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Frevel: Roman (German Edition)

Frevel: Roman (German Edition)

Titel: Frevel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Parris
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immerhin eine Investition verloren.«
    Fowler verzieht grimmig das Gesicht und lehnt sich zurück, während das Schankmädchen unsere Humpen mit Bier aus einem irdenen Krug füllt. Es versucht, mit uns zu schäkern, stellt aber bald fest, dass mein Gefährte und ich zu nüchtern und zu abgelenkt für derartige Vergnügungen sind. Als es sich beleidigt zurückzieht, hebt er seinen Becher.
    »Auf Eure Gesundheit, Doktor Bruno! Ich freue mich, dass wir endlich Gelegenheit haben, ungestört miteinander zu reden. Ich habe von unserem gemeinsamen Freund wahre Wunderdinge über Euch gehört.« Er hebt die Brauen, um auf die Geheimhaltungspflicht anzuspielen, die uns beide verbindet.
    »Mir geht es genauso, Master Fowler.« Wir stoßen kurz an, dann nickt er, blickt viel sagend auf den Tisch und schiebt eine Hand darunter. Ich brauche einen Moment, um zu begreifen, was er meint, dann ziehe ich die Kopien von Castelnaus Briefen, die im Haus von Thomas Phelippes angefertigt worden sind, aus meinem Wams und schiebe sie über meinen Schoß in Fowlers wartende Hand. Er verstaut sie mit geschickten Fingern in seinen Kleidern und legt dann beide Hände um seinen Bierhumpen. Ich spähe flüchtig über meine Schulter, aber niemand scheint den Austausch bemerkt zu haben.
    »Danke. Ich bringe sie noch heute Nachmittag nach Whitehall«, murmelt er nahezu unhörbar.
    »Darf ich Euch etwas fragen?«
    »Nur zu.« Er hebt auffordernd die Hände.
    »Was genau tut Ihr am Hof?«
    Zum ersten Mal lacht er, und seine Züge entspannen sich. Als er den Kopf senkt, fallen ihm wieder Haarsträhnen in die Stirn. Er streicht sie zurück und sieht mich mit wachen blauen Augen an.
    »Ich mache mich nützlich. Ihr wisst ja, wie es am englischen Hof zugeht – so wie an allen anderen Höfen auch, nehme ich an. Edelmänner schicken ihre Söhne dorthin, um sich in der Hoffnung, es zu etwas zu bringen, der Königin zu empfehlen. Das Problem besteht darin, dass es nur eine Königin gibt, aber Dutzende ehrgeizige Höflinge, die alle um ihre Gunst buhlen.« Er hält inne, um einen Schluck Bier zu trinken. »Also endet es damit, dass ein Haufen junger Männer den ganzen lieben langen Tag lang nichts anderes zu tun hat, als in den Galerien und Hallen herumzulungern und darauf zu lauern, dass die Königin vielleicht irgendwann einmal vorbeikommt und Notiz von ihnen nimmt. In der Zwischenzeit haben sie reichlich Gelegenheit, das Geld ihrer Väter zu verspielen oder in eine übereilte Ehe zu schlittern, weil sie ein Mädchen geschwängert haben, oder sich in gefährliche Duelle verstricken zu lassen. Und wenn sie in Schwierigkeiten geraten, haben sie oft zu viel Angst oder schämen sich zu sehr, um ihre Väter um Hilfe zu bitten.«
    »Und da kommt Ihr ins Spiel?«
    »Da komme ich ins Spiel. Einige dieser jungen Burschen sind völlig unerfahren, weltfremd und oft einsam – sie wollen Ratschläge und jemanden, der ihnen zuhört. Und ich habe gute Verbindungen in der Stadt, ich kenne Anwälte, die ungewollte Heiratskontrakte für null und nichtig erklären und Lösungen finden können, wenn jemand tief in Schulden geraten ist … solche Dinge eben. Leute, die einem ein diskretes Darlehen verschaffen können. So erfahre ich fast alles über die Höflinge, über ihre Affären, ihre Klagen, ihre Beziehungen, manchmal sogar etwas über ihren seelischen Zustand. Lauter Informationsfetzen, die für unseren gemeinsamen Freund von Interesse sind.«
    »Ich sehe, wie nützlich das sein kann. Und diese jungen Männer vertrauen Euch?«
    »Sie sind mir dankbar. Ich bin dafür bekannt, schweigen zu können wie ein Grab. Allerdings vermute ich, die Hälfte von ihnen erinnert sich noch nicht einmal an meinen Vornamen. Was mir sehr zupasskommt.«
    Ich mustere ihn interessiert. Sein schmales Gesicht ist bartlos, sein Haar mittelbraun, seine Haut blass. Nur seine Augen fallen auf, in ihnen brennt ein intensives Licht, und sie blicken scharf und wachsam. Er scheint über die Gabe zu verfügen, mühelos mit seinem Hintergrund verschmelzen zu können – der ideale unauffällige Beobachter. Ich beginne zu verstehen, welchen Wert er für Walsingham hat.
    »Aber trotz all des Vertrauens, das Euch entgegengebracht wird, habt Ihr nichts gehört, was Euren Verdacht auf diesen Sir Edward gelenkt hat, bevor er verhaftet wurde?«, frage ich mit gedämpfter Stimme.
    »Er führte ein zurückgezogenes Leben. Wirkte immmer still und sanftmütig.« Fowler blinzelt einen Augenblick irritiert, dann leert

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