschen geöffnet, Platten abgeräumt und weitere Gänge gebracht werden, sieht es im Moment jedenfalls so aus, als handelte es sich wirklich nur um ein ganz normales Bankett. Ich frage mich, ob diese bewusste Zurückhaltung auf Annes Gegenwart oder die der Diener zurückzuführen ist und wann, wenn überhaupt, die Runde zu einem Kriegsrat wird. Ein Mandeltörtchen wird vor mich hingestellt. Allmählich gehen uns die unverfänglichen Gesprächsthemen

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