Frevel: Roman (German Edition)
zotigen Versionen von Kriegsballaden grölen; bunt gekleidete, nur unzureichend vor dem Wettter geschützte Frauen und weitaus finsterere Gestalten, die mit bis zum Gesicht hochgezogenen Umhängen in Hauseingängen herumlungern und ihre Umgebung lauernd beobachten. Wo gehurt und gespielt wird, ist auch die Nachfrage nach Fleisch, Ale und Wein groß, und diese Straße wimmelt von Schänken, aus denen jedes Mal, wenn die Türen geöffnet werden, der würzige Duft von geröstetem Fleisch und warmem Bier herausweht. Wenn ich nicht um mein Leben fürchten müsste, würde ich die Atmosphäre von Southwark genießen; es liegt eine eigenartige Spannung in der Luft, als wären wir, die wir hier durch die Nacht huschen, stillschweigende Komplizen auf der Jagd nach illegitimen Vergnügungen.
Wir haben die Hälfte der Straße hinter uns gelassen, als sich Fowler unter einem Bogen zwischen zwei Gebäuden hinwegduckt und in eine Gasse einbiegt, die in einen kleinen, zu drei Seiten von Häusern umgebenen Hof führt. Am Eingang des linken Gebäudes lehnt eine junge Frau mit halb aufgeschnürtem Mieder am Türrahmen, wickelt sich eine Haarsträhne um den Finger und betrachtet uns aus weinumflorten Augen mit mildem Interesse. Als wir an ihr vorübergehen, besieht sie uns beide von oben nach unten, doch Fowler achtet nicht auf sie und stößt die Tür auf. Dahinter liegt der Schankraum einer Taverne mit niedriger Decke und rußschwarzen Balken, schlecht beleuchtet und von Tabakrauch und den Ausdünstungen ungewaschener Körper erfüllt.
»Woher wisst Ihr, dass er hier ist?«, flüstere ich Fowler zu, als er sich zwischen den Tischen hindurchdrängt, an denen Männer sich unterhalten oder stumpfsinnig vor ihrem Bier hocken.
»Weil hierhin die staatsverdrossenen Schotten kommen, um zu trinken«, zischt er zurück. »So hält er sich über die Geschehnisse in seinem Heimatland auf dem Laufenden.«
Aus seinem Ton schließe ich, dass es nicht nur Douglas ist, der in diesem schmuddeligen Raum Informationen sammelt. Am anderen Ende des Schankraums hebt Fowler den Riegel einer weiteren Tür, hält sie mir auf und lässt mich in ein Hinterzimmer treten.
Dort sitzen Douglas und ein anderer Mann bei einem Kartenspiel an einem kleinen Tisch. Neben dem Stapel abgelegter Karten und einem Bierkrug liegen einige Münzen. Daneben flackert eine Öllampe in dem Luftzug, der von dem offenen Fenster in der hinteren Mauer herrührt. Beide Männer haben ein Mädchen auf den Knien sitzen; plumpe, kichernde, austauschbare Geschöpfe mit dick geschminkten Gesichtern und bloßen Schultern. Douglas blickt angesichts der Unterbrechung auf, nimmt mich und Fowler kurz zur Kenntnis und nickt zum Tisch.
»Bin gleich bei euch, Freunde«, murmelt er, dabei hält er seine Karten in die Höhe, um sie seiner Gespielin zu zeigen. Sie deutet auf eine, und Douglas lacht.
»Sei froh, dass ich diesen Burschen hier setze und nicht dich, Süße.«
Er legt einen Herzbuben auf den Tisch. Ich beobachte seine langen, breiten Hände mit einer makaberen Faszination, die exquisite Art, wie er die Karte zwischen Daumen und Zeigefinger hält. Diese Hände haben sich um die schlanken weißen Hälse von Cecily Ashe und Abigail Morley geschlossen und das Leben aus ihnen herausgepresst. Dieselben Hände haben Zeichen in ihre Haut und das Botensymbol in Dumas’ Brust geschitten – bei Letzterem nur, um sich einen Scherz zu erlauben. Bei der Vorstellung droht mir mein Mageninhalt in die Kehle zu steigen; ich muss an mich halten, um mich nicht auf den Mann zu stürzen.
Sein Gegner flucht mit starkem schottischem Akzent, und Douglas streicht die Münzen ein.
»Tut mir leid, Monty«, lacht er. »Ich gebe dir später Gelegenheit zur Revanche. Und jetzt verpiss dich – ihren Gesichtern nach zu urteilen haben diese Gentlemen etwas Geschäftliches mit mir zu besprechen.«
Der andere Mann grunzt unwillig, schiebt jedoch das Mädchen von seinen Knien und drängt sich an uns vorbei.
»Du auch«, sagt Douglas zu dem Mädchen auf seinem eigenen Schoß. Es schmollt erst, trollt sich dann aber, nachdem er ihm eine Münze zugesteckt und einen Klaps auf die Kehrseite gegeben hat. Er klopft seine Pfeife am Tischrand aus, stopft sie mit frischem Tabak und zündet sie mit Hilfe einer Zunderbüchse an. Als er endlich wie ein verstopfter Schornstein Rauchwolken ausstößt, dreht er sich zu uns um.
»Wollt ihr etwas trinken, Gentlemen?« Er deutet auf den Krug. »Ich lasse einen neuen bringen, wenn
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