Frevel: Roman (German Edition)
bewogen haben könnte, sich gegen sein eigenes Land zu stellen.«
Das scheint ihn ein wenig in Verlegenheit zu bringen; ich habe einen wunden Punkt berührt.
»In meiner Familie waren alle loyale Protestanten, Doktor Bruno«, verteidigt er sich mit einem Anflug von Trotz. »Mein Onkel Sir Nicholas war als Diplomat in Elisabeths Diensten in Frankreich und Schottland, wo er sich mit Maria Stuart anfreundete. Obwohl er ihren Glauben nie geteilt hatte, unterstützte er ihren Anspruch auf den englischen Thron und sprach sich öffentlich gegen ihre Gefangenschaft aus.«
Ich nicke, als wäre ich beeindruckt.
»Nach Oxford habe ich in Frankreich studiert«, fährt er fort. »Und dort habe ich viele im Exil lebende Engländer kennen gelernt, die sich der Sache von Königin Maria verschrieben haben. Sie haben mich Madame de Castelnau vorgestellt.« Hätte ich nicht genau hingehört, wäre mir entgangen, dass seine Stimme einen Hauch weicher geworden ist. Beinahe hätte ich gelächelt, bemühe mich aber, auch weiterhin ernst und aufmerksam zu wirken. Er wäre nicht der erste Mann, der sich aus blinder Verliebtheit heraus einer anderen Religion zuwendet – oder die erste Frau. Wahrscheinlich hat Marie ihren nicht unbeträchtlichen Charme spielen lassen, um ihn in die Intrigen in der Botschaft zu verstricken.
»Also seid Ihr in Frankreich zum katholischen Glauben übergetreten?« Die Seminare in Reims und Paris sind Walsingham ein Dorn im Auge, brodelnde Kessel katholischen missionarischen Eifers, in dem Komplotte und Intrigen angerührt werden. Und das Feuer unter diesen Kesseln wird von zornigen jungen englischen Studenten geschürt, die Geschmack an der Rebellion gefunden haben. Erst Fowler, jetzt Throckmorton – beide Söhne aus guten Familien, die dem Erfolg verheißenden, aber uninteressanten Weg nicht folgen wollten, der ihnen vorgegeben wurde. Einer wurde zum Spion, der andere zum Verräter, und das alles nur um des Abenteuers wegen, des Dranges, sich selbst zu beweisen. Ich selbst war ungefähr in Throckmortons Alter, als ich der Inquisition die Stirn bot und aus dem Kloster in Neapel floh; ich kann nicht leugnen, dass die Aussicht auf Gefahr und Risiko einem Mann das Blut schneller durch die Adern fließen lässt.
»Gott hat mir in seiner Güte den Weg zu der wahren Kirche gewiesen.« Es klingt, als habe er einen Satz in einer fremden Sprache sorgfältig auswendig gelernt. »Ich kam nach England zurück, um Königin Maria hier zu dienen. Madame de Castelnau hat mich ihrem Mann empfohlen.« Wieder ändert sich sein Ton kaum merklich, als er sie erwähnt, er senkt den Blick und errötet leicht.
»Und Eure Familie hat keinen Verdacht geschöpft?«
»Mein Vater und mein Onkel sind beide tot. Ich wünschte, vor allem mein Onkel hätte diese Zeit noch erleben dürfen.« Ein Anflug von Wehmut schwingt in seiner Stimme mit. »Er wurde verdächtigt, an den Plänen des Herzogs von Norfolk beteiligt gewesen zu sein, der vorhatte, Maria Stuart zu heiraten. 69 war das, wisst Ihr?«
»Er hat mit Henry Howards Bruder gemeinsame Sache gemacht? Tatsächlich?« Ich vergesse für einen Augenblick, mir mein Interesse nicht anmerken zu lassen, aber jetzt, wo sich Throckmorton für das Thema erwärmt hat, ist er nicht mehr so auf der Hut.
»Soweit ich weiß, war er eine Weile der Mittelsmann der beiden. Unsere ganze Familie geriet unter Verdacht, es wurden hingegen nie Beweise gefunden. Ich war damals erst fünfzehn, aber ich sehe alles noch ganz genau vor mir.« Bei der Erinnerung verschließt sich sein Gesicht wieder.
»Danach ist Eure Arbeit eine Art Familientradition.« Ich lächele, um seinen Argwohn zu zerstreuen, doch er nimmt es kaum wahr, sondern schielt ängstlich zur Tür.
»Wenn Mendoza mich nicht ersetzt.«
»Euch ersetzt?«
Throckmortons Miene verfinstert sich.
»Er fürchtet, mein Gesicht könnte in der näheren Umgebung von Sheffield Castle zu bekannt werden. Er sagt, er hat Angst, ich könnte durchsucht und die Korrespondenz entdeckt werden, deshalb will er einen seiner eigenen Kuriere einsetzen. Aber die kennen die Gegend nicht so wie ich, und sie wissen nicht, wie sie Marias Kammerdienerinnen die Botschaften zukommen lassen sollen.« Er verzieht beleidigt das Gesicht; ich merke ihm an, dass er fürchtet, von seiner Position verdrängt zu werden.
»Vielleicht legt er auch Wert darauf, seine Korrespondenz von der der Franzosen zu trennen?«, überlege ich laut. »Vielleicht traut er dem Botschafter nicht
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