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Frevel: Roman (German Edition)

Frevel: Roman (German Edition)

Titel: Frevel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Parris
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er seinen Humpen und hebt eine Hand, um ihn erneut füllen zu lassen.
    »Vermutet man ein religiöses Motiv hinter dem Mord?«
    »Ich weiß auch nicht mehr als das, was ich Euch erzählt habe. Er hat anscheinend einen Vetter, der mit einer Geldstrafe belegt wurde, weil er sich weigerte, in die Kirche zu gehen, aber so einen gibt es in fast allen Familien. Edward Bellamy gehörte nicht zu denen, die verdächtigt wurden, mit den Papisten zu sympathisieren, wenn Ihr das meint. Indes wage ich zu behaupten, dass sie im Tower auf die eine oder andere Weise schon ein Geständnis aus ihm herausbringen werden. Sie werden die Angelegenheit schnell aus der Welt schaffen wollen, damit die Königin nachts wieder ruhig schlafen kann.«
    Bei diesen Worten krümmen sich seine Finger langsam zu einer Faust und strecken sich wieder. Ich zucke zusammen. Es ist besser, nicht darüber nachzudenken, was sie im Tower mit einem anstellen. Im Sommer habe ich einen Gefangenen gesehen, nachdem die Folterknechte mit ihm fertig waren – der Tod wäre eine Erlösung gewesen. Diese Erinnerung bringt mich auf einen anderen Gedanken.
    »Ist dieser Sir Edward ein gut aussehender Mann?«, frage ich, als das Schankmädchen mit dem Krug zurückkommt. Fowler wirkt überrascht und belustigt zugleich.
    »Darüber habe ich nie nachgedacht. Ich schätze andere Männer für gewöhnlich nicht nach ihrem Äußeren ein.«
    »Ich auch nicht«, ergänze ich hastig. »Ich habe nur gefragt, weil … hat er das Mädchen verführt oder gezwungen?«
    Fowler blickt mich noch immer neugierig an.
    »Jetzt, wo Ihr es erwähnt – nein, ich glaube nicht, dass er auf Frauen anziehend wirkt. Er hat eine kleine Entstellung – wir bezeichnen es als Hasenscharte –, und er macht einen etwas kränklichen Eindruck. Nun ja, die Zeit im Tower wird seiner äußeren Erscheinung mit Sicherheit nicht zugutekommen.« Er greift nach seinem Bier, und wir hängen eine Weile schweigend unseren Gedanken nach. Dann beugt er sich vor. »Aber wir müssen uns auf unsere Arbeit konzentrieren. Gibt es außer diesen hier …«, er klopft auf seine Brust, wo er die Briefe in sein Wams geschoben hat, »… noch weitere Neuigkeiten aus der Botschaft?«
    »Seit der letzten Nacht ist nicht viel passiert.«
    Léon Dumas und ich waren nach dem Abendessen mit dem Päckchen, das Throckmorton nach Sheffield Castle bringen soll, zu Thomas Phelippes’ Haus gegangen. Dumas hatte auf dem gesamten Weg gejammert und genörgelt und auch keine Ruhe gegeben, während Phelippes geschickt das Siegel von Castelnaus Briefen an Maria entfernt hatte, damit wir Kopien anfertigen konnten, die Fowler an Walsingham weitergeben würde. Meiner Meinung nach war den wieder versiegelten Briefen nicht anzusehen, dass sie abgefangen worden waren, doch Dumas war fast außer sich vor Angst, als er nach Paul’s Wharf aufbrach, um sie dort abzugeben. Ich musste ihm einen Becher Wein einflößen und warten, bis er sich beruhigt hatte, ehe ich ihn gehen lassen durfte.
    »Wenn Ihr in dieser Verfassung bei ihm auftaucht, könntet Ihr Euch genauso gut ein Schild um den Hals hängen, auf dem steht: Ich habe den Kronrat über alles informiert«, mahnte ich ihn. Dumas rang nur die Hände. »Was, wenn sie bemerkt, dass sie geöffnet worden sind?«, blökte er. »Königin Maria, meine ich. Castelnau wird mich umbringen.«
    »Bis sie zu Maria gelangen, sind sie durch so viele Hände gegangen, dass nichts mehr auf Euch hindeutet«, seufzte ich. »Außerdem kann Castelnau keiner Fliege etwas zuleide tun. Bei einigen seiner Freunde bin ich mir da allerdings nicht so sicher.«
    Jetzt sind die Briefe rechtzeitig vor seinem morgigen Aufbruch bei Throckmorton angekommen, und Dumas ist auf dem Rückweg zur Botschaft. Bislang funktioniert das System reibungslos. Ich lege die Hände um meinen Humpen und senke die Stimme.
    »Der Botschafter hat Maria einen langen Brief geschickt – vier Seiten, alle verschlüsselt. Aber seinem Sekretär ist es gelungen, eine Kopie des neuen Codes an sich zu bringen, also stellt das kein Problem dar. Sie ist in dem Päckchen, das ich Euch gegeben habe. Und Lord Henry Howard schickt ihr eine Ausgabe seines Buches, in dem er gegen Prophezeiungen wettert und das er mit › votre frère‹ signiert hat.«
    Fowler nickt. »Wie anrührend. Er wäre ihr Schwager geworden, wenn der Plan seines Bruders aufgegangen wäre. War in dem Buch irgendetwas versteckt?«
    »Nein, Phelippes hat es überprüft, als er das Päckchen geöffnet

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