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Frevel: Roman (German Edition)

Frevel: Roman (German Edition)

Titel: Frevel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Parris
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ist es je gelungen, diesen Raum zu entdecken, so oft sie das Haus meines Neffen auch durchsucht haben.« In seinen Samtpantoffeln tappt er geräuschlos über die Steinfliesen, um flüchtig die Papiere auf dem Schrank zu mustern. Sein Fuß berührt fast das Messer mit dem beinernen Griff, das ich nach dem Versuch, das Schloss aufzubrechen, auf dem Boden habe liegen lassen. Meine Muskeln spannen sich an, das Dokument unter meinem Hemd kribbelt auf meiner Haut. Wird er sein Fehlen bemerken?
    »Mein Neffe hat sich diesen Raum als Privatkapelle bauen lassen. Der Jesuit Edmund Campion hat hier einmal die Messe gelesen, müsst Ihr wissen. Aber nachdem Campion hingerichtet wurde und der Kronrat verstärkt Jagd auf heimliche Priester machte, verlor Philip ein wenig die Nerven. Kann dem Jungen keinen Vorwurf daraus machen – er war noch sehr jung, als sein Vater wegen Verrat hingerichtet und ihm sein Titel entzogen wurde. Er wollte diesen Besitz nicht auch noch verlieren. Also fanden keine Messen mehr statt, und ich habe diese Kapelle für meine eigene Arbeit übernommen. Wir sprechen nicht davon.« Sein Blick wandert zu dem Altar am anderen Ende des Raums, als erinnere er sich an seine eigentliche Bestimmung. »An dem Tag, an dem sie Campion in Tyburn gehängt und gevierteilt haben – das war der Moment, in dem ich begriff, dass England nicht allein durch Priester und Gebete zum katholischen Glauben zurückgebracht wird.« Als er das sagt, zuckt ein Muskel an seinem Kinn, und seine Hand schließt sich so fest um den Griff seines Schwerts, dass die Knöchel weiß hervortreten. Vielleicht, denke ich, während ich ihn beobachte, steckt hinter seinem Wunsch nach Rache und Aufstieg ja wirklich echte Religiosität, oder alles ist zu ein und demselben verschmolzen. Er schüttelt die Erinnerungen ab und richtet seine Aufmerksamkeit wieder auf mich.
    »Ihr täuscht Trunkenheit übrigens sehr gut vor«, bemerkt er, als wären wir flüchtige Bekannte, die sich in einer Schänke über Belanglosigkeiten unterhalten. »Habt Ihr den guten Rheinwein meinem Hund gegeben? Der arme Bursche hat sich über die gesamte Hintertreppe übergeben.«
    Ich erwidere nichts darauf. Einen Moment lang starren wir uns im Kerzenlicht an, und ich kann ein Erschauern nicht unterdrücken. Der Raum kommt mir eiskalt vor.
    »Nun, Bruno.« Er mustert mich von Kopf bis Fuß. Sein Ton lässt keinen Zweifel daran, dass er sich als Herr der Lage fühlt. »Ich brauche wohl nicht zu fragen, ob Ihr erkennt, was Ihr hier seht.« Er vollführt eine Handbewegung, die die Kreise auf dem Boden, den Altar und den Messingkopf einschließt.
    »Ihr strebt heimlich nach magischem Wissen, während Ihr es öffentlich verdammt«, murmele ich. »Dee vermutete so etwas schon.«
    »Natürlich tat er das«, versetzt Howard ungeduldig. »Er wusste immer, dass ich der geborene Adept bin. Aber er war so arrogant vorauszusetzen, er allein hielte den Schlüssel zu meinen Fortschritten in der Hand und könne mich einfach von den höheren Ebenen dieses Wissens ausschließen. Er wird von Furcht beherrscht, Bruno«, fügt er brüsk hinzu. »Das Letzte, was Dee brauchen kann, ist ein Rivale auf diesem Gebiet bei der Königin. Einem Gebiet, das auf der anderen Seite der Religion, in ihrem Schatten liegt. Er möchte als ihr Hofmagier anerkannt werden, und er wird versuchen, jeden auszuschalten, der ihm dabei in die Quere kommt. Das werdet Ihr selbst noch herausfinden.« Er schüttelt den Kopf und tritt noch einen Schritt näher. Sein kaum einen Fuß von meinem entferntes Gesicht verzerrt sich zu einem grotesken Lächeln. »Aber ihm fehlt der eine Gegenstand, der ihn zum vorherrschenden Magier und Astrologen unserer Zeit machen würde, und er kann vor Verlangen danach kaum schlafen. Genau wie Ihr.«
    »Das verschwundene Buch des Hermes.« Meine Stimme ist kaum zu vernehmen, aber mein Atem bildet in der kalten Luft zwischen uns kleine Wölkchen. »Also habt Ihr es ihm in Oxford gestohlen.«
    Es ist eine Feststellung, keine Frage. Howards Lächeln wird breiter.
    »Es ist irgendwie in meine Hände gelangt. O ja, starrt mich nur an, Bruno. Ihr seid doch vermutlich hergekommen, um es aufzuspüren. Ihr seid ein findiger Geist, das muss ich zugeben.« Er macht auf dem Absatz kehrt und tritt zu dem kleinen Altar, dann dreht er sich um und fixiert mich mit seinen schwarzen Augen.
    »Aber ein Mann im Exil ist immer verwundbar, Bruno. Habe ich nicht Recht? Kein Wunder, dass er nach Mächten strebt, die über

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