Frevel: Roman (German Edition)
mich gar von ihr einwickeln lassen und dann irgendetwas preisgeben, was nicht für ihre Ohren bestimmt ist. Zumindest eines steht fest: Hinter Madame de Castelnau steckt wesentlich mehr als nur eine fromme katholische Ehefrau. Allein, ihre Enthüllung über Howards Bruder ist interessant.
»Also ist der Posten noch unbesetzt?«, rufe ich, als sie innehält, um einen Heidekrautzweig von einem Busch neben dem Pfad zu pflücken. »Der von Maria Stuarts Ehemann, meine ich.«
»Warum, wollt Ihr Euch darum bewerben?« Ihr klares Lachen hallt durch den Garten. »Ich muss Euch warnen, Bruno – die Männer dieser Dame sind ungewöhnlich anfällig für Unglücksfälle. Der erste starb an einem Abszess, des zweiten hat sie sich entledigt, der dritte hauchte irrsinnig geworden in einem dänischen Gefängnis sein Leben aus. Und der Herzog von Norfolk verlor seinen Kopf schon allein deswegen, weil er der vierte werden wollte .«
In diesem Moment löst sich die Gestalt, die uns vom Haus aus beobachtet, von der Wand und entpuppt sich als Claude de Courcelles. In seinen blonden Haaren fängt sich das Licht, als er die Stufen hinunterkommt.
»Madame – Eure Tochter wartet auf Euch, damit ihr Unterricht beginnen kann.« Er vollführt eine kleine Verneigung, die von seiner Halskrause behindert wird, und bedenkt mich mit einem vernichtenden Blick. Marie wirft den Kopf in den Nacken und schnalzt mit der Zunge.
»Wo ist denn ihre Gouvernante? Sie sollte sich um sie kümmern. Kann ich denn nicht einen Moment Ruhe haben?« Satin raschelt, als sie ihre Röcke rafft, um die Stufen zum Haus emporzusteigen. »Übrigens, Courcelles«, sagt sie beiläufig über ihre Schulter hinweg, »Bruno erwägt, die schottische Königin zu heiraten. Was sagt Ihr dazu?«
»Meinen Glückwunsch.« Das Lächeln des Sekretärs ist kalt wie Eis. »Obwohl Ihr vielleicht feststellen werdet, dass sie einen finanziell unabhängigen Mann bevorzugt.«
»Wie ich hörte, ist sie heutzutage nicht mehr so wählerisch«, ruft Marie von der Schwelle her. »Sie soll monströs dick geworden sein.«
Courcelles und ich verfolgen, wie ihre schlanke Gestalt in den Tiefen von Salisbury Court verschwindet, und wechseln einen Blick, ehe der Franzose mir mit übertriebener Höflichkeit bedeutet vorauszugehen.
»Ihr habt die Neuigkeiten vom Hof gehört, wie ich annehme?«, fragt Fowler mit seinem singenden Akzent, als ich ihm gegenüber an einem Tisch in der »Meerjungfrau« Platz nehme. Die Schänke liegt an der Gabelung der Friday Street und Broad Street in Cheapside, östlich der großen Kirche St. Paul’s und ist bei Kaufleuten, Anwälten und Akademikern sehr beliebt. Die meisten Männer, die sich um die Holztische drängen, sind gut gekleidet, tragen Federn an ihren Kappen und treffen sich hier, um über Geschäfte und Verträge, Schiffsladungen, Gerichtsverfahren und Darlehen zu sprechen. Inmitten des Stimmengewirrs und gelegentlicher Flüche kann man das leise Klirren von Münzen hören. Die Luft ist warm und riecht nach Hefe. Nachdem ich meinen Blick kurz rundherum schweifen ließ, hatte ich den Schotten an einem Tisch im hinteren Teil des Schankraums entdeckt, wo er in dem Sonnenlicht sitzt, das durch die Fensterscheiben fällt. Die hochlehnigen Stühle schützen uns in unserer Ecke wirkungsvoll vor neugierigen Augen oder lauschenden Ohren. Als ich den Kopf schüttele, beugt er sich vor und streicht sich eine Haarsträhne aus der Stirn. »Ich war heute Morgen in Whitehall. Sie haben Sir Edward Bellamy wegen des Mordes an der Hofdame der Königin verhaftet.«
»Tatsächlich? Demnach war er der Liebhaber des Mädchens?«
»Er leugnet es, aber es hat sich herausgestellt, dass es seine Kleider waren, die sie trug, als sie gefunden wurde. Der junge Dummkopf hat vergessen, dass sein Monogramm auf sein Hemd aufgestickt war.«
»Aber er bestreitet den Mord?«
»Natürlich. Er behauptet, es wären alte Kleider, die er dem Mädchen auf seinen Wunsch hin verkauft hatte, abgesehen davon hätten sie jedoch vorher kaum ein Wort miteinander gewechselt. Es stimmt, dass es sich bei dieser Verkleiderei um einen alten Trick handelt, den die Mädchen anwenden, um sich unbemerkt davonstehlen zu können, aber wie es aussieht, nimmt man ihm den Rest seiner Geschichte nicht ab. Er hat gekreischt und um sich getreten, als sie ihn in den Tower geschafft haben, und der Vater des Mädchens ist Feuer speiend von Nottingham hierhergeritten und hat Satisfaktion verlangt. Der arme Mann hat
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