Frevel: Roman (German Edition)
der hier leer ist.«
Ich schiele zu Fowler, der aufmunternd nickt. Verwirrt begreife ich, dass ich mit unserer List so verfahren soll wie besprochen. Seine Abneigung gegen Douglas scheint so weit zu gehen, dass er ihn noch nicht einmal direkt ansprechen will.
»Wir können leider nicht bleiben«, beginne ich. »Wir sind auf dem Weg nach Whitehall, unser Boot wartet – wir wollten lediglich fragen, ob Ihr uns begleitet.«
»Whitehall?« Douglas bläst den Rauch nachdenklich aus. »Und was habt Ihr in Whitehall zu tun, das mich von dieser erlesenen Gesellschaft hier fortlocken könnte?«
»Henry Howard trifft sich dort mit Mendoza und hat uns dazugebeten, damit wir besprechen können, was nach der Invasion geschehen soll«, erwidere ich. Meine Stimme klingt zu laut für den Raum. Douglas mustert mich mit schmalen Augen und inhaliert Rauch, als würde er sich davon ernähren.
»Mendoza? Tatsächlich? In Whitehall?« Ein seltsamer Unterton klingt in seiner Stimme mit, als er angelegentlich seinen Pfeifenkopf inspiziert. »Das kommt mir nicht sehr wahrscheinlich vor, Bruno. Seid Ihr sicher, dass die Schläge auf den Kopf bei Euch keine Schäden hinterlassen haben?«
Ich senke ein paar Sekunden lang den Blick und verwünsche mich dafür, auf Fowler gehört zu haben. Ich hätte darauf bestehen sollen, dass sein Vorschlag nur Douglas’ Verdacht wecken würde. Über meine Schulter hinweg sehe ich Fowler Hilfe suchend an, aber seine Augen ruhen unverwandt auf Douglas.
»So lautet die Botschaft, die ich erhalten habe«, fahre ich mit dem Mut der Verzweiflung fort.
»Wann habt Ihr denn diese Botschaft erhalten – während Ihr in Arundel House wart? Habt Ihr dort übrigens etwas Interessantes entdeckt?«
Seine Stimme klingt immer noch unbekümmert, freilich entgeht mir die stählerne Note darin nicht.
»Bitte?«
»Nun, ich habe natürlich gemerkt, dass Ihr den ganzen Wein dem Hund gegeben hattet. Meint Ihr, ich kann einen echten Betrunkenen nicht von einem Schwindler unterscheiden? Daher habe ich mir gedacht, dass Ihr einen guten Grund gehabt haben müsst, Euch über Nacht dort einzuquartieren. Wonach habt Ihr gesucht? Nach Beweisen für Howards Verrat?«
»Warum hätte ich nach solchen Beweisen suchen sollen?«
»Aus demselben Grund wie wir alle. Um ihn in den Tower zu bringen.«
Ich starre ihn an, unfähig, die Bedeutung seiner Worte zu erfassen. Ist das ein Eingeständnis, dass er sich dem Kampf des Herzogs von Guise verschrieben hat? Welchen Grund könnte er haben, Henry Howard wegen Verrats im Gefängnis sehen zu wollen?
»Ich …«, beginne ich stockend, weiß aber nicht, was ich als Nächstes sagen soll.
»Bruno hat heute Nachmittag dem Heroldsamt einen Besuch abgestattet«, wirft hinter mir Fowler sanft ein. Ich fahre verdutzt zu ihm herum. Was für ein Spiel spielt er jetzt?
»Oh, aye?« Douglas wirkt belustigt. »Wappenkunde – ein merkwürdiges Hobby für einen Mann wie Euch, Bruno. Seid Ihr dort auf etwas Bemerkenswertes gestoßen?«
Ich bin seinen Ton und das Gefühl, dass er mit uns Katz und Maus spielt, gründlich leid.
»Allerdings. Ich habe die Blutslinie des Earls of Ormond überprüft.«
»Tatsächlich? Und warum?«
Ich funkele Fowler an. Das hatte ich nicht beabsichtigt; in einer schmierigen Schänke wollte ich Douglas keinesfalls zur Rede stellen. Wir mögen ja zu zweit sein, können hingegen nicht wissen, wie viele der Männer auf der anderen Seite seine Freunde und Spießgesellen sind. Meine Schultern spannen sich an. Jetzt wird mir klar, dass wir böse von unserem Kurs abgekommen sind.
»Es ist einer Eurer Familientitel, nicht wahr?«
Im Raum herrscht mit einem Mal Totenstille.
»Meiner?« Douglas lächelt noch immer, doch sein Lächeln gleicht jetzt eher einem Zähnefletschen. Er legt seine Pfeife zur Seite. »O ja, wahrscheinlich schon. In Schottland gibt es so viele Zweige der Familie Douglas wie Sterne am Himmel – wir haben mehr Titel errungen und verloren, als Ihr in Eurem jämmerlichen Leben Messen gelesen habt. Warum interessiert Euch das?«
»Weil ich glaube, dass die jungen Frauen am Hof von einem Mann getötet wurden, der sich als Earl of Ormond ausgab«, versetze ich, meinen Dolch ziehend. Hinter mir höre ich das stählerne Geräusch, mit dem Fowlers Schwert aus der Scheide gleitet.
Douglas schiebt abrupt seinen Stuhl zurück und springt auf. Die Schnelligkeit seiner Reaktion verrät mir, dass er trotz seines scheinbaren Hanges zur Völlerei kräftig gebaut ist
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