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Frevel: Roman (German Edition)

Frevel: Roman (German Edition)

Titel: Frevel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Parris
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ehe mein Blick erneut zu ihrem Toilettentisch wandert, und da sehe ich es. Zwischen den Tiegeln und Tüchern und Glasperlenschnüren entdecke ich eine kleine grüne Samtschatulle von der Größe, die zur Aufbewahrung eines Siegelrings dienen könnte. Maria Stuarts Ring wurde in einer grünen Samtschatulle versteckt, erinnere ich mich. Ich trete zu dem Tisch und gebe vor, mich im Spiegel zu betrachten.
    »Für mein Äußeres müsste ich mich auch entschuldigen.« Ich beuge mich vor, wie um mein lädiertes Gesicht zu begutachten.
    »Ihr wirkt so charmant wie immer, Bruno«, erwidert sie noch immer lächelnd, gleichwohl schwingt in ihrer Stimme Unsicherheit mit – sie möchte, dass ich zur Sache komme. Unsere Blicke kreuzen sich im Spiegel, als ich nach einer Halskette greife und die Steine zwischen meinen Fingern hindurchgleiten lasse.
    »Ihr besitzt ein paar schöne Stücke«, murmele ich, bemüht, wie ein Kenner zu klingen. »Und dies hier ist auch sehr hübsch.« Ich hebe die kleine grüne Schatulle hoch und drehe sie in den Händen.
    »Ja, mein Mann ist mit Geschenken sehr großzügig.«
    »Darf ich einmal sehen?« Ich öffne die Schatulle, aber sie ist leer. »Stammt sie aus Paris? Ich habe dort schon etwas Ähnliches …«
    »Ich weiß nicht mehr, wo sie herkommt.« Diesmal kann sie ihre Ungeduld nicht verbergen. »Bruno – ist noch etwas? Ich schreibe gerade ein paar Briefe, während Katherine bei ihrer Gouvernante ist, und muss bald damit fertig werden, also wenn …« Sie lässt den Rest in der Luft hängen.
    Ich stelle das Kästchen an seinen Platz zurück, drehe mich um und sehe sie an.
    »Es tut mir leid. Meine Gefühle für Euch bringen mich durcheinander, Marie. Ich habe versucht, gegen etwas anzukämpfen, gegen das ich nicht ankomme.«
    Das scheint sie aus der Fassung zu bringen. Wieder beschleicht mich das Gefühl, das Falsche gesagt zu haben. Einen Augenblick fürchte ich, dass sie mir gleich mitteilt, dies sei nicht der richtige Zeitpunkt und ich hätte meine Chance verpasst. Aber sie betrachtet mich nur mit einer Spur von Neugier, tritt mit einem letzten Blick zur Tür auf mich zu und legt mir eine Hand auf die Brust. Ich muss sie dazu bringen, über Dumas zu sprechen, solange ich mir ihrer ungeteilten Aufmerksamkeit sicher sein kann.
    »Außerdem liegt mir der Tod meines Freundes auf der Seele.« Ich senke den Kopf, sie schließt eine Hand um meinen Nacken und streichelt mein Haar. Eine schlichte, tröstliche Geste; ich bilde mir nicht ein, dass sie es ernst meint, und trotzdem erinnert mich diese Berührung daran, wie lange es her ist, seit ich zum letzten Mal jemandem gestattet habe, mir Zuneigung zu zeigen.
    »Armer Bruno«, säuselt sie. »Allein, Ihr hättet nichts tun können.«
    »Er wirkte gestern Morgen so verängstigt«, beharre ich, dabei wölbe ich den Hals wie eine Katze, während sie mich liebkost. »Ich hätte seine Furcht ernst nehmen sollen.«
    »Ihr konntet doch nichts Genaues wissen«, flüstert sie beschwichtigend. »Hat er sich denn vor etwas Bestimmtem gefürchtet? Hat er Euch gesagt, was ihn bedrückt?« Ihre Finger gleiten unter den Kragen meines Hemdes, jedoch bin ich jetzt auf der Hut – sie will Informationen von mir, so wie ich welche von ihr will, ohne selbst etwas preisgeben zu müssen.
    »Er hatte keine Gelegenheit mehr dazu.«
    Sie legt den Kopf mit einem Ruck zurück und misst mich mit einem fragenden Blick.
    »Der arme Mann«, bemerkt sie obenhin, dabei nimmt sie das Streicheln wieder auf. »Ich hatte ihn stets kaum beachtet, außer dass ich mir letztens Sorgen gemacht habe, was er wohl bezüglich meines Besuches in Eurer Kammer zu meinem Mann sagen würde. Ich nehme an, das Problem hat sich jetzt erledigt.« Sie lächelt, als warte sie darauf, dass ich über ihren Scherz lache. Eigentlich sollte mich ihre Gefühllosigkeit nicht überraschen, trotzdem schockiert mich jede solche Bemerkung wieder von neuem. Dennoch gebe ich ihr Lächeln zurück. »Außerdem«, schnurrt sie, als sie meinen Arm nimmt und ihn absichtlich um ihre schmale Taille legt, »hat mein Mann heute Nachmittag in der spanischen Botschaft zu tun. Vielleicht würde es Euch guttun, Eure Sorgen für eine Weile zu vergessen, Bruno.«
    Und dann presst sich ihr Mund auf den meinen – und ich lasse sie gewähren. Mein Gewissen und mein Willen scheinen auf Stecknadelkopfgröße geschrumpft zu sein, und so stehe ich fast regungslos da, erschöpft und resigniert, während mein Körper wie vorhergesehen

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