Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Frevel: Roman (German Edition)

Frevel: Roman (German Edition)

Titel: Frevel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Parris
Vom Netzwerk:
das, was ich auf diese Weise erfuhr, für andere von beträchtlichem Wert war, also wartete ich, bis ich ausreichend nützliche Informationen zusammenhatte, und wurde dann beim englischen Botschafter vorstellig. Er hat mich mit unserem gemeinsamen Freund bekannt gemacht. Danach kehrte ich nach Schottland zurück und machte mich daran, Freundschaften mit einigen der wenigen einflussreichen katholischen schottischen Lords zu schließen, die Maria Stuart unterstützen. Es ist für unseren Freund von essentieller Bedeutung, deren Absichten zu kennen, und wie es aussieht, ist es mir gelungen, dass mich die Katholiken dort für einen treuen Verfechter ihrer Sache halten.«
    »Ihr kommt mir ausgesprochen unternehmungslustig vor.«
    Er neigt den Kopf so, als wollte er vielleicht sagen.
    »Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich das Gefühl, meinen Weg selbst gewählt zu haben, statt dem zu folgen, den mein Vater mir vorgegeben hat. Das war eine aufregende Erfahrung für mich.« Mit einem Achselzucken deutet er an, dass ich davon halten kann, was ich will.
    »Und was ist mit Eurer Religion?«
    »Religion?« Er wirkt überrascht. »Das war nie mein Hauptmotiv, so seltsam es auch klingen mag. Ich bin zwar protestantisch erzogen worden, habe aber oft gespürt, dass ich mit den moderaten Katholiken mehr gemein habe als mit den extremen Anhängern meines eigenen Glaubens. Meiner Ansicht nach ist jede Art von religiösem Fanatismus gefährlich. Elisabeth Tudor schätzt das richtig ein, denke ich.«
    Ich nicke zustimmend.
    »Und Ihr?«, drängt er. »Ich weiß, dass Ihr Euch in Salisbury Court als Katholik bezeichnet.«
    »Es ist eine Frage der Freiheit«, erwidere ich nach einer Weile und blicke nachdenklich in meinen Humpen. »Unter der Herrschaft der Inquisition gibt es keine Gedankenfreiheit, keine Freiheit zu sagen: Was wäre, wenn?, und hernach seine Vorstellungskraft zu bemühen oder Spekulationen anzustellen – wie sollte denn in solch einem Klima Wissen erweitert werden können? Nehmt das Buch, das ich gerade schreibe, als Beispiel – in meiner Heimat würde ich allein dafür verbrannt werden, dass ich meine Ideen zu Papier bringe. Daher habe ich sofort zugestimmt, als Wal … äh, als unser Freund an mich herantrat; ich fand, die intellektuelle Freiheit, die in Elisabeths England herrscht, sei es unbedingt wert, verteidigt zu werden.«
    »Ihr habt mir indessen immer noch nicht verraten, welcher Religion Ihr anhängt«, stellt er mit einem wissenden Blick fest.
    »Ich bin von den Katholiken in Rom und den Calvinisten in Genf der Ketzerei bezichtigt worden« kontere ich lächelnd. »Und wenn es darum geht, eine Seite zu wählen, verhalte ich mich neutral, denn meine Philosophie geht über beide hinaus. Doch um das zu verstehen, müsst Ihr mein Buch lesen.«
    »Ich kann es kaum erwarten.« Mit einem spitzbübischen Glitzern in den Augen hebt er seinen Humpen.
    Solange wir unser Bier austrinken, verharren wir in kameradschaftlichem Schweigen.
    »Aber fühlt Ihr Euch denn nie …« Ich schüttele den Kopf und lege die Hände auf den Tisch. »… ich weiß nicht – schuldig?«
    Er mustert mich mit seinen klaren, ernsten Augen.
    »Weil ich Vertrauen missbrauche? Weil ich mehr als nur ein Gesicht habe? Natürlich«, gibt er mit einem traurigen Lächeln zu. »Keine Schuldgefühle zu empfinden würde bedeuten, kein Gewissen zu haben, und unser Freund würde niemandem trauen, der kein Gewissen hat, weil er sich dann auch auf dessen Loyalität nicht verlassen könnte. Ich beschwichtige mein Gewissen mit dem Gedanken, dass ich, wenn ich jemanden auf persönlicher Ebene hintergehen muss, es zum Wohle des Landes tue.«
    Ich nicke gedankenverloren. Genau dieses Argument hat auch Walsingham immer vorgebracht; was er verschweigt, ist, dass persönliche Beziehungen oft ein starkes Band darstellen und es gegen die menschliche Natur verstößt, jemanden zu täuschen und zu betrügen, der einem vertraut.
    »Euch macht das sehr zu schaffen, glaube ich«, flüstert Fowler, der mich eindringlich beobachtet. »Ihr mögt den Botschafter, nicht wahr?«
    Mit einem Kopfnicken gestehe ich ihm diese Schwäche ein.
    »Er ist der einzige wirklich integre Mann in Salisbury Court.«
    »Er versucht es zu vielen recht zu machen«, meint Fowler in einem Ton, der besagt, dass sein Urteil in diesem Punkt feststeht. »Und das wird eines Tages seinen Untergang herbeiführen. Hütet Euch lieber davor, zu viele Gefühle einzubringen, Bruno. Wenn er an der Planung

Weitere Kostenlose Bücher