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Frevel: Roman (German Edition)

Frevel: Roman (German Edition)

Titel: Frevel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Parris
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zische ich. Sie schüttelt verneinend den Kopf. »Gut. Erzählt niemandem von dem heimlichen Verehrer – weder Ihr noch eines der anderen Mädchen, die von ihm wussten. Und behaltet unser Gespräch für Euch. Wenn Euch noch etwas einfällt, schmuggelt eine Nachricht in die Französische Botschaft. Ich wohne zurzeit dort.«
    Ihre Augen weiten sich im Dämmerlicht. »Glaubt Ihr, ich bin in Gefahr?«
    »Bis man weiß, wer Eure Freundin getötet hat und warum, steht nicht fest, wer in Gefahr schwebt. Es empfiehlt sich auf jeden Fall, Vorsicht walten zu lassen.«
    Die Schritte – dem Geräusch nach zu urteilen stammen sie von zwei Personen – kommen näher; als sie vor der Tür Halt machen, bedeute ich dem Mädchen, sich in eine dunkle Ecke zurückzuziehen. Dann öffne ich just in dem Augenblick die Tür, in dem die Wachposten nach dem Knauf greifen, und gebe vor, bei ihrem Anblick vor Schreck zusammenzuzucken.
    » Scusi – ich habe die Kammer von Lord Burghley gesucht und mich dabei in dem Gewirr von Gängen verlaufen«, erkläre ich mit einem entschuldigenden Lachen. Sie wechseln einen Blick, führen mich dann aber davon, ohne den Raum zu betreten.
    »Lord Burghley, wie? Du wirst erst einmal dem Hauptmann der Palastgarde Rede und Antwort stehen, du spanischer Hund«, schnarrt einer der beiden. »Wie bist du hier hereingekommen?«
    »Lord Burghley hat mich eingelassen«, beharre ich seufzend. Nach sechs Monaten in England habe ich gelernt, mit derartigen Reaktionen zu rechnen. Die Engländer halten alle Ausländer – vor allem solche mit dunklen Augen und Bärten – für spanische Papisten, die sie in ihren Betten ermorden wollen. Ich werde den Weg zu Burghley schon noch finden; was zählt, ist, dass niemand erfährt, dass Abigail mit mir gesprochen hat. Lady Cecilys mysteriöser Verehrer weiß vielleicht nicht, dass sie seine Identität geheim gehalten hat, und beabsichtigt möglicherweise, auch ihre Freundinnen zum Schweigen zu bringen. Vorausgesetzt – und ich habe gelernt, nichts ohne Beweis vorauszusetzen –, dass er etwas mit diesem bizarren Mord zu tun hat.

3
    Salisbury Court, London
    26. September im Jahr des Herrn 1583
    »Hat ihr die Titten abgeschnitten, wie ich hörte.« Archibald Douglas lehnt sich in seinem Stuhl zurück und stochert sichtlich zufrieden darüber, die endgültige Version zum Besten gegeben zu haben, mit einem Hühnerknochen in seinen Zähnen herum. Dann fällt ihm ein anderes Detail ein, er beugt sich hastig wieder vor und hebt einen Finger. »Hat ihr beide Titten abgeschnitten und ihr einen spanischen Rosenkranz unten reingerammt. Elender Dreckskerl.« Er sackt wieder zurück und leert sein Glas.
    »Monsieur Douglas, s’il vous pla î t .« Courcelles, der Privatsekretär des Botschafters, hebt geziert die nahezu unsichtbaren Brauen, was wie alle seine Gesten einstudiert und oft geprobt wirkt. Er streicht mit der Hand über sein sorgfältig frisiertes Haar und schnalzt leise mit der Zunge, als gelte seine Missbilligung hauptsächlich der vulgären Ausdrucksweise des Schotten. » Mir erzählte ein Freund am Hof, sie wäre mit einem Rosenkranz erdrosselt worden. Auf den Stufen der königlichen Kapelle, ob man es glaubt oder nicht.« Er presst eine Hand auf sein Brustbein und holt tief Atem. Ich finde, er sollte sich einer Schauspielertruppe anschließen, er erweckt mit jeder Bewegung den Eindruck, als stünde er auf der Bühne.
    William Fowler am anderen Ende des Tisches wechselt einen flüchtigen Blick mit mir, bevor er den Kopf wieder senkt.
    »Derartige Berichte werden von Mal zu Mal blutrünstiger«, bemerkt er obenhin, dabei sieht er den Botschafter an. Auch er spricht mit schottischem Akzent, aber ich verstehe ihn weit besser als Douglas. Fowler ist ein adretter, zurückhaltender Mann Mitte zwanzig, glatt rasiert, mit braunem Haar, das ihm fast bis in die Augen hängt. Er spricht mit gedämpfter Stimme, als würde er ständig Geheimnisse preisgeben, sodass man sich vorbeugen muss, um ihn verstehen zu können. »Ich war in den letzten Tagen oft in geschäftlichen Angelegenheiten im Palast, und ich fürchte, die Wahrheit ist weitaus profaner.« Aber er geht nicht weiter darauf ein. Mir ist aufgefallen, dass Fowler, mein neuer Kontaktmann, den ich heute Abend erst kennen gelernt und mit dem ich noch kein Wort unter vier Augen gewechselt habe, die Gabe hat anzudeuten, dass er weit mehr weiß, als er in Gegenwart anderer zugeben will. Vielleicht ist es diese Eigenschaft, die dem

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