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Frevel: Roman (German Edition)

Frevel: Roman (German Edition)

Titel: Frevel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Parris
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Tod haben wir ihn hierher schaffen lassen. Ihr könnt Euch gar nicht vorstellen, was für eine Mühe es macht, so ein Ding von der Stelle zu bewegen. Außerdem ist es natürlich illegal, einen solchen Altar zu besitzen.«
    Seine Stimme klingt erstickt, als er mir den Rücken zukehrt und sich vor dem Altar niederkauert. In den Fuß des Steins ist eine kleine Nische eingelassen; Howard greift hinein und zieht eine hölzerne Schatulle heraus, deren Deckel mit einem kunstvollen Goldeinlegemuster verziert ist. Er nimmt einen Schlüssel aus seinem Gewand und schließt das Kästchen auf. Ich trete zögernd näher, meine Handflächen sind schweißnass, und ich achte darauf, mich außerhalb der Reichweite des Schwertes zu halten. Als ich an dem schwarzen Schrank vorbeikomme, schiebe ich das Messer mit einem leichten Tritt darunter.
    »Von dort aus könnt Ihr nicht richtig sehen.« Er richtet sich auf und dreht sich um. »Kommt.«
    Er hält mir einen in eine Leinenschutzhülle gewickelten Gegenstand hin. Als ich mich zu ihm geselle, wickelt er ihn aus. Ein in verblasstes Leder gebundenes Buch kommt zum Vorschein. Meine Knie werden plötzlich weich, als hätte mich jemand mit kaltem Wasser übergossen, mein Herz macht einen Satz, und ich beuge mich vor, wobei ich das Schwert fast vergesse.
    Kann dies wirklich das Buch sein, hinter dem ich von Venedig über Paris bis Oxford hergejagt bin, das fünfzehnte Buch der Schriften des ägyptischen Weisen Hermes Trismegistos, das Cosimo de’ Medici aus den Ruinen von Byzanz gerettet und dem großen Neoplatoniker Marsilio Ficino zum Übersetzen gegeben hat, der es dann versteckte, als er die Macht seines Inhalts erkannte? Das Buch, das Ficino einem alten Venezianer zufolge, den ich in Paris kennen gelernt habe, dem Buchhändler Vespasiano da Bisticci zur Verwahrung gab, dessen Lehrling es aus Versehen einem englischen Sammler verkaufte; das Buch, das unerkannt in einer Universitätsbibliothek von Oxford gelegen hat, bis ein gerissener Bibliothekar es vor den Säuberungsaktionen der königlichen Kommission rettete; das Buch, das ein skrupelloser Händler namens Rowland Jenkes Dee für ein Vermögen verkauft und das Dee von Henry Howard gestohlen wurde? Bei allem, was mir heilig ist – kann es sein, dass ich endlich das Buch vor mir sehe, von dem man glaubt, es beinhalte das Geheimnis des göttlichen Ursprungs der Menschen und das Wissen, wie man diese Göttlichkeit zurückerlangen kann? Ich wage kaum zu atmen.
    »Öffnet es, wenn Ihr wollt.« Howards Lächeln wird wölfisch, seine Augen glitzern; er gleicht einem Kind, das einem anderen eine Marzipanfigur zeigt, die sein Gegenüber bewundern soll – wohl wissend, dass es sie nie in die Finger bekommen wird. Er nickt ermutigend. Ich strecke eine sichtlich zitternde Hand aus und hebe das Buch aus der Schatulle. In dem Moment, wo ich es aufschlage, kommt es mir so vor, als höre die Welt auf, sich zu drehen, und ich kann meinen Herzschlag wie aus weiter Ferne hören. Die gebundenen Manuskriptseiten sind alt und steif, die griechischen Buchstaben stellenweise so verblasst, dass man sie kaum noch entziffern kann, aber als ich zu lesen beginne, hege ich keinen Zweifel mehr an der Echtheit des Buches.
    Howard nickt erneut, als ich die Seiten umblättere, den Blick hungrig über die Zeilen wandern lasse und daran denke, was ich dafür geben würde, einen Tag mit diesem Buch verbringen, es studieren und kopieren zu können. Endlich wird er ungeduldig.
    »Lest weiter, Bruno. Lasst den Prolog und die ersten Kapitel aus. Befasst Euch mit dem mittleren Teil.«
    Überrascht gehorche ich, und als ich das Buch in der Mitte aufklappe, begreife ich, was der leicht hysterische Ausdruck von Triumph auf seinem Gesicht zu bedeuten hat. Ich lese die griechischen Zeilen – und lese sie noch einmal. Als sich die Furchen auf meiner Stirn vertiefen, beginnt Howard zu lachen.
    »Seht Ihr, Bruno? Seht Ihr?«
    Mich überkommt das verwirrende Gefühl, ins Bodenlose zu fallen. Auch Howard muss so empfunden haben, als er das Buch zum ersten Mal aufgeschlagen hatte. Ich blicke auf die Seite hinab, dann zu Howard, dabei schüttele ich ungläubig den Kopf.
    »Verschlüsselt!«
    »Ganz genau! Das Kernstück des Buches, das geheimste und heiligste Wissen, das es enthält, ist so prekär, dass der Verfasser es nicht gewagt hat, es uncodiert niederzuschreiben. Im Prolog erwähnt Hermes den Großen Schlüssel, den Clavis Magna. Aber dieser muss getrennt von dem Buch

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