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Frevel: Roman (German Edition)

Frevel: Roman (German Edition)

Titel: Frevel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Parris
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langsam um den Tisch herumschreite und Dumas’ Leichnam inspiziere, als könne mir sein armer toter Körper verraten, wer ihm dies angetan hat. Wieder bei seinem Kopf angekommen bleibe ich kurz stehen und berühre leicht sein verfilztes, feuchtes Haar. Vielleicht vor Müdigkeit, Frustration, Kummer oder Schuldgefühlen füllen sich meine Augen plötzlich mit Tränen, und ich muss mich abwenden, um sie ärgerlich abzuwischen.
    »Er mochte Euch«, sagt Castelnau sanft. »Léon war ein eigenartiger Mensch – hielt sich immer für sich. Euch jedoch hat er sehr geschätzt. Ich glaube, für ihn kamt Ihr hier einem Freund am nächsten.«
    »Ich hätte ihm ein besserer Freund sein sollen.« Die Worte kommen als Krächzen über meine Lippen.
    »Wir hätten alle mehr für ihn tun sollen. Nur haben wir nie daran gedacht, als er noch am Leben war. So etwas kommt leider häufig vor.« Castelnau deutet zur Tür. Ich flüstere einen Abschiedsgruß und will mich gerade abwenden, als mein Blick auf Dumas’ Hemd fällt. Auf der linken Seite prangt über seinem Herzen ein unter dem Schmutz aus dem Fluss kaum erkennbarer roter Fleck. Vorsichtig ziehe ich das Hemd zurück und stelle fest, dass die Haut darunter Schnitte aufweist und nur an dieser einen Stelle mit Blut verklebt ist. Ich spucke auf meine Hand, reibe den Speichel auf das getrocknete Blut und benutze das vor Schlamm starrende Leinen des Hemdes, um den Fleck wegzuwischen.
    »Was tut Ihr da, Bruno?« Castelnau tritt näher und schaut jetzt ebenfalls hin; seine Neugier hat über seinen Ekel gesiegt. Ich bringe keinen Ton heraus.
    In Dumas’ Brust wurde mit einer Messerspitze ein astrologisches Symbol eingeritzt, ein Kreis mit einem Kreuz darunter und einem nach oben gebogenen Halbkreis darüber. Einen Moment finde ich keine Erklärung dafür – dieses Zeichen passt nicht zu den anderen; es hat nichts mit Prophezeiungen von der Apokalypse oder der Großen Konjunktion zu tun. Noch während ich das geschickt in das Fleisch meines Freundes eingeritzte Symbol anstarre, fange ich jedoch an, es zu verstehen: Es ist das Zeichen Merkurs, des Götterboten. Dumas’ Mörder hat es als Unterschrift hinterlassen, als bewussten Hinweis auf eine Verbindung zu den anderen Todesfällen und sicherlich als spöttische Anspielung auf dessen Rolle als Kurier. Ich beiße die Zähne zusammen, als mich Zorn in der Kehle würgt. Dieser Mörder betrachtet den Tod als Spiel, ritzt als persönlichen Scherz Zeichen in die Haut – aber für wen sind sie bestimmt? Im Gegensatz zu den Zeichen des Jupiters und des Saturns scheint dieses wie eine nachträgliche Überlegung hinzugefügt worden zu sein. Dumas’ Tod war eine Notwendigkeit, keine öffentliche Zurschaustellung, und dennoch stellt dieses Zeichen eine Botschaft des Täters an irgendeinen dar, der die Bedeutung erfassen würde, bekäme er es zu sehen. Ob ich derjenige bin?
    »Was ist das?« Castelnau zeigt mit einem Finger auf das Mal.
    »Eine Messerwunde, denke ich.« Ich zupfe das Hemd des Toten wieder zurecht und presse die Handfläche einen Augenblick lang auf sein nicht mehr schlagendes Herz.
    Der Botschafter mustert mich lange. Seine Augen sind klein und blutunterlaufen, die Haut darunter ist schlaff, doch er sieht mich an wie ein Vater seinen ungeratenen Sohn.
    »Ihr solltet jetzt baden, Bruno. Später möchte ich natürlich auch Eure Version dessen hören, was sich in Arundel House zugetragen hat. Aber vorher müsst Ihr unbedingt schlafen.«
    »Und Ihr, Mylord?«
    »Ich finde leider keinen Schlaf.« Er streicht mit beiden Händen über sein Gesicht, die Geste wirkt wie das Eingeständnis einer Niederlage. »Ich muss heute Morgen Mendoza aufsuchen. Die Verbindung zwischen Maria Stuart und den Spaniern wird täglich enger, und wenn wir nicht aufpassen, werden sie sogar den Herzog von Guise ausschalten, sowie die Invasion ins Rollen gebracht worden ist. Courcelles soll sich um Léons Beerdigung kümmern, während ich fort bin. Die Sheriffs stellen auf Betreiben der Ratsherren in dem Viertel, wo er gefunden wurde, Nachforschungen an, allerdings habe ich wenig Hoffnung, dass der Täter gefasst wird.«
    »Man darf die Hoffnung nie aufgeben, Mylord.« Ich berühre ihn leicht am Arm, als er mir die Tür öffnet. In diesem Fall hingegen bin ich mir nicht sicher, ob ich selbst an meine Worte glaube.
    Gebadet und in ein frisches Hemd und neue Beinlinge gekleidet liege ich in meiner Kammer auf dem Bett und starre die Decke an, während pochende

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